Die Beerdigung bei Nacht und das Tragen des Sarges durch
Handwerker waren im 18. Jahrhundert üblich, doch dass kein
Geistlicher den Totenzug begleitet, ist Werthers Selbsttötung
zuzuschreiben. Sich das von Gott gegebene Leben selbst zu nehmen ist
nach christlicher Auffassung nicht erlaubt, und da überdies der Selbstmörder
seine Tat nicht bereuen, also auch keine Absolution erhalten kann, konnte
Selbstmördern die Bestattung auf den im 18. Jahrhundert allein
vorhandenen kirchlichen Friedhöfen verweigert werden. Die Bestattung
erfolgte in solchen Fällen entweder außen an der Kirchhofsmauer
oder sogar auf dem Schindanger, dem Ablageplatz für Tierkadaver
und Hingerichtete. Werther erhält dank der Fürsorge des Amtmanns
immerhin ein Grab auf dem Friedhof - und sogar an der von ihm gewünschten Stelle.