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Der Nachdruck des 'Werther' durch den Verlag von Christian Friedrich Himburg. (Goethe-Museum Düsseldorf)
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Lang verdorrte, halbverweste Blätter vorger Jahre, Ausgekämmte, auch geweiht und abgeschnittne Haare, Alte Wämser, ausgetretne Schuh und schwarzes Linnen (Was sie nicht ums leidge Geld beginnen!) Haben sie für bar und gut Neuerdings dem Publikum gegeben. Was man andern nach dem Tode tut, Tut man mir bei meinem Leben. Doch ich schreibe nicht um Porzellan noch Brot, Für die Himburgs bin ich tot. |
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Ein Nachdruck, der frech 'Wahlheim' als Druckort nennt. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Ein Nachdruck aus der Schweiz. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Französische, italienische und englische Übersetzungen
des 'Werther' aus den 1770er Jahren. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Französische und holländische Übersetzungen aus den 1770er Jahren. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Armer Jüngling, deinen Todesstreit; Abgeblutet die Beleidigungen Und gebüßt für deine Zärtlichkeit! 0 warum - O! daß ich dir gefallen! Hätte nie mein Auge dich erblickt, Hätte nimmer von den Mädchen allen Das verlobte Mädchen dich entzückt! Jede Freude, meiner Seelen Frieden Ist dahin, auch ohne Wiederkehr! Ruh und Glücke sind von mir geschieden, Und mein Albert liebt mich nun nicht mehr. Einsam weil' ich auf der Rasenstelle, Wo uns oft der späte Mond belauscht, Jammernd irr ich an der Silberquelle, Die uns lieblich Wonne zugerauscht; Bis zum Lager, wo ich träum und leide, Ängste schrecken meine Phantasie; Blutig wandelst du im Sterbekleide Mit den Waffen, die ich selbst dir lieh. Dann erwach ich bebend - und ersticke Noch den Seufzer, der mir schon entrann, Bis ich weg von Alberts finsterm Blicke Mich zu deinem Grabe stehlen kann. Heilige, mit frommen kalten Herzen, Gehn vorüber und - verdammen dich: Ich allein, ich fühle deine Schmerzen, Teures Opfer, und beweine dich! Werde weinen noch am letzten Tage, Wenn der Richter unsre Tage wiegt, Und nun offen auf der furchtbarn Wage Deine Schuld und deine Liebe liegt: Dann, wo Lotte jenen süßen Trieben Gern begegnet, die sie hier verwarf, Vor den Engeln ihren Werther lieben Und ihr Albert nicht mehr zürnen darf: Dann, o! dräng ich zu des Thrones Stufen Mich an meines Alberts Seite zu, Rufen wird er selbst, versöhnet rufen: Ich vergeb ihm: 0, verschone du! Und der Richter wird Verschonung winken; Ruh empfängst du nach der langen Pein, Und in einer Myrtenlaube trinken Wir die Seligkeit des Himmels ein. |
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Eine Mahnung an die Jugend, sich vor der Werther-Krankheit zu hüten. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Eine christliche Mahnschrift gegen die Werther-Verehrung. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Ein Spottlied, in dem die Werther-Geschichte in 33 Strophen ironisch-witzig nacherzählt wird.
(Städtische Sammlungen Wetzlar) ![]() |
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Ein Drama von 1776. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Ein Schauspiel von 1779, das sich über die Werther-Krankheit lustig macht. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Eine Parodie von 1780, die Werthers aussichtsloses Werben um eine schon
vergebene Frau verspottet. (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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starb einst an der Hypochondrie Und ward denn auch begraben. Da kam ein schöner Geist herbei, Der hatte seinen Stuhlgang frei, Wie's denn so Leute haben. Der setzt' nothdürftig sich auf's Grab Und legte da sein Häuflein ab, Beschaute freundlich seinen Dreck, Ging wohl erathmet wieder weg, Und sprach zu sich bedächtiglich: "Der gute Mensch, er dauert mich, Wie hat er sich verdorben! Hätt er geschissen so wie ich, Er wäre nicht gestorben!"": |
Mich als gefährlich preisen; Der Plumpe, der nicht schwimmen kann, Er will's dem Wasser verweisen! Was schiert mich der Berliner Bann, Geschmäcklerpfaffenwesen! Und wer mich nicht verstehen kann, Der lerne besser lesen. |
Mir ist das liebe Wertherische Blut Immer zu einem Probirhengst gut. Den lass ich mit meinem Weib spazieren, Vor ihren Augen sich abbranliren, Und hinten drein komm ich bey Nacht Und vögle sie, daß alles kracht. |
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Eine Bleistiftzeichnung von Georg Melchior Kraus aus dem Jahre 1776, von
der Goethe 50 Jahre später erklärte, so sei er als 'Werther'-Autor
'ungefähr beantlitzt gewesen'. (Goethe-Jahrbuch XII, 1891.)
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Plan des Weimarer Ilm-Parks mit der 'Felsentreppe'. Die Stelle heißt
heute Nadelöhr, weil der Durchstieg im 19. Jahrhundert mit einer
Steinplatte überdeckt worden ist.
