Erstes Kapitel
Da ich indessen ... Geldes benötigt war, um meinem Sohn, der im Dienste der Generalstaaten steht und mit einer blonden runden
Holländerin verlobt ist, die erste Einrichtung seines Hausstandes zu erleichtern ...
Generalstaaten = ein aus dem Holländischen abgeleiteter Name für die Niederlande. Sie wurden damals noch durch Abgeordnete
der einzelnen niederländischen Provinzen vertreten, deren Hauptversammlung (Staten-Generaal) die Provinzen nach außen vertrat. Als
die Niederlande 1815 Königreich wurden, übertrug sich der Name Staten-Generaal auf das Parlament.
Dass Schadaus Sohn 1611 im Dienste der Niederlande steht, weist ihn zugleich als leidenschaftlichen Protestanten, also Anhänger des
evangelischen Glaubens aus. Die Niederlande rangen zu dieser Zeit noch um ihre Unabhängigkeit vom katholischen Spanien und hatten sich
1609 einen zwölfjährigen Waffenstillstand erkämpft. Endgültig unabhängig wurden sie erst 1648.
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... ein großes rundes Medaillon von Silber mit dem Bilde der Mutter Gottes von Einsiedeln ...
Die Marienfigur in der Benediktinerabtei von Einsiedeln (30 Kilometer südlich von Zürich) wird seit dem späten Mittelalter als
wundertätig verehrt und zieht bis heute Wallfahrer an. Nachbildungen von ihr sind deshalb in vielerlei Form in Umlauf gekommen. Die Holzfigur
war ursprünglich nicht schwarz, sondern hat erst durch den Ruß der Kerzen diese Farbe angenommen. Da die Schwärze aber
schon früh zu ihrem Erscheinungsbild gehört hat, wurde sie nicht mehr entfernt, sondern bei Reinigungen erneuert.
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Die Mutter Gottes von Einsiedeln
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"... aber seit die Ketzerei in die Welt gekommen ist und auch unsre Schweiz verwüstet hat, ist die Macht der guten Dame
erloschen, selbst für die Rechtgläubigen!"
Aus der Sicht des alten Boccard ist der seit der Reformation sich ausbreitende Protestantismus Ketzerei, also Gotteslästerung, und entzieht
sogar den 'Rechtgläubigen' (Katholiken) den Beistand der wundertätigen Madonna. Die Formulierung 'gute Dame' ist von ihm als Katholiken
natürlich nicht ironisch gemeint, sondern bedeutet 'hohe Frau'.
In der Schweiz hat sich der Protestantismus im 16. Jahrhundert rasch und kämpferisch ausgebreitet, weil er zugleich die Unabhängigkeit
von den mächtigen katholischen Nachbarn Österreich und Frankreich fördern konnte. Das hatte allerdings auch anhaltende Fehden unter
den Schweizer Kantonen zur Folge, die immer wieder das Auseinanderbrechen der Eidgenossenschaft befürchten ließen.
Zweites Kapitel
Ich bin im Jahre 1553 geboren und habe meinen Vater nicht gekannt, der wenige Jahre später auf den Wällen von St. Quentin fiel.
St. Quentin = Stadt in Nordfrankreich, die sich 1557 gegen eine spanische Invasion verteidigte, aber unterlag. Die Verteidigung leitete der Admiral Gaspard de
Coligny (siehe nachfolgend), der damals noch als Katholik im Dienst des französischen Königs stand. Er wurde von den Spaniern gefangen genommen,
kam aber gegen eine Lösegeldzahlung frei und trat bald darauf zum Protestantismus über. Fortan führte er in den
innerfranzösischen Glaubenskriegen die Protestanten (Hugenotten) an.
Mein Vater hatte sich besonders den Herzog Ulrich von Württemberg verpflichtet ...
Ulrich von Württemberg (1487-1550) wurde wegen seines wüsten Lebenswandels und widerrechtlicher Kriegshandlungen vom Kaiser
seiner Herzogswürde enthoben und floh in die damals württembergische Grafschaft Mömpelgard (frz. Montbéliard), 80 Kilometer
westlich von Basel (siehe die Karte zu den
SCHAUPLÄTZEN). Nach seinem Übertritt zum Protestantismus gewann er 1534 mit protestantischer Hilfe Württemberg zurück und
führte dort den Protestantismus ein.
... er nahm Dienst in Frankreich, das damals die Pikardie gegen England und Spanien verteidigen musste.
Pikardie = ehemals Provinz von Nordfrankreich an der Grenze zu den Niederlanden.
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... aber er hatte ... die Überzeugung geschöpft, dass es mit der Welt zu Ende gehe und es deshalb nicht rätlich und ein eitles
Werk sei, am Vorabend dieser durchgreifenden Krise eine neue Kirche zu gründen ... nur seine Verborgenheit schützte ihn vor dem
gestrengen Arm des geistlichen Regimentes.
