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[Erster Teil]
Sprung zur Textstelle Er besaß in einem Dorfe, das noch von ihm den Namen führt, einen Meierhof ...
Meierhof = eigentlich ein gepachteter Hof, aber da Kohlhaas der Eigentümer ist, hier ein Bauernhof.
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Sprung zur Textstelle Er ritt einst mit einer Koppel junger Pferde, wohlgenährt alle und glänzend, ins Ausland ...
Koppel = eine Anzahl zusammengebundener Pferde.
Ausland = auch die deutschen Länder untereinander waren 'Ausland', im 16. Jahrhundert mit mehr als 300 voneinander getrennten Territorien.
Sprung zur Textstelle "Landesherrliches Privilegium", antwortete dieser, indem er aufschloss, "dem Junker Wenzel von Tronka verliehen."
Landesherrliches Privilegium = Berechtigung zum Einziehen eines Geldbetrages, in diesem Falle durch den Kurfürsten von Sachsen verliehen.
Junker = 'junger Herr', Bezeichnung für einen Adligen mit Landbesitz.
Sprung zur Textstelle "Am Schlagfluss gestorben", erwiderte der Zöllner ...
Schlagfluss = Schlaganfall
Sprung zur Textstelle "Nun! Was bin ich schuldig?", fragte er und holte die Groschen ... hervor.
Groschen = im 16. Jahrhundert kleine Silbermünze von etwa zwei Gramm Gewicht.
Sprung zur Textstelle ... als eine neue Stimme schon: "Halt dort, der Rosskamm!", hinter ihm vom Turm erscholl und er den Burgvogt ein Fenster zuwerfen ... sah.
Rosskamm = in der älteren Form 'Rosscamp' von ungewisser Herkunft, später als Ableitung vom Kamm für die Mähnen der Pferde verstanden.
Sprung zur Textstelle ... der Vogt folgte ihm, indem er von filzigen Geldraffern und nützlichen Aderlässen derselben murmelte ...
filzig = abgeleitet von Filz als der Kleidung der Bauern, dann ein Begriff für bäurischen Geiz.
Sprung zur Textstelle Der eine lobte den Schweißfuchs mit der Blesse ...
Schweißfuchs mit Blesse = rotfarbenes Pferd mit glänzendem Fell und weißem Stirnfleck.
Sprung zur Textstelle "... die Rappen habe ich vor sechs Monaten für 25 Goldgülden gekauft ..."
Goldgülden = der Gulden (abgeleitet von 'Gold') war zu Kleists Zeiten nur noch eine Silbermünze, deshalb hier der Zusatz 'Gold'.
Sprung zur Textstelle ... versprach bei seinem Durchzug durch Dresden den Pass in der Geheimschreiberei zu lösen ...
Geheimschreiberei = gewollt altmodischer Begriff für eine landesfürstliche Kanzlei.
Sprung zur Textstelle ... ungewiss, ob nicht doch wohl wegen aufkeimender Pferdezucht ein solches Gebot im Sächsischen erschienen sein könne ...
Kohlhaas hält eine Art Schutzzoll für möglich, um die in Sachsen vielleicht aufkommende Pferdezucht zu begünstigen.
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Sprung zur Textstelle Doch sein Rechtgefühl, das einer Goldwaage glich, wankte noch ...
Goldwaage = eine extrem genaue Waage, zu Kleists Zeit längst redensartlich für eine übertrieben genaue Wortbeobachtung gebraucht ('Jedes Wort auf die Goldwaage legen') .
Sprung zur Textstelle "Wenn der H... A... die Pferde nicht wiedernehmen will, so mag er es bleiben lassen ..."
H... A... = Huren-Arsch, die zumeist gewählte Auflösung 'Herr Arsch' oder 'Hans Arsch' ist unlogisch, da Herr oder Hans nicht hätten abgekürzt zu werden brauchen.
