Ach wie mir das durch alle Adern läuft, wenn mein Finger unversehns
den ihrigen berührt, wenn unsere Füsse sich unter dem Tische
begegnen. Ich ziehe zurück wie vom Feuer, und eine geheime Kraft zieht
mich wieder vorwärts, mir wird's so schwindlich vor allen Sinnen. O und
ihre Unschuld, ihre unbefangene Seele fühlt nicht, wie sehr mich die
kleinen Vertraulichkeiten peinigen. Wenn sie gar im Gespräch ihre Hand
auf die meinige legt, und im Interesse der Unterredung näher zu mir
rückt, daß der himmlische Athem ihres Mundes meine Lippen reichen
kann. - Ich glaube zu versinken wie vom Wetter gerührt. Und Wilhelm,
wenn ich mich jemals unterstehe,diesen Himmel, dieses Vertrauen - Du
verstehst mich. Nein, mein Herz ist so verderbt nicht! Schwach!
schwach genug! Und ist das nicht Verderben?
Sie ist mir heilig. Alle Begier schweigt in ihrer Gegenwart. Ich weis
nimmer wie mir ist, wenn ich bey ihr bin, es ist als wenn die Seele
sich mir in allen Nerven umkehrte. Sie hat eine Melodie, die sie auf
dem Clavier spielt mit der Kraft eines Engels, so simpel und so
geistvoll, es ist ihr Leiblied, und mich stellt es von aller Pein,
Verwirrung und Grillen her, wenn sie nur die erste Note davon greift.
Kein Wort von der Zauberkraft der alten Musik ist mir
unwahrscheinlich, wie mich der einfache Gesang angreift. Und wie sie
ihn anzubringen weis, oft zur Zeit, wo ich mir eine Kugel vor'n Kopf
schiessen möchte. Und all die Irrung und Finsterniß meiner Seele
zerstreut sich, und ich athme wieder freyer.