Schadaus Ohm (Oheim, Onkel) ist im protestantisch gewordenen Bern Katholik geblieben, weil er angesichts des bevorstehenden Weltunterganges
keinen Sinn darin sieht, sich einer 'neuen Kirche' - also der evangelischen - zuzuwenden. Das könnte ihn in seiner kämpferisch protestantischen
Umgebung sogar der Verfolgung aussetzen.
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Mein Umgang waren die Bauernjungen des benachbarten Dorfes und dessen Pfarrer, ein strenger Calvinist, durch den mich mein Ohm mit
Selbstverleugnung in der Landesreligion unterrichten ließ.
Calvinist = Anhänger der Lehre Johannes Calvins (1509-1564), des strengsten der protestantischen Reformatoren. Calvin errichtete
in Genf eine Glaubensherrschaft, die auf alle protestantischen Gemeinden der Schweiz abfärbte. Sie verlangte ein Leben strikt nach den christlichen
Geboten, schaffte alle kirchlichen Zeremonien ab, die in der Bibel nicht genannt waren, erlaubte z.B. nur biblische Vornamen, untersagte Theater und Tanz
und ahndete jeden Glaubenszweifel mit Ausweisung oder gar der Todesstrafe. Vor allem aber war nach der Lehre Calvins den Menschen von Gott
vorherbestimmt, wer erlöst und wer verdammt werden würde (Prädestination), und somit jede Selbstbestimmung ausgeschlossen.
Entsprechend streng wurde unter seiner Führung in Genf regiert.
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Meine Denkkraft übte sich mit Genuss an der herben Konsequenz der calvinistischen Lehre ...
Gemeint ist die Prädestinationslehre, nach der nichts ohne Gottes Willen geschieht und folglich alles so kommt, wie es nach Gottes
Ratschluss kommen muss. Die 'herbe Konsequenz' dieser Lehre liegt darin, dass man auch sein Unglück, seine Erfolglosigkeit, sein Scheitern
als gottgewollt ansehen muss und deshalb Mitleid oder Nachsicht von seinen Mitmenschen eigentlich nicht verlangen kann.
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... denn er war in seiner Jugend als Student in Genf mit auf die Wälle und ins Feld gezogen.
Genf konnte erst dadurch zu einer Republik innerhalb der Schweizer Eidgenossenschaft werden, dass es die Herrschaft der Grafen von Savoyen
abschüttelte. Zwischen 1519 und 1536 kam es deshalb immer wieder zu Kämpfen.
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Der Name des großen Coligny erfüllte damals die ganze Welt.
Gaspard de Coligny (1519-1572) war "unstreitig einer der größten Männer seiner Zeit", fasst Meyers
Konversationslexikon von 1905 das Urteil über den französischen Heerführer zusammen. In den Kriegen gegen Spanien erwarb er
sich schon als junger Mann solche Verdienste, dass ihn der französische König mit 33 Jahren zum 'Admiral von Frankreich' ernannte.
1559 trat er jedoch zum Protestantismus über und wurde damit in dem von Glaubenskriegen zerrissenen Frankreich ein Gegner des
Königshauses. Fortan führte er die Hugenotten gegen die Katholiken in die Schlacht und konnte 1570 im Frieden St. Germain ihre Stellung
wesentlich verbessern. Von seinem weiteren Schicksal liest man in der Novelle selbst.
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Gaspard de Coligny
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... als es im Jahre 1567 galt die Waffen zu ergreifen, um Genf gegen einen Handstreich Albas zu sichern ...
Fernando de Toledo, Herzog von Alba (1507-1582), spanischer Feldherr und Statthalter Spaniens in den Niederlanden, war wegen seines
harten Vorgehens gegen die Protestanten dort berüchtigt. Seine Hinrichtung des Grafen Egmont im Jahre 1568 gab dem
Unabhängigkeitswillen der Holländer erst recht Auftrieb und führte schließlich zur Vertreibung der spanischen
Besatzer. Alba hat wohl nicht wirklich versucht, auf dem Weg nach den Niederlanden im Jahre 1567 Genf einzunehmen, aber es wurde vermutet
und deshalb bei seiner Annäherung die Verteidigung vorbereitet.
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Im Jahre 1570 gab das Pazifikationsedikt von St. Germain en Laye den Hugenotten in Frankreich Zutritt zu allen Ämtern und
Coligny, nach Paris gerufen, beriet mit dem König ... den Plan eines Feldzugs gegen Alba zur Befreiung der Niederlande.
Nachdem Coligny im Juni 1570 die katholische Armee bei Arnay-le-Duc (Burgund) geschlagen hatte, war der König zum
Friedensschluss mit ihm bereit und sicherte den Hugenotten im Frieden von St. Germain Gleichberechtigung in Frankreich zu. Coligny
ging daraufhin nach Paris und versuchte den jungen Karl IX. dafür zu gewinnen, die Spanier aus den Niederlanden zu vertreiben.