Sprung zur Textstelle Kohlhaas sagte, dass er eher den Abdecker rufen und die Pferde auf den Schindanger schmeißen lassen ... wolle.
Abdecker = Tierverwerter, der diesem die 'Decke' (das Fell) abzieht, auch abfällig 'Schinder' genannt.
Schindanger = Platz außerhalb der Städte, wo die vom Schinder nicht verwerteten Tierreste vergraben wurden.
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Sprung zur Textstelle "Ich nahm am Abend des zweiten Tages ... die Pferde ... und wollte sie zur Schwemme reiten."
Schwemme = seichter Uferplatz zum Reinigen der Tiere.
Sprung zur Textstelle 'Sielzeug und Decken liegen und ein Bündel Wäsche von mir im Stall' ...
Sielzeug = Pferdegeschirr (abgeleitet von 'Seil'), - die Menge von Herses Habe soll jeden Gedanken an eine Fluchtabsicht ausschließen.
Sprung zur Textstelle Würd ich drei Reichsgülden nicht zu mir gesteckt haben, die ich im rotseidnen Halstuch hinter der Krippe versteckt hatte?
Reichsgülden = nicht näher zu bestimmende Münze nach Art des 'Reichstalers', hier nur als weitere von Herse zurückgelassene Wertsache hinzugefügt.
[Zweiter Teil]
Sprung zur Textstelle ... dass die Klage auf eine höhere Insinuation bei dem Dresdner Gerichtshofe gänzlich niedergeschlagen worden sei.
Insinuation = Einwirkung, Beeinflussung.
Sprung zur Textstelle ... dass der Junker Wenzel von Tronka mit zwei Jungherren, Hinz und Kunz von Tronka, verwandt sei ...
Hinz und Kunz = schon im späten Mittelalter eine Formel für 'jedermann', also bewusst zur Kennzeichnung der Unbedeutendheit der beiden Höflinge gebraucht.
Sprung zur Textstelle ... deren einer bei der Person des Herrn Mundschenk, der andre gar Kämmerer sei.
Mundschenk = ein altes Hofamt, das ursprünglich den Fürsten in der Person eines 'Vorkosters' davor schützen sollte, von irgendwem vergiftet zu werden.
Kämmerer = ursprünglich der Schatzmeister, später allgemein ein dem Fürsten nahestehender Beamter.
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Sprung zur Textstelle Besonders war er bemüht, einen mineralischen Quell ... für den Gebrauch der Bresthaften einzurichten ...
Bresthaften = Kranken, Leidenden (von einem alten Wort breste für 'Mangel').
Sprung zur Textstelle ... dass er nur eine Supplik mit einer kurzen Darstellung des Vorfalls an den Kurfürsten von Brandenburg aufsetzen möchte ...
Supplik = Bittschrift (von lat. supplicare für 'demütig bitten')
Sprung zur Textstelle ... mit einem ein größeres Reskript begleitenden Schreiben des Stadthauptmanns ...
Reskript = Antwortschreiben
Sprung zur Textstelle ... was er für seine Besitzungen ..., Haus und Hof in Bausch und Bogen, es sei nagelfest oder nicht, geben wolle.
in Bausch und Bogen = Rechtsformel für eine großzügige Schätzung, bei der sich ein 'Bausch' (als Krümmung einer Linie nach außen) und ein Bogen (als Krümmung einer Linie nach innen) gegenseitig ausgleichen.
nagelfest oder nicht = die im Haus feste und nicht feste Einrichtung.
Sprung zur Textstelle ... erklärte ihm, dass es ein von ihm aufgesetzter eventueller, in vier Wochen verfallener Kaufkontrakt sei ... sowohl was den Kaufpreis selbst als auch den Reukauf ... betreffe.
Der Amtmann müsste den Kaufvertrag binnen vier Wochen erfüllen oder er würde erlöschen, Kohlhaas hingegen müsste für den Fall eines Rücktritts während dieser Zeit als 'Reukauf' eine bestimmte Summe an den Amtmann zahlen. Das Angebot ist für den Amtmann also unglaublich günstig.
