Urteile und Deutungen /Zweiter Teil Zur Übersicht Zur Synopse Zur Einzelebene Druck
Zehntes Kapitel
Sprung zum Absatz des Romantextes
Die wunderlichen Nachbarskinder. Novelle.
Bei der gewöhnlichen Auffassung, dass der kühne Schwimmer und Retter der Hauptmann ist, stellt sich die Frage, warum er dann unverheiratet geblieben und die Rettungstat mit einer "traurigen Erinnerung" für ihn verbunden ist. Michael Niedermeier nimmt an, dass die Eltern des Mädchens ihn abgelehnt haben, weil er zu arm war. Auch wenn das nicht besonders überzeugend ist, da beide Eltern einer "künftigen Verbindung" ihrer Kinder freudig entgegensehen, ist immerhin nicht auszuschließen, dass sich daran mit dem neuen Bräutigam etwas geändert hat. Ein direkter Widerspruch zum Text wird also vermieden.
Benutzte Literatur: Niedermeier, Michael
Das gilt für die Lösung, die Wolf Kittler vorschlägt, nicht. Für ihn ist der Ausgang der Geschichte, also die Rettung des Mädchens, "ein Phantasma. So hätte es sein sollen. Weil es aber nicht so war, will der Hauptmann nichts mehr davon wissen." Das Mädchen soll also ertrunken, "für ihn gestorben" sein.
Benutzte Literatur: Kittler, Wolf
Wenn es zu der 'Novelle' heißt, die Begebenheit habe sich so "wirklich zugetragen", sie sei "nur im Einzelnen mehr ausgebildet und ausgeschmückt worden, so liest sich das in Kittlers Auslegung allerdings wie ein Witz: alles war genauso, nur wurde das Mädchen nicht gerettet, sondern ist ertrunken.
Weil man für die Rolle des Hauptmanns lediglich das Wort 'Nachbarin' als Namensersatz (und nicht als Angabe zur Wohnsituation) lesen muss, um zu einer plausiblen Auflösung zu kommen, liegt es viel näher, in ihm den düpierten Bräutigam zu sehen (siehe unter GESTALTUNG zum ZWEITEN TEIL, ELFTES KAPITEL).