Hugenotten, der Name der französischen Protestanten, leitet sich von 'Eidgenossen' ab, weil der Protestantismus
über die Schweiz nach Frankreich gelangt war.
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... dass man diesen, dem in Erinnerung des seligen Schadau, seines Schwagers, der Herzog Christoph sonderlich gewogen sei ...
Herzog Christoph von Württemberg (1515 - 28. Dezember 1568) folgte seinem Vater Ulrich als Landesherr von Württemberg, kann
deshalb zur Zeit der Handlung - 1572 - allerdings nicht mehr gelebt haben.
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Unter meinen jugendlichen Bewunderungen nahm neben dem großen Admiral sein jüngerer Bruder Dandelot die
erste Stelle ein, dessen weltkundige, stolze Brautfahrt meine Einbildungskraft entzündete.
Dandelot de Coligny (1521-1569) kämpfte ebenfalls im Heer des französischen Königs und wurde 1555 Generaloberst. Auf einer
Reise nach Deutschland begeisterte er sich für die Reformation und trat zum Protestantismus über. Der König ließ ihn dafür
ein Jahr lang in Melun inhaftieren, doch Dandelot blieb bei seiner Entscheidung. Wieder in Freiheit, stellte er sich dem Heer der Hugenotten zur
Verfügung, siegte in mehreren Kämpfen und starb 1569 an einem Fieber.
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Die Brüder Coligny
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Seine Flamme, ein lothringisches Fräulein, hatte er vor den Augen seiner katholischen Todfeinde, der Guisen, aus ihrer Stadt Nancy
weggeführt ...
Die Brautfahrt Dandelots in das von Katholiken beherrschte Nancy wird in einer der Quellen Meyers, Jules Michelets 'Geschichte Frankreichs im
16. Jahrhundert', ausführlich erzählt (siehe unter
QUELLEN).
Guisen = (sprich 'Gwiesen') ein lothringisches Geschlecht, dessen Name sich von der Stadt Guise herleitet, die ein Herzogtum war. Die
Herzöge von Guise - katholisch - waren die mächtigsten Widersacher der Hugenotten. So wie Coligny die protestantische Partei
anführte, führten die Herzöge von Guise, 'die Guisen', die katholische Partei an.
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Uns gegenüber saß der Sohn des Schultheißen, eines vornehmen Spezereihändlers ...
Schultheiß = Gemeindevorsteher, hier 'Bürgermeister'.
Spezereien = Gewürze, damals eine Handelsware mit hohen Gewinnspannen.
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"Rebellen!", schrie ich und stürzte ein Glas feurigen Cortaillod hinunter.
Cortaillot = Rotwein aus dem gleichnamigen Ort am Westufer des Neuenburger Sees.
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"... wird es sich vielleicht weisen, dass die aufrührerischen Bauern der Waldstätte gegen Österreich schwer im
Unrecht und offener Rebellion schuldig waren."
Die Gründungssage der Schweiz macht aus der Erhebung der drei Urkantone (Uri, Schwyz und Unterwalden) um 1300 gegen Österreich
eine Heldentat. Man könnte in ihr aber auch einen Akt des Verrats und des Aufruhrs sehen - so gewissermaßen Meyers Widerrede gegen
die vaterländische Beschönigung dieses Ereignisses.
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Ohne langes Besinnen packte ich meinen Mantelsack ...
Mantelsack = eine Reisetasche aus Tuch, die sich am Sattel befestigen ließ.
Drittes Kapitel
"Ich bin der Parlamentrat Chatillon, dem der Religionsfriede erlaubt, nach seiner Vaterstadt Paris zurückzukehren."
Religionsfriede = Nach dem dritten Hugenotten-Krieg (1568-70) wurde den Hugenotten im Frieden von St. Germain Religionsfreiheit zugesichert.
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"Chatillon?", wiederholte ich in ehrfurchtsvoller Verwunderung. "Das ist der Familienname des großen Admirals."
Chatillon = Coligny hieß vollständig Gaspard de Châtillon, Herr von Coligny (nach seinem Geburtsort Châtillon-sur-Loigne und
seinem dortigen Anwesen).
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"... weil ich auf den Schlachtfeldern von Jarnac und Moncontour gegen die Hugenotten meine Pflicht getan?"
Jarnac und Moncontour = Schlachtorte im dritten Hugenottenkrieg, an denen Coligny 1569 Niederlagen erlitt.
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"Ihr denkt an Servet?" - sagte der Rat mit leiser Stimme ...
Servet = Michael Servet (1511-1553), spanischer Arzt und Naturforscher, der wegen seiner Bezweifelung der Lehre von der Dreifaltigkeit
(die Einheit von Gottvater, Gottsohn und Heiligem Geist) auf Betreiben Calvins 1553 in Genf zum Tode verurteilt und verbrannt wurde.