Sprung zur Textstelle ... und darin auch von seiner Seite auf eine sonderbare Art die Freiheit stipuliert fand zurückzutreten ...
auf eine sonderbare Art stipuliert = auf besondere Weise ihm eingeräumt.
Sprung zur Textstelle ... dass des Kaufpreises vierter Teil unfehlbar gleich bar und der Rest in drei Monaten in der Hamburger Bank gezahlt werden sollte ...
Hamburger Bank = Bankgeschäfte waren zwar in dieser Zeit, z.B. über die Fugger in Augsburg, schon möglich, die erste Hamburger Bank jedoch wurde erst 1619 gegründet.
Sprung zur Textstelle Hierauf ... fragte er nach den Polen und Türken, die gerade damals miteinander im Streit lagen, verwickelte den Amtmann in mancherlei politische Konjekturen darüber ...
Neben Österreich, Serbien und Ungarn stellte sich auch Polen schon seit dem 15. Jahrhundert dem Vordringen der Türken nach Mitteleuropa entgegen, 1538 jedoch endeten die Kämpfe.
Konjekturen = Annahmen, Vermutungen.
Sprung zur Textstelle Der Herr selbst, weiß ich, ist gerecht ...
Herr = hier der Landesherr, also der brandenburgische Kurfürst.
Sprung zur Textstelle "... und mit den Kindern zu deiner Muhme nach Schwerin gingst ..."
Muhme = Tante oder Großtante.
Sprung zur Textstelle ... dass der Kastellan des kurfürstlichen Schlosses in früheren Zeiten ... um sie geworben habe.
Kastellan = Burgvogt, Schlossverwalter.
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Sprung zur Textstelle Es schien, sie hatte sich zu dreist an die Person des Landesherrn vorgedrängt ...
dreist = hier noch in der älteren Bedeutung von 'beherzt', 'unerschrocken'.
Sprung zur Textstelle ... ein Geistlicher lutherischer Religion (zu welchem eben damals aufkeimendem Glauben sie sich nach dem Beispiel ihres Mannes bekannt hatte) ...
Nach Luthers Anschlag seiner 'Thesen' an der Schlosskirche von Wittenberg im Jahre 1517 hatte die neue Lehre, die den Papst als oberste Autorität in Glaubensfragen nicht mehr anerkannte, rasch großen Zulauf. Erstmals ausformuliert wurde sie 1530 in der "Confessio Augustana" (Augsburger Bekenntnis) von Philipp Melanchthon (1497-1560). Eine 'lutherische Religion' war das aber noch nicht, sondern es war nur ein neues Verständnis des Glaubens innerhalb der christlichen Kirche.
Sprung zur Textstelle ... ein Grab von acht Ellen Tiefe ...
Elle = als Längenmaß 50 bis 80 Zentimeter, also ein Grab von mindestens vier Metern Tiefe.
Sprung zur Textstelle ... verfasste einen Rechtsschluss, in welchem er den Junker Wenzel von Tronka kraft der ihm angeborenen Macht verdammte, die Rappen ... binnen drei Tagen nach Sicht nach Kohlhaasenbrück zu führen ...
Die von Kohlhaas gewählte Form eines 'Rechtsschlusses kraft der ihm angeborenen Macht' ist historisch nicht erklärbar, sie beruht ganz auf Kleist eigenen Vorstellungen. Die Absicht, den Widersacher persönlich für die Wiedergutmachung in Anspruch zu nehmen, statt nur auf dem Ersatz des erlittenen Schadens zu bestehen, geht auch am spätmittelalterlichen Recht vorbei (Weiteres siehe unter GESTALTUNG).
Benutzte Literatur: Boockmann,  Mittelalterliches Recht bei Kleist. 
