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Am 15. Mai.
Werthers Äußerungen einerseits über die "geringen Leute", andererseits über "Leute von einigem Stand" machen seine soziale Mittelstellung deutlich. Er gehört dem wohlhabenden und gebildeten Bürgertum an und ist sich seines Abstandes zum Volk, dem 'sogenannten Pöbel', durchaus bewusst. Der Gedanke, sich vor diesem auszeichnen und bewähren zu müssen, ist ihm jedoch ganz selbstverständlich - Standesdünkel, wie er ihn im Adel findet (siehe unter dem Brief vom 15. März 1772) lehnt er ab. Allerdings hängt auch sein eigener Aufstieg (in die Schicht des Adels) allein von seiner Tüchtigkeit ab, so wenig ihm an diesem Aufstieg zuletzt liegt.
Noch mehr als gegen den Adel richtet sich seine Kritik allerdings gegen die Angehörigen seines eigenen Standes. "Hier grenzt er sich mit wachsender Schärfe ab - gegen das Spießbürgertum, gegen den 'Philister', gegen bürgerlichen Dünkel, gegen Opportunismus und 'Rangsucht' oder dagegen, sich vor dem Adel zu 'prostituieren'. Er ist empfindlich und überempfindlich wie nur einer, der innerhalb derselben Bezugsgruppe seinen besonderen Platz erst noch sucht."
Benutzte Literatur: Blessin, Stefan
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