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"Übrigens ist seine Behauptung nicht unentbehrlich, um den Papismus zu verwerfen ..."
Papismus = das Papsttum, das mit diesem Begriff wie eine Lehre unter beliebigen anderen behandelt wird.
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"Nun, die Sache ist weltkundig und abgemalt auf einer Votivtafel im Kloster selbst ..."
Votivtafel = in der Klosterkapelle aufgehängtes Bildchen, auf dem die Erfüllung einer Bitte dargelegt ist.
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"Der Herr Admiral ist jetzt, am Vorabend des flandrischen Krieges, vom Morgen bis in die Nacht in Anspruch genommen ..."
flandrischer Krieg = Zu diesem Krieg (gegen die spanische Besatzung der Niederlande) kam es nicht, weil die Mutter des französischen
Königs, Katharina von Medici, die Pläne Colignys mit der Ermordung der Hugenotten in der Bartholomäusnacht durchkreuzte.
Viertes Kapitel
... auswandern über den Ozean in das von Kolumbus entdeckte Land - diesen Gedanken hat der Admiral lange Jahre in
seinem Gemüte bewegt ...
Auf Vermittlung Colignys brachen von 1555 an wiederholt Auswanderer-Schiffe nach Amerika auf und gründeten französische
Kolonien auf Haiti und in Florida. Zu einer großen Auswanderungs-Bewegung kam es allerdings erst ein ganzes Jahrhundert
später, als 1685 unter Ludwig XIV. der Protestantismus in Frankreich gewissermaßen endgültig verboten wurde.
Die Guisen suchen einen Krieg zu vereiteln, der den jungen König selbstständig und sie entbehrlich machen würde.
Karl IX., 1550 geboren, war nach dem frühen Tod seines Vaters und seines älteren Bruders bereits mit
zehn Jahren König geworden, stand aber unter dem Einfluss seiner Mutter, Katharina von Medici, und versuchte sich mit seiner Annäherung
an Coligny von ihr und der katholischen Partei gerade zu lösen.
Die Königin Mutter ist zweideutig ... selbstsüchtig nur auf das Interesse ihres Hauses bedacht.
Katharina von Medici, wie Coligny 1519 geboren, war mit 14 Jahren an den ein Jahr älteren französischen
Thronfolger Heinrich II. (1518-1559) verheiratet worden, bekam vier Söhne und drei Töchter und kümmerte sich nach dem frühen
Tod ihres Mannes hauptsächlich um deren Thronfolge.
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"War es nun Calvin nicht den Tausenden und Tausenden schuldig, die für das reine Wort litten und bluteten, diesen falschen Bruder ...
aus der evangelischen Kirche zu stoßen und dem weltlichen Richter zu überliefern?"
Die Rechtfertigung der Hinrichtung Servets im Jahre 1553, die Meyer hier dem Calvinisten Schadau in den Mund legt, geht weit über das
historisch Verbürgte hinaus. Calvin ließ Servet zweifellos aus religiöser Überzeugung und nicht nur aus taktischen Gründen
hinrichten. Der Spanier widersprach mit seinem Bibelverständnis allen christlichen Vorstellungen dieser Zeit, auch denen der Protestanten, und galt,
zumal er nicht widerrief, als ein Ketzer der schlimmsten Art. Seine Auslieferung an den 'weltlichen Richter' - die Kirche nahm wegen des Gebotes
"Du sollst nicht töten" keine Hinrichtungen vor - wurde damals auch allgemein gebilligt. Erst 1903 errichtete die Stadt Genf ihm
ein 'Sühnedenkmal'.
In seiner Parteinahme für die protestantische Seite - auch sonst nicht zu übersehen - geht Meyer hier so weit, dass er
sogar an einer historischen Tatsache beschönigend herumdeutelt. Der von ihm vermutlich benutzte Lexikon-Eintrag im "Dictionnaire universel
d'histoire et de géographie" von M.-N. Bouillet (Paris 1851) sagt zu Servet nach Aufzählung seiner Lebensstationen nur:
Er lebte als Arzt in Vienne, im Dauphiné. Er nahm Verbindung mit Calvin auf, überwarf sich aber bald mit diesem Sektierer,
weil er einige seiner Lehren kritisiert hatte. Nachdem er ein kühnes Werk, De Christianismi restitutione, hatte drucken lassen, sah er
sich 1553 der Verfolgung durch den Erzbischof von Vienne und den Kardinal von Toulon ausgesetzt. Er flüchtete nach Genf. Aber anstatt ihn
vor den Katholiken zu schützen, klagte Calvin, der nicht weniger intolerant war als diese, ihn vor dem Magistrat der Ketzerei an,
und es gelang ihm, ihn zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilen zu lassen.