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Die Gedenkstelle für Christel von Laßberg. -
Aquarell um 1790 von G. M. Kraus. (Stiftung Weimarer Klassik)
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Deutsche und französische Übersetzungen der "Letters of Charlotte". (Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Eine 'Werther'-Tasse aus Meißner Porzellan aus dem Jahre 1784.
(Städtische Sammlungen Wetzlar)
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Hat mich Europa gelobt, was hat mir Europa gegeben? Nichts! Ich habe, wie schwer! meine Gedichte bezahlt. Deutschland ahmte mich nach, und Frankreich mochte mich lesen, England! freundlich empfingst du den zerrütteten Gast. Doch was fördert es mich, daß auch sogar der Chinese Malet, mit ängstlicher Hand, Werthern und Lotten auf Glas? |
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Titelblatt des ersten Bandes der Goetheschen Schriften - der
Zweitfassung des 'Werther' - bei Göschen im Jahre 1787.
(Werke Goethes. Hrsg. von der Deutschen Akademie der Künste. Bd. 2. Berlin 1954.)
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Fraget nun wen ihr auch wollt! mich werdet ihr nimmer erreichen,
Schöne Damen und ihr, Herren der feineren Welt! Ob denn auch Werther gelebt? ob denn auch alles fein wahr sei? Welche Stadt sich mit Recht Lottens, der Einzigen, rühmt? Ach wie hab' ich so oft die thörichten Blätter verwünschet, Die mein jugendlich Leid unter die Menschen gebracht. Wäre Werther mein Bruder gewesen, ich hätt' ihn erschlagen, Kaum verfolgte mich so rächend sein trauriger Geist. So verfolgte das Liedchen Malbrough den reisenden Briten Erst von Paris nach Livorn, dann von Livorno nach Rom, Weiter nach Napel hinunter; und wär' er nach Smyrna gesegelt, Malbrough! empfing ihn auch dort, Malbrough! Im Hafen das Lied.*) Glücklich bin ich entflohn! sie kennet Werthern und Lotten, Kennet den Namen des Manns, der sie sich eignete, kaum. Sie erkennet in ihm den freien rüstigen Fremden, Der in Bergen und Schnee hölzerne Häuser bewohnt. |
Hervor dich an das Tageslicht, Begegnest mir auf neu beblümten Matten Und meinen Anblick scheust du nicht. Es ist als ob du lebtest in der Frühe, Wo uns der Thau auf Einem Feld erquickt, Und nach des Tages unwillkommner Mühe Der Scheidesonne letzter Strahl entzückt; Zum Bleiben ich, zum Scheiden du erkoren, Gingst du voran - und hast nicht viel verloren. Des Menschen Leben scheint ein herrlich Loos: Der Tag, wie lieblich, so die Nacht, wie gross! Und wir, gepflanzt in Paradieses Wonne, Geniessen kaum der hocherlauchten Sonne, Da kämpft sogleich verworrene Bestrebung Bald mit uns selbst und bald mit der Umgebung; Keins wird vom andern wünschenswerth ergänzt, Von aussen düstert's, wenn es innen glänzt, Ein glänzend Aeussres deckt mein trüber Blick, Da steht es nah - und man verkennt das Glück. Nun glauben wir's zu kennen! Mit Gewalt Ergreift uns Liebreiz weiblicher Gestalt: Der Jüngling, froh wie in der Kindheit Flor, Im Frühling tritt als Frühling selbst hervor, Entzückt, erstaunt, wer diess ihm angethan? Er schaut umher, die Welt gehört ihm an. In's Weite zieht ihn unbefangne Hast, Nichts engt ihn ein, nicht Mauer, nicht Palast; Wie Vögelschaar an Wäldergipfeln streift, So schwebt auch er, der um die Liebste schweift, Er sucht vom Aether, den er gern verlässt, Den treuen Blick und dieser hält ihn fest. Doch erst zu früh und dann zu spät gewarnt, Fühlt er den Flug gehemmt, fühlt sich umgarnt, Das Wiedersehn ist froh, das Scheiden schwer, Das Wieder-Wiedersehn beglückt noch mehr Und Jahre sind im Augenblick ersetzt; Doch tückisch harrt das Lebewohl zuletzt. Du lächelst, Freund, gefühlvoll wie sich ziemt: Ein grässlich Scheiden machte dich berühmt; Wir feierten dein kläglich Missgeschick, Du liessest uns zu Wohl und Weh zurück; Dann zog uns wieder ungewisse Bahn Der Leidenschaften labyrinthisch an; Und wir verschlungen wiederholter Noth, Dem Scheiden endlich - Scheiden ist der Tod! Wie klingt es rührend, wenn der Dichter singt, Den Tod zu meiden, den das Scheiden bringt! Verstrickt in solche Qualen halbverschuldet Geb' ihm ein Gott zu sagen was er duldet. |
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Der Erstdruck der Plenzdorfschen 'Neuen Leiden' in der Literaturzeitschrift "Sinn und Form".
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Edgar (Klaus Hoffmann) und Charlie (Leonie Thelen) in der Filmfasssung von
Plenzdorfs 'Neuen Leiden'. (ARTUS-FILM GmbH)
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