	   In: Kleist-Jahrbuch, 1985
Sprung zur Textstelle ... schickte die Kinder, in einen Wagen gepackt, über die Grenze ...
Grenze = nach Schwerin in Mecklenburg, wie im FÜNFTEN TEIL gesagt wird.
[Dritter Teil]
Sprung zur Textstelle ... und verfasste ein sogenanntes 'Kohlhaasisches Mandat', worin er das Land aufforderte, dem Junker Wenzel von Tronka, mit dem er in einem gerechten Krieg liege, keinen Vorschub zu tun ...
Die öffentliche Ankündigung einer Fehdehandlung, wie Kohlhaas sie hier vornimmt, war eine wichtige Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer solchen Maßnahme. Unangekündigt hätte es sich bloß um Raubüberfälle gehandelt. Zur Zeit des historischen Kohlhaas gab es für die Fehde auch wirklich noch einen Ermessensspielraum, der sich allerdings infolge der Durchsetzung des staatlichen Gewaltmonopols rasch verringerte.
Benutzte Literatur: Boockmann,  Mittelalterliches Recht bei Kleist. 
	   In: Kleist-Jahrbuch, 1985
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Sprung zur Textstelle ... nannte er sich "einen reichs- und weltfreien, Gott allein unterworfenen Herrn" ...
In der Fachliteratur wird darüber gestritten, ob Kohlhaas die Autorität des Kaisers damit noch anerkennt oder nicht, doch hat dies für die Bewertung seiner Selbsteinschätzung keine Bedeutung. So oder so hat sie mit seiner tatsächlichen Stellung in der Welt nichts zu tun, sondern kann nur mit Kleists eigenen Vorstellungen von einem - seinem - autonomen und souveränen Ich erklärt werden (Weiteres siehe unter GESTALTUNG).
Sprung zur Textstelle ... Aussicht auf Beute unter dem Gesindel, das der Friede mit Polen außer Brot gesetzt hatte ...
Friede mit Polen = möglicherweise eine Anspielung auf das Ende der Kämpfe gegen die Türken im Jahre 1538.
Sprung zur Textstelle ... zog er am Tage des heiligen Gervasius selbst aus, um den Drachen, der das Land verwüstete, zu fangen.
Tag des heiligen Gervasius = 19. Juni
Sprung zur Textstelle ... und nachdem er den Landvogt durch geschickte Märsche fünf Meilen von der Stadt hinweggelockt ...
Meilen = die Landmeile maß 7½ Kilometer.
Sprung zur Textstelle ... die ihn mit Essenzen und Irritanzen wieder ins Leben zurückzubringen suchten.
Irritanzen = anscheinend ein von Kleist gebildeter Begriff für Riechmittel.
Sprung zur Textstelle ... und da ein Haufen von hundertundachtzig Reisigen, den man gegen ihn ausschickte, zersprengt in die Stadt zurückkam ...
Reisige = berittene Soldaten (abgeleitet von 'Reise').
[Vierter Teil]
Sprung zur Textstelle "Weil der Landesherr dir, dem du untertan bist, dein Recht verweigert hat ... Und muss ich dir sagen, Gottvergessener, dass deine Obrigkeit von deiner Sache nichts weiß - was sag ich, dass der Landesherr, gegen den du dich auflehnst, auch deinen Namen nicht kennt ..."
Diese Äußerungen haben zu der Annahme geführt, dass Luther über die tatsächlichen Vorkommnisse nicht unterrichtet sei, also von der Abweisung von Kohlhaasens Bittschrift durch den brandenburgischen Kurfürsten nichts wisse. Das ist jedoch ein Fehlschluss. Luther spricht von der Obrigkeit, gegen die Kohlhaas sich auflehnt, d.h. vom sächsischen Kurfürsten, und befindet sich so allenfalls im Irrtum darüber, dass Kohlhaas nicht sächsischer, sondern brandenburgischer Untertan ist. Viel näher liegt jedoch, dass Kleist selbst dies hier nicht unterscheidet, denn auch Kohlhaas reagiert auf Luthers Vorhaltungen so, als sei er sächsischer Untertan, erklärt er doch diesem bei seinem Besuch sofort:
Sprung zur Textstelle Ihr habt mir in Eurem Plakat gesagt, dass meine Obrigkeit von meiner Sache nichts weiß; wohlan, verschafft mir freies Geleit, so gehe ich nach Dresden ...
