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Elftes Kapitel
Sprung zum Absatz 26 des Romantextes
"Ich möchte annehmen ... etwas von Gluck [wie] Orpheus oder Chrimhild oder die Vestalin." - Die Trippelli wiegte den Kopf und sah in Abgründe ...
Die von Effi genannten Opernfiguren stammen aus "Orpheus und Euridike" (1762) von Christoph Willibald Gluck (1714-1787), den "Nibelungen" (1854) von Heinrich Ludwig Dorn (1804-1892) und der "Vestalin" (1807) von Gasparo Spontini (1774-1851). Die Auswahl soll wohl vor allem durch ihre Uneinheitlichkeit Effis Unbildung auf diesem Gebiet anzeigen. Alle drei Opern sind aber auch ähnlich trivial und stellen ebenso deshalb ihrer Musikerziehung kein gutes Zeugnis aus.
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Sprung zum Absatz 27 des Romantextes
"... 'Erlkönig' ... ah, bah; 'Bächlein, laß dein Rauschen sein ...' ... Und hier Löwe'sche Balladen; auch nicht gerade das Neueste. 'Glocken von Speyer' ... Ach dies ewige Bim Bam ..."
Die von der Trippelli gesichteten Noten sind zunächst von Franz Schubert die Lieder "Der Erlkönig" (1815, nach Goethe) und "Bächlein lass dein Rauschen sein" (1821, aus dem Zyklus 'Die schöne Müllerin von Wilhelm Müller), dann Balladen von Carl Löwe (1796-1869) mit dem Beispiel der "Glocken von Speyer". Dass die Trippelli von dieser Musik nichts hält, hat weniger mit ihrer Qualität als mit ihrer Abgenutztheit zu tun. Die Lieder von Schubert und die Balladen von Löwe (er hat an die 400 komponiert) fehlten bei keinem Liederabend, manche davon konnte man einfach nicht mehr hören.
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Sprung zum Absatz 28 des Romantextes
Und sie stand auf, und während der Pastor begleitete, sang sie den »Olaf« mit großer Sicherheit und Bravour und erntete allgemeinen Beifall.
Die Ballade "Ritter Olaf", 1852 vertont von Carl Löwe, ist in ihrem Ursprung ein dänisches Volkslied, das Johann Gottfried Herder 1779 unter dem Titel "Erlkönigs Tochter" in Deutschland bekannt gemacht hatte. Der 'Herr Oluf', so der Titel genau, wird am Vorabend seiner Hochzeit von der Tochter des Erlkönigs - eigentlich Elfenkönigs - bedrängt und, weil er sich ihr entzieht, von ihr getötet.
Herr Oluf
Herr Oluf reitet spät und weit,
zu bieten auf seine Hochzeitleut.
Da tanzen die Elfen auf grünem Land,
Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand.
"Willkommen, Herr Oluf! Was eilst von hier?
Tritt her in die Reihen und tanz mit mir!"
"Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag:
frühmorgen ist mein Hochzeitstag."
"Hör an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir!
Zwei güldne Sporne schenk ich dir.
Ein Hemd von Seide so weiß und fein,
meine Mutter bleichts mit dem Mondenschein."
"Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag:
frühmorgen ist mein Hochzeitstag."
"Hör an, Herr Oluf, tritt tanzen mit mir!
Einen Haufen Goldes schenk ich dir."
"Einen Haufen Goldes nähm ich wohl;
doch tanzen ich nicht darf noch soll."
"Und willt, Herr Oluf, nicht tanzen mit mir,
soll Seuch und Krankheit folgen dir."
Sie tat einen Schlag ihm auf sein Herz,
noch nimmer fühlt er solchen Schmerz.
Sie hob ihn bleichend auf sein Pferd:
"Reit heim nun zu dein'm Fräulein wert!"
Und als er kam vor Hauses Tür,
seine Mutter zitternd stand dafür.
"Hör an, mein Sohn, sag an mir gleich,
wie ist dein' Farbe blaß und bleich?"
"Und sollt sie nicht sein blaß und bleich?
Ich kam in Erlenkönigs Reich."
"Hör an, mein Sohn, so lieb und traut,
was soll ich sagen deiner Braut?"
"Sag ihr, ich sei im Wald zur Stund,
zu proben da mein Pferd und Hund."
Frühmorgen und als der Tag kaum war,
da kam die Braut mit der Hochzeitschar.
Sie schenkten Met, sie schenkten Wein.
"Wo ist Herr Oluf, der Bräut'gam mein?"
"Herr Oluf, er ritt in Wald zur Stund,
er probt allda sein Pferd und Hund."
Die Braut hob auf den Scharlach rot:
da lag Herr Oluf, und er war tot.

"Herr Oluf" von Carl Löwe, gesungen von Hermann Prey (Phonogram GmbH 1974).
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Es wurde dann noch ähnlich Romantisches gefunden, einiges aus dem fliegenden Holländer ...
Aus der 1843 uraufgeführten Oper "Der fliegende Holländer" von Richard Wagner (1813-1883) kommt als Gesangsstück am ehesten die Arie der Senta im zweiten Akt - die 'Ballade vom Fliegenden Holländer' - infrage. Die als Beispiel folgende zweite Strophe lautet:
Bei bösem Wind und Sturmes Wut
umsegeln wollt' er einst ein Kap;
Er flucht' und schwur mit tollem Mut:
"In Ewigkeit lass' ich nicht ab!" -
Hui! - Und Satan hört's - Johohe!
Hui! - nahm ihn beim Wort - Johohe!
Hui! - Und verdammt zieht er nun
durch das Meer ohne Rast, ohne Ruh'! -
Doch, daß der arme Mann noch Erlösung fände auf Erden,
zeigt Gottes Engel an, wie sein Heil ihm einst könne werden!
Ach, könntest du, bleicher Seemann, es finden!
Betet zum Himmel, daß bald ein Weib Treue ihm halt'!

