... während Hulda das Käthchen von Heilbronn in der Hollunderbaumszene
darstellen sollte, Leutnant Engelbrecht von den Husaren als Wetter vom Strahl ...
In der 'Holunderbaumszene' - 4. Akt, 2. Auftritt von Heinrich von Kleists
"Käthchen von Heilbronn" (1810) - erzählt das unter einem Holunderbaum im Schlaf
liegende Käthchen dem Grafen Wetter vom Strahl von einem Traum, aus dem dieser erkennt, warum sie
ihm so unbeirrt folgt und dass sie die ihm vorbestimmte Braut und Kaisertochter ist. Käthchen,
die selbst von ihrer Herkunft nichts weiß, sondern sich für die Tochter eines Waffenschmieds
hält, spricht den Grafen immer mit "Hoher Herr" an.
Wenn sich Briest über diese Anrede hinsichtlich des Verhältnisses Effis zu
Innstetten ärgert und dazu bemerkt, die Briests stünden höher als die
Innstettens, so missversteht er den Zusammenhang deshalb eigentlich. Käthchen
als Kaisertochter steht ja höher als der Graf. Die Kränkung für ihn
läge vielmehr darin, dass Effi nicht seine Tochter wäre, sondern einem
Verhältnis seiner Frau mit dem Kaiser (Wilhelm I.) entstammen würde. Auch die Bemerkung,
Innstetten werde ja wohl kein 'verkappter Hohenzoller' sein, folgt diesem Irrtum,
da vielmehr Effi als 'verkappter Hohenzoller' angesehen werden müsste. Indessen ist
dieses Missverständnis, da Fontane Kleists Drama gut kannte, wohl kein Versehen.
Briest hört nur den Wortlaut und poltert los, von dem Stück im Ganzen weiß er
nichts. Ebenso haben aber auch natürlich die Vorführenden und die sonstigen
Gäste diesen Zusammenhang nicht im Blick.