Auch in dem gesamten nachfolgenden Gespräch versteht sich Kohlhaas als sächsischer Untertan, insbesondere mit der Äußerung:
Sprung zur Textstelle "Wohlan", versetzte Kohlhaas, "wenn mich der Landesherr nicht verstößt, so kehre ich auch wieder in die Gemeinschaft, die er beschirmt, zurück. Verschafft mir, ich wiederhol es, freies Geleit nach Dresden ..."
Kleist war an einer rechtsgenauen Unterscheidung der Obrigkeiten hier also nicht interessiert, bzw. Luther wie Kohlhaas kommen darin überein, dass für Kohlhaas beide Kurfürsten 'Obrigkeit' sind. Am Ende des Gespräches sagt dieser ausdrücklich:
Sprung zur Textstelle "Lasst mich den Kurfürsten, meinen beiden Herren, ... und wer mich sonst in dieser Sache gekränkt haben mag, vergeben ..."
Luthers Schreiben an den sächsischen Kurfürsten argumentiert dann allerdings gerade umgekehrt, dass man nämlich Kohlhaas
Sprung zur Textstelle mehr als eine fremde, in das Land gefallene Macht, wozu er sich auch, da er ein Ausländer sei, gewissermaßen qualifiziere, als einen Rebellen, der sich gegen den Thron auflehne, betrachten müsse.
Ob dieses Argument, das sich am Ende in dem Eingreifen des brandenburgischen Kurfürsten zugunsten von Kohlhaas wieder aufgenommen findet, für Luther als klugen Juristen sprechen soll, wird unter GESTALTUNG erörtert.
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Sprung zur Textstelle ... dass bei so ärgerlichen Umständen nichts anderes zu tun übrig sei, als ... ihm des Vorgefallenen wegen zur Erneuerung seines Prozesses Amnestie zu erteilen.
Amnestie = Straferlass, in diesem Falle allerdings nur, wie auch vom sächsischen Kurfürsten ausgesprochen, zum Zweck eines Gerichtsverfahrens und nicht unabhängig von dessen Ausgang.
Sprung zur Textstelle Der Kurfürst erhielt diesen Brief eben, als der Prinz Christiern von Meißen ... und die beiden Herren Hinz und Kunz von Tronka ... in dem Schlosse gegenwärtig waren.
Kurfürst = Der sächsische Kurfürst zur Zeit der Kohlhaas-Handlung war Johann Friedrich der Großmütige (1503-1554), regierend seit 1532. Es ist allerdings nicht anzunehmen, dass Kleist an seine historische Porträtierung gedacht hat. Das scheidet schon deshalb aus, weil dieser Kurfürst aus dem Hause Sachsen-Coburg hauptsächlich in Coburg residierte und daneben noch Torgau als Regierungsplatz ausbauen ließ, jedoch nichts mit Dresden zu tun hatte. Allerdings war Johann Friedrich ein großer Verehrer Luthers.
[Fünfter Teil]
Sprung zur Textstelle ... er möchte dem Prinzen von Meißen auf dem Gubernium melden, dass er, Kohlhaas der Rosshändler, da wäre.
Gubernium = Regierungshaus, Staatskanzlei (abgeleitet davon z.B. der 'Gouverneur').
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Sprung zur Textstelle ... nach Herstellung von einer gefährlichen Rose, die seinen Fuß entzündet hatte ...