(Übersetzt von Ulrich Krafft)
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"Ich führe Euch an ein Fenster, das auf die Laurentiuskapelle hinüberschaut, deren Nachbarschaft wir uns hier erfreuen
und wo der berühmte Franziskaner Panigarola heute Abend predigen wird.
Der Franziskanermönch Francesco Panigarola (1548-1594) aus Mailand war ein leidenschaftlicher Verteidiger des Katholizismus und predigte
in der Zeit der Bartholomäusnacht auch vor Katharina von Medici. Über die Herkunft von Meyers Bewertung siehe unter
QUELLEN.
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"Gaspardes Vater aber", hier dämpfte er die Stimme, - "ist Dandelot, des Admirals jüngerer Bruder ..."
Die Figur der Gasparde und ihre Herkunftsgeschichte ist eine erzählerische Erfindung.
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... und sie erzählte mir schluchzend, wie dieser Elende, der zu dem Hofstaate des Herzogs von Anjou, des königlichen Bruders,
gehöre, schon seit dem Tage ihrer Ankunft sie auf der Straße verfolge ...
Der Herzog von Anjou (1551-1589) war der jüngere Bruder Karls IX. und folgte diesem 1574 als Heinrich III. auf dem
französischen Thron.
Fünftes Kapitel
Was mir der Admiral übergeben hatte, war ein Memorandum, das er an den Prinzen von Oranien richtete.
Wilhelm von Oranien (1533-1584) führte den Unabhängigkeitskampf der Niederländer gegen die Spanier an und wurde
von Coligny in dem genannten Memorandum zur Vereinigung seiner Truppen mit denen der Hugenotten aufgefordert. Die Bartholomäusnacht ließ es
zu dieser Vereinigung nicht kommen, sodass sein Feldzug gegen Alba Ende 1772 scheiterte. 1779 vereinigte Wilhelm von Oranien die holländischen
Provinzen in der Union zu Utrecht und legte damit den Grundstein zu einem unabhängigen niederländischen Staat. 1783 heiratete er in vierter Ehe
(die Frauen davor waren gestorben) Colignys Tochter Luise (1555-1620), wurde ein Jahr später aber auf eine Anstiftung des spanischen
Königs hin ermordet.
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Ehe dieser Zeit hatte, sich von seinem Sitze zu erheben, trat ein sehr junger Mann von schlanker, kränklicher Gestalt heftig
erregt ins Gemach ...
Karl IX. (1550-1574), der zweitälteste Sohn von Katharina von Medici, wurde 1560 unter der Vormundschaft seiner Mutter der
designierte König und versuchte sich unter Colignys Führung aus ihrem Einfluss zu lösen. Die Bartholomäusnacht
lief praktisch auf seine Entmündigung durch die Mutter hinaus. Er war kränklich und starb 1574 an Schwindsucht.
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Karl IX.
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"Bei den Eingeweiden des Teufels! Wir erklären seiner katholischen Majestät nächstens den Krieg!"
Katholische Majestät war der Titel des Königs von Spanien, in dieser Zeit Philipp II. (1527-1598).
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"... als wir beide in meinem Kabinett Rat hielten, da raschelte es hinter der Tapete. Ich zog den Degen, wisst Ihr? und durchstach
sie zweimal, dreimal! ... und wer trat darunter hervor? Mein lieber Bruder, der Herzog von Anjou ... "
Tapete = hier ein Vorhang, der als Raumteiler benutzt wird. Von Katharina von Medici wird berichtet, dass sie Karls jüngeren Bruder
ihm gegenüber offen bevorzugte.
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"... ich will Euch das Louvre zeigen. Ich wohne dort, da meine Compagnie die Wache der innern Gemächer hat."
das Louvre = heute 'der' Louvre.
meine Compagnie = So wie bis heute im Vatikan eine Schweizer Garde den Wachdienst versieht, gab es damals an etlichen Höfen
Schweizer Wachmannschaften. Da die Schweiz selbst keine Armee hatte, bot sich jungen Schweizern auch immer der Militärdienst im
Ausland als Berufsmöglichkeit an.
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"... dort kommt Graf Guiche, der berüchtigte Damenfänger und der größte
Raufer vom Hofe, und neben ihm - wahrhaftig - das ist Lignerolles! ... "
Graf Guiche = hier eine nicht historische Person.
Lignerolles = in Meyers Quellen der Name eines Vertrauten des Herzogs von Anjou, der dessen Intrigen an Karl IX. verriet
und deshalb durch gedungene Mörder umgebracht werden sollte.
Sechstes Kapitel
Er zeigte Quart und stieß Sekunde in beschleunigtem Tempo. Meine Parade kam genau noch rechtzeitig ...