Die zweite Strophe der 'Ballade vom Fliegenden Holländer', gesungen von Anja Silja (EMI Records Ltd., 1968).
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... und aus Zampa ...
Die Oper "Zampa oder die Marmorbraut" (1831) war die erfolgreichste unter den zwanzig Opern von Louis Joseph Ferdinand Hérold (1791-1833). Es existiert davon nur die historische Aufnahme der Arie "Perche tremar?" ('Warum zitterte ich?') des Baritons Mattia Battistini (1856-1928), die man sich aber auch von einer Altstimme gesungen vorstellen kann.

Die Arie 'Perche tremar?' aus der Oper Zampa, gesungen 1906 von Mattia Battistini (Historic Recordings, Mono 89045).
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... dann der Heideknabe, lauter Sachen, die sie mit eben so viel Virtuosität wie Seelenruhe vortrug ...
Die Ballade "Der Heideknabe" von Friedrich Hebbel (1813-1863), 1852 von Robert Schumann (1810-1856) vertont, ist wegen ihres einfältigen Inhaltes aus dem heutigen Repertoire vollständig verschwunden und auch keine Tonaufnahme mehr von ihr zu erhalten.
Der Heideknabe (1844)
Der Knabe träumt, man schicke ihn fort
mit dreißig Talern zum Heideort
er ward drum erschlagen am Wege
und war doch nicht langsam und träge
Noch liegt er im Angstschweiß, da rüttelt ihn
sein Meister und heißt ihm sich anzuziehn
und legt ihm das Geld auf die Decke
und fragt ihn, warum er erschrecke.
"Ach Meister, mein Meister, sie schlagen mich tot,
die Sonne, sie ist ja wie Blut so rot!"
"Sie ist es für dich nicht alleine,
drum schnell, sonst mach ich dir Beine!"
"Ach Meister, mein Meister, so sprachst du schon,
das war das Gesicht, der Blick, der Ton,
gleich greifst du" - zum Stock, will er sagen,
er sagts nicht, er wird schon geschlagen.
"Ach Meister, mein Meister, ich geh, ich geh,
bring meiner Mutter das letzte Ade!
Und sucht sie nach allen vier Winden,
am Weidenbaum bin ich zu finden!"
Hinaus aus der Stadt! Und da dehnt sie sich,
die Heide, nebelnd, gespenstiglich!
Die Winde darüber sausend:
"Ach, wär hier ein Schritt wie tausend!"
Und alles so still und alles so stumm,
man sieht sich umsonst nach Lebendigem um;
nur hungrige Vögel schießen
aus Wolken, um Würmer zu spießen.
Er kommt ans einsame Hirtenhaus,
der alte Hirt schaut eben heraus,
des Knaben Angst ist gestiegen,
am Wege bleibt er noch liegen.
"Ach Hirte, du bist ja von frommer Art,
vier gute Groschen hab ich erspart,
gib deinen Knecht mir zur Seite,
daß er bis zum Dorf mich begleite.
Ich will sie ihm geben, er trinke dafür
am nächsten Sonntag ein gutes Bier;
dies Geld hier, ich trag es mit Beben,
man nahm mir im Traum drum das Leben!"
Der Hirt, der winkte dem langen Knecht,
er schnitt sich eben den Stecken zurecht,
jetzt trat er hervor - wie graute
dem Knaben, als er ihn schaute!
"Ach Meister Hirte, ach nein, ach nein,
es ist doch besser, ich geh allein!"
Der Lange spricht grinsend zum Alten:
"Er will die vier Groschen behalten."
"Da sind die vier Groschen!" Er wirft sie hin
und eilt hinweg mit verstörtem Sinn.
Schon kann er die Weide erblicken,
da klopft ihn der Knecht in den Rücken.
"Du hältst es nicht aus, du gehst zu geschwind,
ei, Eile mit Weile, du bist ja noch Kind,
auch muß das Geld dich beschweren,
wer kann dir das Ausruhn verwehren!
Komm, setz dich unter den Weidenbaum,
und dort erzähl mir den häßlichen Traum,
ich träumte - Gott soll mich verdammen,
triffts nicht mit deinem zusammen!"
Er faßte den Knaben wohl bei der Hand,
der leistet auch nimmermehr Widerstand;
die Blätter flüstern so schaurig,
das Wässerlein rieselt so traurig!
"Nun sprich, du träumtest" - "Es kam ein Mann -"
"War ich das? Sieh mich doch näher an,
ich denke, du hast mich gesehen!
Nun weiter, wie ist es geschehen?"
"Er zog ein Messer!" - "War das wie dies?" -
"Ach ja, ach ja!" - "Er zogs" - "Und stieß -"
"Er stieß dirs wohl durch die Kehle?
Was hilft es auch, daß ich dich quäle!"
Und fragt ihr, wies weiter gekommen sei?
So fragt zwei Vögel, die saßen dabei,
der Rabe verweilte gar heiter,
die Taube konnte nicht weiter!
Der Rabe erzählt, was der Böse noch tat,
und auch, wie's der Henker gerochen hat;
die Taube erzählt, wie der Knabe
geweint und gebetet habe.