Achtzehntes Kapitel
... fiel die Sorge, die geliebten Reste zu bestatten, Charlotten anheim ...
geliebte Reste: ein unerwartet nüchterner Ausdruck, wo doch andererseits von einem "
holden Körper"
gesprochen wird, ja Ottilie als Tote gar "
vollständiger, schöner als alle" aussieht. Soll Charlotte damit
als weniger teilnehmend gekennzeichnet werden? Dass sie trauert, wird jedenfalls nicht ein einziges Mal gesagt, nur ihre Verfügungen für die Beisetzung in der Kapelle
kommen noch zur Sprache.
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Schon einmal hatte er so vor Belisar gestanden. Unwillkürlich geriet er jetzt in die gleiche Stellung; und wie natürlich war sie auch diesmal!
Die Rückbindung der Situation an die Aufführung der 'Lebenden Bilder' (siehe
FÜNFTES KAPITEL)
muss hier eigens erläutert werden, weil der betreffende Moment für das Gesamtgeschehen ganz nebensächlich ist und zumal für das Verhältnis des Architekten
zu Ottilie überhaupt nichts besagt. Sie war an der Bilddarstellung noch nicht einmal beteiligt. So hat es etwas gezwungen Rhetorisches, wenn hier nur wegen der natürlichen Haltung
des Architekten beim Trauern um Ottilie an Belisar erinnert wird. Tatsächlich kann kein einziger Zug angeführt werden, in dem die verstorbene Ottilie dem blinden Belisar gleicht.
Und möchte man wirklich von dem Architekten erfahren, dass er ein vorzüglicher Trauer-Darsteller ist?
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Denn eines Tages, als Eduard das geliebte Glas zum Munde brachte, entfernte er es mit Entsetzen wieder; es war
dasselbe und nicht dasselbe ...
Dass das für so bedeutsam gehaltene Glas mit den Anfangsbuchstaben E und O (siehe
ERSTER TEIL, NEUNTES KAPITEL) zerbrochen ist, bestätigt
eigentlich die Gültigkeit seines Zeichenwertes. Eduard hat sich nur zunächst täuschen lassen, so wie er sich selbst über die Möglichkeit einer Verbindung
mit Ottilie getäuscht hat.
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... aus einer Brieftasche ausgebreitet: eine Locke, Blumen, in glücklicher Stunde gepflückt, alle Blättchen, die sie ihm geschrieben, von jenem ersten an, das ihm seine
Gattin so zufällig ahnungsreich übergeben hatte.
Das erste Zettelchen Ottilies ist eine Erwiderung auf seinen Wunsch, sich heimlich gegenseitig zu schreiben (siehe
ERSTER TEIL, DREIZEHNTES KAPITEL).
Im Übrigen bewahrt Eduard die gleichen Erinnerungsstücke auf wie Ottilie, denn auch bei ihr sind es "kleine Zettelchen und Briefe Eduards, mancherlei aufgetrocknete Blumenerinnerungen früherer
Spaziergänge, eine Locke ihres Geliebten" (siehe
oben).