Quart ist die Fechteröffnung mit der Klinge nach rechts oben, Sekunde der Stoß nach links vorn, sodass zur Verteidigung erst nach links
gesichert und dann rasch nach rechts abgewehrt werden muss.
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Der Admiral rief seinen Schwiegersohn, Teligny, herein, der ihm berichtete, Graf Guiche sei diesen Morgen im Zweikampfe gefallen ...
Charles de Téligny (1535-1572), Offizier und Diplomat im Dienste Colignys, heiratete 1571 dessen Tochter Luise (1555-1620). Er
wurde in der Bartholomäusnacht im Louvre ermordet. Luise heiratete 1583 Wilhelm von Oranien.
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"... aber verbrannt werden, wie es mit Dubourg auf dem Greveplatze geschah! ... davor hab' ich einen Schauder!"
Anne Du Bourg (1521-1559) klagte als Pariser Parlamentsrat das Königshaus der ungesetzlichen Verfolgung der Hugenotten an, wurde
daraufhin selbst angeklagt, zum Ketzer erklärt, gehenkt und verbrannt.
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Die Hinrichtung Du Bourgs auf dem Pariser Greveplatz
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Siebentes Kapitel
Die Hochzeit des Königs von Navarra mit Karls reizender, aber leichtfertiger Schwester erweiterte die Kluft zwischen
den beiden Parteien ...
Eher beiläufig teilt der Erzähler hier das Ereignis mit, das zur Ermordung zahlreicher hugenottischer Führer in einer
einzigen Nacht überhaupt erst die Möglichkeit bot: ihre Anwesenheit bei der Hochzeit des Hugenotten Heinrich von Navarra,
des späteren Königs Heinrich IV. (geboren 1553, König von 1594 bis 1610), mit der Tochter Katharinas von Medici, Margarete
von Valois (1553-1615). Diese Hochzeit - bald 'Bluthochzeit' genannt - hätte eigentlich eine Annäherung der feindlichen Konfessionen
bedeuten können, wurde jedoch von Katharina von Medici benutzt, mit der gesamten hugenottischen Partei abzurechnen. Drei Tage nach
den Hochzeitsfeierlichkeiten, die bis zum 21. August dauerten, kam es in der Nacht zum 24. August 1572 zu dem größten
organisierten Massenmord, den Frankreich bis dahin erlebt hatte.
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Heinrich von Navarra
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Heinrich wurde nach der Bartholomäusnacht im Louvre gefangen gesetzt, führte nach seiner Flucht 17 Jahre lang die
Hugenotten in Kriegszügen gegen das Königshaus an und wurde 1594 selber König, nachdem er zuvor -
"Paris ist eine Messe wert" - zum Katholizismus übergetreten war. Als Heinrich IV. erließ er das 'Edikt von Nantes',
das Frankreich für ein Jahrhundert religiöse Toleranz sicherte, wurde jedoch 1610 von einem gedungenen Attentäter erstochen.
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Margarete von Valois
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Margarete von Valois, der man mehrere Verhältnisse vor ihrer Ehe nachsagte, blieb kinderlos und lebte bald von ihrem Mann getrennt.
Gleichwohl wurde sie an seiner Seite Königin von Frankreich und die Ehe erst 1599 geschieden. Heinrich heiratete noch einmal eine
Frau aus dem Hause Medici, die ihm 1601 (nach seinen zahlreichen illegitimen Kindern) einen legitimen Sohn schenkte, der ihm als Ludwig XIII.
auf dem Thron nachfolgte.
Kurz vorher war Jeanne d'Albret, die wegen ihres persönlichen Wertes von den Hugenotten hochverehrte Mutter des Navarresen,
plötzlich gestorben.
Jeanne d'Albret (1528-1572) hatte im Frühjahr 1572 die Verhandlungen über die Hochzeit ihres Sohnes mit der Tochter
Katharinas von Medici geführt und durchgesetzt, dass die Trauung vor der
Kirche von Notre Dame und nicht in ihr stattfand, damit dem Protestanten Heinrich nicht die Teilnahme an einer katholischen Messe aufgezwungen
würde. Als sie zwei Monate nach Abschluss des Ehevertrages am 9. Juni 1772 in Paris plötzlich starb, vermuteten viele einen Racheakt
Katharinas, zumal Jeanne d'Albret auch immer wieder ihren Abscheu vor der Sittenlosigkeit des Pariser Hoflebens zu erkennen gegeben hatte.
Die Hochzeit fand aber wie vorgesehen am 18. August 1772 statt.
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Jeanne d'Albret
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Damit meinte er spanische Fahnen, aber das Wort wurde falsch gedeutet.
Die Katholiken deuteten den Ausspruch so (den Coligny tatsächlich getan hat), als habe er die Fahnen der katholischen Seite,
d.h. königliche Fahnen gemeint.
