
Weiß Gott! ich lege mich so oft zu Bette mit dem Wunsche, ja manchmal
mit der Hofnung, nicht wieder zu erwachen: und morgens schlage ich die Augen auf,
sehe die Sonne wieder, und bin elend. O daß ich launisch sein könnte, könnte
die Schuld auf's Wetter, auf einen dritten, auf eine fehlgeschlagene Unternehmung
schieben, so würde die unerträgliche Last des Unwillens doch nur halb auf mir ruhen.
Wehe mir! Ich fühle zu wahr, daß an mir allein alle Schuld liegt - nicht Schuld!
Genug, daß in mir die Quelle allen Elendes verborgen ist wie ehemals die Quelle
aller Seligkeiten. Bin ich nicht noch eben derselbe, der ehemals in aller Fülle
der Empfindung herumschwebte, dem auf jedem Tritte ein Paradies folgte, der ein Herz hatte,
eine ganze Welt liebevoll zu umfassen. Und dies Herz ist jetzt tot, aus
ihm fließen keine Entzückungen mehr, meine Augen sind trocken, und meine Sinne,
die nicht mehr von erquickenden Tränen gelabt werden, ziehen ängstlich meine Stirne
zusammen. Ich leide viel, denn ich habe verloren, was meines Lebens einzige Wonne war,
die heilige belebende Kraft, mit der ich Welten um mich schuf; sie ist dahin! -
Wenn ich zu meinem Fenster hinaus an den fernen Hügel sehe, wie die Morgensonne
über ihn her den Nebel durchbricht und den stillen Wiesengrund bescheint und der
sanfte Fluß zwischen seinen entblätterten Weiden zu mir herschlängelt, oh! wenn da
diese herrliche Natur so starr vor mir steht wie ein lackiertes Bildchen und alle die
Wonne keinen Tropfen Seligkeit aus meinem Herzen herauf in das Gehirn pumpen kann
und der ganze Kerl vor Gottes Angesicht steht wie ein versiegter Brunnen, wie ein
verlechter Eymer. Ich habe mich oft auf den Boden geworfen und Gott um Tränen
gebeten wie ein Ackersmann um Regen, wenn der Himmel ehern über ihm ist und
um ihn die Erde verdürstet.