Die Sprachkrise
Die Frage, inwieweit Menschen durch Denken und Sprechen die Wirklichkeit erkennen und gestalten können, ist ein zentrales Thema der Literatur der Jahrhundertwende. Das Unbehagen an der Kultur und das Unbehagen an der Sprache liegen eng beieinander. Die tradierte Sprache der Klassik und des reealismus zelebriert die Ideale des "Wahren, Guten und Schönen". In der gewandelten Welt werden diese Ideale brüchig und mit ihnen auch die erhabenen Begriffe, die sie bezeichnen. Sie erstsarren zu leeren Hülsen, zu lügenhaften Sprachschablonen.
Arbeitsaufträge
Lies hier den Brief des Lord Chandos an Francis Bacon von Hugo von Hofmannsthal.
Beantworte anschließend die folgenden Fragen:
1) Wie stellt sich die Situation des Briefautors dar? Was sind die Folgen seiner "Krankheit"?
2) Welche Schwierigkeiten ergeben sich für Künstler und Dichter bei der Wahrnehmung und Verarbeitung von Wirklichkeit?
3) Untersuche die sprachliche Gestaltung des Textes unter Berücksichtigung der Form und Funktion von Vergleichen, Metaphern und Belegbeispielen, die Hofmannsthal verwendet.
4) Erkläre die Paradoxie des "Briefes"
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Hugo Laurenz August Hofmann, Edler von Hofmannsthal, genannt Hugo von Hofmannsthal (geboren am 1. Februar 1874 in Wien; † 15. Juli 1929 in Rodaun bei Wien) war ein österreichischer Schriftsteller, Dramatiker, Lyriker, Librettist, sowie ein Mitbegründer der Salzburger Festspiele. Er gilt als einer der wichtigsten Repräsentanten des deutschsprachigen Fin de siècle und der Wiener Moderne.
In den Jahren um 1900 ging Hofmannsthal durch eine tiefe innere Krise, die sich aus seinem Zweifel am Ausdrucksvermögen der Sprache nährte.
Der Chandos-Brief markiert einen Bruch in Hofmannsthals Kunstkonzept. Im Rückblick erscheint das bisherige Leben als bruchlose Einheit von Sprache, „Leben“ und Ich. Nun aber kann das Leben nicht mehr durch Worte repräsentiert werden; es ist vielmehr direkt in den Dingen präsent.
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