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"Wisst Ihr schon, Herr Hauptmann", jammerte er, "dass der Admiral gestern meuchlerisch verwundet worden ist, als er aus dem Louvre
nach seinem Palaste zurückkehrte?"
Das Attentat auf Coligny am 21. August 1772, bei dem ein Schuss ihm Arme und Hände verletzte, ging auch auf
Katharina von Medici zurück, die diesen auf einen Krieg mit Spanien drängenden Berater ihres Sohnes - des Königs -
ausschalten wollte. Sie befürchtete, dass Frankreich einem solchen Krieg nicht gewachsen sein könnte und die weitere
Stärkung der Hugenotten das Königtum überhaupt in Gefahr bringen würde.
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Das Attentat auf Coligny
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... den ich in lebhaftem Gespräche mit einer merkwürdigen Persönlichkeit fand, einem Manne in mittleren Jahren,
... der den St. Michaelsorden trug.
Der dann auch namentlich genannte Mann ist der berühmte Moralist und Schriftsteller Michel de Montaigne (1533-1592), der
sich allerdings 1572 nicht in Paris aufhielt, sondern zurückgezogen auf seinem Schloss bei Bordeaux lebte. Den
St.-Michaels-Orden, Abzeichen eines königlichen Ritterordens, hatte er für seine Verwaltungsarbeit in Bordeaux 1771 durch
Karl IX. erhalten. Seine ab 1580 verfassten "Essays" wurden Weltliteratur.
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Michel de Montaigne
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Der Montaigne in den Mund gelegte Vorwurf an die Hugenotten, dass sie schon durch ihr Auftreten die katholische Mehrheit provozierten, ist einem
seiner Essays entnommen (siehe unter
QUELLEN). Insgesamt war Montaignes Haltung den
Hugenotten gegenüber
sehr viel ablehnender, als es in Meyers Darstellung erscheint.
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"Eben kam ich vorüber, als der Herzog Heinrich vor seinem Palaste abstieg und den umstehenden Bürgern die Hände
schüttelte ..."
Herzog Heinrich ist Heinrich I. von Guise (1550-1588), einer der mächtigen 'Guisen', die die katholische Partei gegen die Hugenotten
anführten.
Achtes Kapitel
Der rote Abdruck des Siegels mit seiner Devise: Pèlerin et Voyageur! war diesmal unmäßig groß geraten.
Pèlerin et Voyageur! = Pilger und Reisender!
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Heute nun ist Bartholomäustag.
Der Tag des Heiligen Bartholomäus ist der 24. August. Meyer irrt sich hier allerdings in der Zuordnung der 'Bartholomäusnacht'.
Tatsächlich war es die Nacht vor Anbruch dieses Tages, in der die Ermordung der Hugenotten begann, so dass sie am 24. August schon
in vollem Gange war und bis zum 26. anhielt.
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... deren Untergang ihn zum willenlosen Sklaven seiner ehrgeizigen Vettern von Lothringen machen musste?
Die Vetter von Lothringen sind die Guisen, Herzöge von Lothringen.
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Der König hatte heftig gezürnt über die Verwundung des Admirals.
Der König, Karl IX., war nach dem Attentat auf Coligny noch gewillt, die Täter oder Hintermänner vor Gericht zu stellen, ahnte
also noch nichts von der Mitschuld seiner Mutter. Das zwang diese zu einer 'Flucht nach vorn', sofern sie nicht ohnehin einen Plan dieser Art hatte.
Karl IX. wurde eingeredet, dass die Hugenotten sich an der Königsfamilie für den Anschlag auf Coligny rächen wollten und man ihnen
durch die Ermordung von etwa 300 ihrer führenden Männer zuvorkommen müsse. Karl IX. verlangte daraufhin ein weit härteres
Vorgehen und wurde so zur treibenden Kraft in der Inszenierung der 'Bartholomäusnacht'.
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Karl IX.
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Mir zunächst der König ... Neben ihm lehnte sein Bruder, der Herzog von Anjou, mit dem schlaffen, weibisch grausamen Gesichtchen
und schlotterte vor Furcht.
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Der Herzog von Anjou
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Der Herzog von Anjou, zu diesem Zeitpunkt 21 Jahre alt und in allem mit seiner Mutter übereinstimmend, war maßgeblich
an der Organisation der Mordzüge beteiligt. Auch später - nach dem Tod Karls IX. - wurde er als König Heinrich III. von ihr
dirigiert. Als er sich 1589, um nicht von den Guisen entmachtet zu werden, mit dem Hugenotten Heinrich von Navarra - dann Heinrich IV. - verbündete,
wurde er von einem Katholiken erstochen.
Hinter ihnen, bleich und regungslos, die Gefassteste von allen, stand Katharina, die Medicäerin ...
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Katharina von Medici
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Die Medicäerin, also Katharina von Medici, war nicht nur die Initiatorin des Massenmordes, sie ließ sich nach Berichten von Zeitzeugen
in den nächsten Tagen auch selbst in Paris herumführen, um sich einzelne Opfer anzusehen.
