[Dritter Teil]
Besonders beunruhigte ihn ein reiches Fräuleinstift namens Erlabrunn, das an den Ufern der Mulde lag ...
... dass er in einem Elbdorf ... um Mitternacht in einem Nachen ohne Steuer und Ruder angekommen und mit einem Dorffuhrwerk nach Erlabrunn
weitergereiset sei.
... so ließ er den Haufen aufsitzen und stand schon in drei Stunden vor Erlabrunn.
Das Stift Erlabrunn gibt es nicht, es lässt sich aber aufgrund der Treibfahrt des Junkers auf der Elbe und der Dauer des Rittes dorthin in der
Gegend von Eilenburg an der Mulde annehmen (siehe Karte).
Hier wie auch im Weiteren erweist sich, dass Kleist, so wenig Interesse er an der historisch richtigen Ausstattung der Schauplätze hat, in ihrer
räumlichen Anordnung sehr genau ist. Er bewegt sein Personal auf der Landkarte wie ein Feldherr, der eine Schlacht lenkt: Richtungen,
Entfernungen, Rittdauer und Ruhezeiten, alles wird den realen Verhältnissen entsprechend berücksichtigt. Wenn irgendwo, dann
zeigt sich hier, dass ihm eine militärisch-strategische Ausbildung zuteil geworden ist.
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... dass er in der Tat dreißig und etliche Köpfe zählte, als er sich zur Einäscherung von Wittenberg auf die rechte
Seite der Elbe zurückbegab.
Das rechtselbisch gelegene Wittenberg wird ganz seiner realen Lage entsprechend in die Handlung einbezogen. Kleist selbst hat die
Stadt auf seiner Würzburger Reise (siehe
ENTSTEHUNG) kennengelernt und seiner
Verlobten am 30. August 1800 dazu geschrieben:
In Wittenberg wäre manches Interessante zu sehen gewesen, z. B. Doktor
Luthers und Melanchthons Grabmale ... Aber das Vergnügen ist diesmal nicht Zweck unsrer Reise ...
... wobei die Reiter auf eine unbestimmte Art verlauten ließen, dass es nach der Pleißenburg gehe.
Die Pleißenburg stand am Stadtrand von Leipzig an der Stelle des heutigen Leipziger Rathauses. Sie wurde
im 16. Jahrhundert zu einem Teil der Stadtbefestigung ausgebaut und am Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen.
Kleist besichtigte sie im Frühjahr 1793 unterwegs zu seinem Regiment nach Frankfurt am Main. Seiner Tante teilte er am
13. März 1793 mit: Ich besah mir noch die Pleissenburg und die umliegende Gegend; ich kann Ihnen aber
dieses unmöglich genau beschreiben, ich hätte zuviel zu tun.
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Die Pleißenburg im 18. Jahrhundert
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... und da er auch in Jessen einen Vorrat an Waffen aufgetrieben und seine Schar auf das Vollständigste damit ausgerüstet hatte ...
Jessen liegt 20 Kilometer südöstlich von Wittenberg und zeigt ein weiteres Mal Kleists bedachten Umgang mit den
Ortsbestimmungen an.
Demnach griff er schon Tags darauf den Prinzen von Meißen in einem nächtlichen Überfall bei Mühlberg an ...
Mühlberg an der Elbe hat auch in der sächsischen Geschichte als Schlachtort einer Rolle gespielt. Der sächsische Kurfürst,
dem in Kleists Novelle der Untergang seines Hauses auf geheimnisvolle Weise angekündigt, jedoch nicht mitgeteilt wird, wurde dort 1547 von
seinem Vetter Moritz von Sachsen vernichtend geschlagen und musste daraufhin seine Kurwürde an diesen abgeben (siehe unter
LEBENSWELT).
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Der Raum der Fehdezüge von Kohlhaas
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... fiel ihn bei dem Dorfe Damerow am hellen Mittag auf freiem Felde an ...
Ein Damerow gibt es zwischen Mühlberg und Dresden nicht, es ist in der Gegend der zerstörten Tronkenburg anzunehmen.
Dabei rief er von dem Lützner Schloss aus ... das Volk auf, sich zur Errichtung einer besseren Ordnung der Dinge an ihn anzuschließen ...
Das Lützener Schloss, ein burgähnlicher Bau aus dem 13. Jahrhundert, ist durch die Schlacht von Lützen im Jahre 1632, bei der
Gustav Adolf von Schweden den Tod fand, in die Geschichtsbücher eingegangen. Kleist kam im März 1793 dort vorbei und schrieb an
seine Tante, dass er den Gedenkstein gesehen habe, welcher uns an den großen meuchelmördrisch gefallenen Gustav Adolf
erinnerte.
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Das Schloss von Lützen
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