Rose = 'Rotlauf', Entzündung der Haut aufgrund bakterieller Verunreinigung, verbunden mit einer Schwellung und oft hohem Fieber.
Sprung zur Textstelle ... von dem Landesgericht unter peremtorischen Bedingungen aufgefordert worden, sich ... in Dresden zu stellen.
peremtorisch = jeden Aufschub ausschließend, endgültig.
Sprung zur Textstelle Herr Wenzel von Tronka erließ demnach als Erb-, Lehns- und Gerichtsherr ein Schreiben an die Gerichte zu Wilsdruff ...
Erb-, Lehns- und Gerichtsherr = Wenzel von Tronka macht den Gerichten gegenüber sowohl sein Besitzrecht an den Rappen geltend wie seine amtliche Befugnis, nach deren Verbleib zu forschen.
Sprung zur Textstelle ... führte sie, dürr und wankend an die Runge seines Karrens gebunden, auf den Markt der Stadt ...
Runge = Teil eines Leiterwagens, senkrecht auf den Achsen stehende Rundhölzer, die die Leitern stützen.
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Sprung zur Textstelle ... die Deposition in Lützen betreffenden Erläuterungen wegen, die man von ihm bedurfte ...
Deposition = Hinterlegung (der für den sächsischen Kurfürsten bestimmten, von Kohlhaas beschlagnahmten Wertsachen)
Sprung zur Textstelle "Meinethalb mag er sie jetzt abludern und häuten!"
abludern = abfälliger Ausdruck für 'das Fell abziehen'.
Sprung zur Textstelle ... zog ... vom Leder und jagte den Knecht mit wütenden Hieben der Klinge augenblicklich vom Platz weg ...
zog vom Leder = zog das Schwert aus der (ledernen) Scheide.
[Sechster Teil]
Sprung zur Textstelle ... fingen sie jetzt an, in Wendungen arglistiger und rabulistischer Art diese Schuld selbst gänzlich zu leugnen.
rabulistisch = verwinkelt, haarspalterisch.
Sprung zur Textstelle Nachdem er noch unter dem Vorwande, ein Geschirr auszugießen, den vordern Fensterladen eröffnet ... hatte ...
Geschirr = Nachttopf, damals gewöhnlich in den Rinnstein der Straße entleert.
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Sprung zur Textstelle Wenn er nach dem Altenburgischen kommen und die Anführung des Haufens ... wieder übernehmen wolle ...
Altenburgisches = Das Gebiet um Altenburg, 40 Kilometer südlich von Leipzig.
Sprung zur Textstelle das Unglück, ... in Krämpfen hässlicher Art, denen er von Jugend auf unterworfen war, niederzusinken ...
Krämpfe hässlicher Art = epileptische Anfälle.
Sprung zur Textstelle ... mit seinen fünf Kindern nach Hamburg zu gehen und sich von dort nach der Levante oder nach Ostindien ... einzuschiffen ...
Levante / Ostindien = die Länder des östlichen Mittelmeers (Syrien, Palästina, Arabien) und das heutige Indonesien.
[Siebenter Teil]
Sprung zur Textstelle So standen die Sachen für den armen Kohlhaas in Dresden, als der Kurfürst von Brandenburg zu seiner Rettung aus den Händen der Übermacht und Willkür auftrat ...
Kurfürst = Der brandenburgische Kurfürst zur Zeit der Kohlhaas-Handlung war Joachim II. Hector (1501-1571), Kurfürst ab 1535. Er gilt mit seinem Übertritt zum Protestantismus im Jahre 1539 als Einführer der Reformation in Brandenburg, ist ansonsten aber nur durch seine aufwendige Hofhaltung und gewaltige Schulden in die Geschichtsbücher eingegangen. Den historischen Kohlhaas hat er an seiner Fehde gegen Sachsen eine Zeit lang nicht gehindert, ihn schließlich aber gefangen genommen und in Berlin hinrichten lassen. Wie im Falle des sächsischen Kurfürsten hat Kleist auch hier an eine historische Porträtierung aber sicherlich nicht gedacht.
