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Drittes Kapitel
Sprung zum Absatz 01 des Romantextes
... nahm der alte Ritterschaftsrat noch einmal das Wort, um in einer zweiten Ansprache das allgemeine Familien-Du zu proponieren.
proponieren: vorschlagen. Die etwas umständliche Formulierung deutet etwas von Briests Befangenheit an; es war zu dieser Zeit noch nicht selbstverständlich, sich mit den Schwiegerkindern zu duzen.
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Sprung zum Absatz 01 des Romantextes
Geert, wenn er nicht irre, habe die Bedeutung von einem schlank aufgeschossenen Stamm, und Effi sei dann also der Efeu, der sich darum zu ranken habe.
Wenn Briest den Namen Geert mit 'schlanker Stamm' übersetzt, also von 'Gerte' ableitet, so ist das sicherlich als Scherz aufzufassen. Geert ist natürlich eine Kurzform von Gerhard, wobei 'ger' althochdeutsch für Speer steht und 'hart' kühn bedeutet.
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Sprung zum Absatz 15 des Romantextes
... und während Briest immer weiterperorierte, war es ihm beständig, als wäre der kleine Hergang doch mehr als ein bloßer Zufall gewesen.
weiterperorierte: immer weiter seine Reden führte
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... wurde seitens Mutter und Tochter eine Reise nach Berlin beschlossen, um, wie Briest sich ausdrückte, den »trousseau« für Prinzessin Effi zusammenzukaufen.
trousseau: eigentlich ein Wäschebündel, hier also die Aussteuer.
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Sprung zum Absatz 18 des Romantextes
Effi - ganz im Gegensatze zu der solche »Mesquinerien« ein für allemal sich verbittenden Mama - hatte dem Vater ... freudig zugestimmt ...
Mesquinerien: Kleinlichkeiten.
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Sprung zum Absatz 18 des Romantextes
... Eindruck, den sie beide, Mutter und Tochter, bei ihrem Erscheinen an der Table d'hôte machen würden ...
Table d'hôte: 'Tafel des Wirtes', des Gastgebers. Sie versammelte die Gäste eines Hotels zu einer Hauptmahlzeit mit festem Preis, damals noch am frühen Nachmittag, später mehr und mehr erst am zeitigen Abend. Die Teilnahme an der Table d'hôte war immer auch ein gesellschaftliches Ereignis.
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Sprung zum Absatz 18 des Romantextes
Vetter Briest vom Alexander-Regiment, ein ungemein ausgelassener junger Leutnant ...
Alexanderregiment: Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1, benannt nach seinem einstigen Chef Zar Alexander I. (1777-1825), der das Regiment im Krieg gegen Napoleon als russischer Bundesgenosse geführt hatte. Offizier in diesem Regiment zu sein war deshalb eine besondere Ehre.
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Sprung zum Absatz 18 des Romantextes
... der Vetter, der so wundervoll zu chaperonnieren verstand ...
chaperonieren: behüten, betreuen von fanzösisch 'chaperon' für Kappe, Haube, auch Anstandsdame. Französische Ausdrücke gehörten damals so selbstverständlich zur gehobenen Umgangssprache wie heute Ausdrücke des Englischen.
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Sprung zum Absatz 18 des Romantextes
"... und wenn die Prinzessin Friedrich Karl vorüberfährt und sie von ihrem Wagen aus freundlich grüßt ..."
Die Prinzessin Friedrich Karl ist Maria Anna von Anhalt-Dessau (1837-1906), seit 1854 Gattin von Prinz Friedrich Karl von Preußen (1828-1885), einem Neffen Kaiser Wilhelms I.
Friedrich Karl hatte sich vor allem in den Kriegen gegen Dänemark, Österreich und Frankreich, die 1871 zur Gründung des Deutschen Reiches führten, einen Namen gemacht und stand in Berlin samt seiner Frau und vier Kindern in hohem Ansehen. Im Winterhalbjahr bewohnte er eine Wohnung im Stadtschloss, im Sommerhalbjahr das Jagdhaus Dreilinden am Südwestrand von Berlin. Über seine Frau schreibt 1893 ein Freund des Hauses:
Ich habe in meinem bewegten Leben viel schöne Frauen gesehen und gekannt auf beiden Seiten des Oceans, aber niemals bin ich einer Frau begegnet, die so viel Liebreiz und Güte ausgestrahlt hätte, wie diese Prinzessin. Ihre Stimme, ihres Gesichtes Züge, ihre ganze Persönlichkeit war von diesem Liebreiz ummweht, und wen immer sie mit ihren seelenvollen Augen freundlich anschaute, der fühlte sein Herz wie von warmem Frühlingssonnenschein umleuchtet.
Benutzte Literatur: Borcke, Heros von
Prinzessin Friedrich Karl um 1880 (Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg)
Da Fontane selbst wiederholt zu Gast bei Prinz Friedrich Karl war (Weiteres siehe unter LEBENSWELT zu Kapitel 4), hat er auch die Prinzessin wahrscheinlich kennen gelernt. Er könnte ihr aber auch - wie Effi - auf der Straße begegnet sein, denn die Angehörigen des Hauses Hohenzollern waren damals in Berlin wirklich wahrnehmbar.