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Der Admiral lag ermordet, daran konnte ich nicht mehr zweifeln ... Wurden alle Hugenotten in Paris gemeuchelt?
Coligniy wurde noch in der Nacht von einem Trupp Katholiken unter Führung des Herzogs von Guise in seinem Haus erstochen
und aus dem Fenster geworfen. Außer den hugenottischen Führern wurden aber auch massenhaft Angehörige,
Dienstboten, Mitbewohner umgebracht und von schnell sich bildenden privaten Mordtrupps vor allem Wohlhabende. Ihre Häuser wurden
geplündert, die Frauen vergewaltigt, die Leichen oft noch verstümmelt. Die Anordnungen des Königs, das Töten einzustellen,
wurden nicht beachtet. Erst nach drei Tagen konnte die Ordnung einigermaßen wieder hergestellt werden.
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Da plötzlich erhob sich aus ihren Wellen ... eine Flussgöttin auf ihre sprudelnde Urne gestützt, wie sie in Fontainebleau an den
Wasserkünsten sitzen ...
Das Schloss Fontainebleau, 60 Kilometer südöstlich von Paris, hat Franz I., der Mann von Katharina von Medici und Vater ihrer
Söhne, von 1530 an errichten lassen. Wieso und wann Schadau dort hingelangt ist, erfährt man allerdings nicht.
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Das Schloss Fontainebleau
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Für die Flussgöttin denkt Meyer sicherlich an die 'Nymphe von Fontainebleau', ein vier Meter breites Bronzerelief von Benvenuto
Cellini (1500-1572), das 1544 dort am 'Goldenen Tor' angebracht wurde, aber schon im 19. Jahrhundert im Louvre ausgestellt war.
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Die 'Flussgöttin' von Benvenuto Cellini
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"... nehmt zwei Eurer Leute, Herr Boccard, und überbringt eigenhändig diese Ordre dem Kommandanten der Bastille." -
Bastille = die Festung (später Gefängnis) am östlichen Stadtrand des damaligen Paris, mit deren Erstürmung am 14. Juli
1789 die Französische Revolution beginnt.
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Die Bastille im Merian-Plan von 1615
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Neuntes Kapitel
Die Hugenotten vom Gefolge des Königs von Navarra lagen hier, frisch getötet, manche noch röchelnd, in Haufen
übereinander. Längs der Seine weiter eilend begegneten wir auf jedem Schritte einem Gräuel.
Der 'Bartholomäusnacht' fielen in Paris wahrscheinlich 3000 Menschen zum Opfer, nach manchen Schätzungen auch mehr. Weit
höher war die Zahl der Opfer aber im übrigen Frankreich, wohin die Kunde von der Vernichtung der Hugenotten rasch drang. Nach
Schätzungen wurden dort mehr als 10 000 Menschen umgebracht.
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Die Bartholomäusnacht. Gemälde von F. Dubois
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Über die Einzelheiten des Geschehens und die grässlichen Rohheiten, die dabei vorkamen, gibt es viele zeitgenössische Berichte.
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Ich bahnte mir mit meiner Hallebarde den Weg ...
Hallebarde = 'Hellebarde', Schlag und Stoßwaffe mit längerem Schaft.
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Aert de Gelder: Mann mit Hellebarde (um 1700)
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"Seht, als ein vorsichtiger Mann ließ ich mir für alle Fälle von meinem gnädigen Herzog
Heinrich für mich und meine Leute ... die nötigen Reisepapiere geben."
Herzog Heinrich = der schon wiederholt genannte 'Guise' Heinrich I., Herzog von Lothringen, der persönlich das Mordkommando gegen
Coligny anführte.
"Einer der Pässe ... lautet auf einen beurlaubten königlichen Schweizer, den Furier Koch."
Furier = der für Unterkunft, Verpflegung, Nachschub usw. verantwortliche Soldat in einem Truppenteil. - Das Passierrecht
für einen solchen Soldaten leuchtete immer ein.
"Da kann ich Euch denn zwei Gäule abtreten, einen sogar mit Damensattel ..."
Damensattel = ein Sattel mit einem großen Knauf zum Festhalten, auf dem seitlich gesessen wurde. Noch bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts kam für Frauen ein Reiten in Hosen nicht infrage.
"Ihr gebt mir dafür vierzig Goldgulden ..."
Goldgulden = eine Münze von 3,4 Gramm Goldgewicht, im 16. Jahrhundert allerdings schon zu Teilen mit Silber versetzt. Der
Begriff ist eigentlich ein Pleonasmus, da auch in 'Gulden' das Wort Gold steckt, doch waren auch reine Silbergulden schon in Umlauf.
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Ein Goldgulden aus dem 15. Jahrhundert
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