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Sprung zur Textstelle Es traf sich aber, dass die Krone Polen grade damals ... den Kurfürsten von Brandenburg in wiederholten und dringenden Vorstellungen anging, sich mit ihr in gemeinschaftlicher Sache gegen das Haus Sachsen zu verbinden ...
Die hier angedeuteten Streitigkeiten zwischen Polen und Sachsen hat es zur Zeit der Kohlhaas-Handlung nicht gegeben.
Sprung zur Textstelle ... dass man die Vollstreckung des über ihn ausgesprochenen Todesurteils für eine Verletzung des Völkerrechts halten würde ...
Völkerrecht = Der Begriff kam erst im 17. Jahrhunderts auf, so wie überhaupt Abwägungen, Bürger welchen Landes ein ergriffener Übeltäter war, für die Zeit der Handlung noch ohne Bedeutung waren.
Sprung zur Textstelle ... fragte ihn, auf welchen Grund er nunmehr den Rosshändler bei dem Kammergericht zu Berlin verklagt wissen wolle ...
Kammergericht = Hofgericht des brandenburgischen Kurfürsten, seit 1735 unabhängig und höchstes Gericht von Brandenburg, heute das Oberlandesgericht des Landes Berlin.
Sprung zur Textstelle ... so beschloss der Kurfürst, [sich bei] der Majestät des Kaisers zu Wien ... über den Bruch des von ihm eingesetzten öffentlichen Landfriedens zu beschweren ...
Kaiser zu Wien = Kaiser Karl V. (1500-1558) regierte überwiegend von Spanien aus. In Wien hat er sich nur ein einziges Mal (1532) aufgehalten, als die Stadt gegen die Türken zu verteidigen war.
Landfrieden = Der 1521 von Karl V. bekräftigte Reichslandfrieden, schon 1497 erstmals verkündet, würde Fehdehandlungen wie die von Kohlhaas verboten haben, wenn die Reichsgewalt auch nur annähernd in der Lage gewesen wäre, für Rechtssicherheit unter den deutschen Ländern zu sorgen. Das jedoch war erst nach dem 30-jährigen Krieg, also ein ganzes Jahrhundert später, endgültig der Fall.
Sprung zur Textstelle Es traf sich, dass der Kurfürst von Sachsen auf die Einladung des Landdrosts ... zu einem großen Hirschjagen ... nach Dahme gereist war.
Landdrost = 'Droste' ist der niederdeutsche Begriff für einen Landrat.
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Sprung zur Textstelle ... öffnete sie und nahm einen kleinen, mit Mundlack versiegelten Zettel heraus ...
Mundlack = Papiersiegel nach Art einer Briefmarke, mit denen gefaltete Papiere verschlossen wurden.
[Achter Teil]
Sprung zur Textstelle ... dass der sächsischerseits an ihn erlassene Bericht die Sache des Kohlhaas zu einer Angelegenheit gesamten Heiligen Römischen Reichs gemacht hätte ...
Heiliges Römisches Reich = Das deutsche Kaiserreich verstand sich als Nachfolger des Römischen Reichs und nannte sich 'heilig' wegen der Einsetzung des Kaisers durch den Papst. Vom 15. Jahrhundert an hieß es "Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation", löste sich durch die Eroberungen Napoleons 1806 als Staatenbund aber auf.
Sprung zur Textstelle ... dass er sonst nicht, und wäre sie auch die römische Sibylle selbst, an ihre Worte glauben könne ...
römische Sibylle = Weissagerin in der Antike.
Sprung zur Textstelle '... Dreierlei schreib ich dir auf, den Namen des letzten Regenten deines Hauses, die Jahreszahl, da er sein Reich verlieren und den Namen dessen, der es durch die Gewalt der Waffen an sich reißen wird.'
Da der zur Zeit der Kohlhaas-Handlung regierende Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige (1503-1554) im Jahre 1547 auf seine Kurwürde verzichten musste (er hatte als Anführer des Schmalkaldischen Bundes gegen Kaiser Karl V. die Schlacht von Mühlberg verloren und wurde als Protestant geächtet), dürfte sich der Zettel auf diese seine Zukunft und damit das Ende der ernestinischen Linie beziehen. Den Sieg über ihn trug als Parteigänger des Kaisers sein Vetter Moritz von Sachsen (1521-1553) davon, mit dem er schon zuvor in Gebietsstreitigkeiten gelegen hatte. Auch die Kurwürde ging auf Moritz von Sachsen und damit die albertinische Linie über. Moritz' jüngerer Bruder August (1526-1586) baute Dresden zur sächsischen Residenzstadt aus.
Die weitläufigen Vermutungen, die es in der Fachliteratur über möglicherweise ganz andere Inhalte dieses Zettels gibt, nämlich dass die Prophezeiung wegen der Residenzstadt Dresden vielleicht auf die albertinische Linie bezogen sei, von deren Ende Kleist noch gar nichts wissen konnte usw., gehen in die Irre. Da dem Kurfürsten von der Zigeunerin nichts Gutes verkündet werden kann, muss sich die Prophezeiung auf eine baldige Veränderung beziehen, und hier kam für Kleist und seine Leser nur die Absetzung des Kurfürsten Johann Friedrich im Jahre 1547 infrage.
Benutzte Literatur: Lützeler, H.v.K. Michael Kohlhaas, In:
				  Interpretationen (Reclam) - Erzählungen und Novellen des 19. Jahrhunderts, Bd. 1, 1988.
Sprung zur Textstelle Nun traf es sich, dass der Kämmerer mehrerer beträchtlichen Güter wegen, die seiner Frau ... in der Neumark zugefallen waren ...
Neumark = die spätere, 'neue' Mark Brandenburg rechts der Oder bis zur Warthe.
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Sprung zur Textstelle ... verurteilt ward, mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht zu werden, ein Urteil, an dessen Vollstreckung ..., seiner Milde ungeachtet, niemand glaubte ...
Dass die Enthauptung hier als 'mildes Urteil' bezeichnet wird, erklärt sich aus den furchtbaren Torturen, die mit andere Hinrichtungsarten einhergehen konnten.
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Sprung zur Textstelle ... und vielleicht die Krone Polen, mit welcher die Verhältnisse immer noch sehr kriegerisch waren, damit gemeint sei ...
Verbindungen zwischen Sachsen und Polen ergaben sich erst anderthalb Jahrhunderte später.
Sprung zur Textstelle ... und der Hinrichtungstag bereits auf den Montag nach Palmarum festgesetzt sei ...
Palmarum = Palmsonntag, der Sonntag vor Ostern, fiel im Jahr 1540 auf den 21. März.
Sprung zur Textstelle Ja, er hatte noch die Genugtuung, den Theologen Jakob Freising, als einen Abgesandten Doktor Luthers, mit einem eigenhändigen, ohne Zweifel sehr merkwürdigen Brief, der aber verloren gegangen ist, in sein Gefängnis treten zu sehen ...
Ein weiterer solcher Brief existiert nicht, Kleist will hier offenbar eine nachträgliche Rehabilitierung Kohlhaasens durch Luther andeuten.
Sprung zur Textstelle ... und während die Träger sie aufhoben, um sie anständig auf den Kirchhof der Vorstadt zu begraben ...
Mit dem 'anständigen Begräbnis', das Kohlhaas hier zuteil wird, erweist man ihm noch einmal eine Ehre, da Hingerichtete oft nicht auf dem Kirchhof beigesetzt, sondern unehrenhaft auf dem Galgenberg oder dem Schindanger begraben wurden.