Anmerkungen


1) G. Lukacs, Der alte Fontane (1951); zit. nach Erläuterungen und Dokumente zu Th. Fontanes "Effi Briest", hrsg. v. W.Schafarschik. Stuttgart 1972 (=Reclams UB 8119), S.134.

2) "Effi Briest"(1974). Vgl. auch die Analyse von J. Wolff, Verfahren der Literaturrezeption im Film. In: Der Deutschunterricht 33 (1981), Heft 4, S.47-67.

3) Fontanes eigene Angabe und Einschätzung in seinem Tagebuch; vgl. Theodor Fontane. Der Dichter über sein Werk, hrsg. v. R.Brinkmann. München 1977, Bd.2, S. 455.

4) Fontane an C. Kühnast am 27.10.1895. In: Theodor Fontane. Der Dichter über sein Werk, Bd.2, S.452.
 
5) W. Jensch in der "Magdeburgischen Zeitung" vom 11.1.1882; zit. nach Th. Fontane, Romane und Erzählungen, hrsg. v. P.Goldammer u.a. Berlin, Weimar 1969, Bd.3, S.559f.
 
6) Fontane an P Schlenther am 22.6.1888. In: Der Dichter über sein Werk, Bd.2, S. 385.
 
7) Hans Werner Seiffert, Fontanes ,Effi Briest' und Spielhagens ,Zum Zeitvertreib'. In: Studien zur neueren deutschen Literatur, hrsg. v. H.W.Seiffert. Berlin 1964, S.255-300. Das gesamte Material des Falles aus den Familienunterlagen der Ardennes hat zu einer romanhaften Biographie (mit abwegigen Erfindungen) verarbeitet: Horst Budjuhn, Fontane nannte sie Effi Briest. Das Leben der Elisabeth von Ardenne. Berlin 1985.
 
8) Effi Briest, 27.und 29.Kapitel.In: Theodor Fontane, Werke, Schriften und Briefe, hrsg v. W.Keitel und H.Nürnberger. München 1963, Abt.I, Bd.4, S.236 und 243. (Nach dieser Ausgabe wird im folgenden zitiert.)
 
9) Eines der letzten Argumente, das Innstetten für sein Nicht-mehr-Zurückkönnen ins Feld führt, lautet, daß Effi sich in Gegenwart von Wüllersdorf über die Untreue anderer Frauen mokieren könnte und er, Innstetten, dann nicht wüßte, wo er ,mit seinen Blicken hin soll' - eine sonderbare Befürchtung, wenn man bedenkt, wie taktvoll Effi dargestellt ist und als wie taktvoll auch Innstetten sie kennen sollte.
 
10) Effi Briest, 27.Kapitel, S.234. Daß Fontane diese Unwahrscheinlichkeit nicht bemerkt hat, könnte allerdings auch damit zu tun haben, daß es in der Ardenne-Geschichte dieses Problem nicht gab, weil hier gerade umgekehrt der Herausforderer der Berufsoffizier und der Geforderte der Zivilist war. Er hatte in diesem Punkt ihre Rollen getauscht, um die Identifizierung zu erschweren. Vgl. Reclams Erläuterungen, S.111.
 
11) In der Reichstagssitzung am 13.12.1886, die schon vor dem Ardenne-Duell (27.11.1886) anberaumt worden war, wurde der Antrag eines Zentrumsabgeordneten verhandelt, dem "immer weiter um sich greifenden Duellwesen" durch eine Verschärfung der Strafbestimmungen und andere Maßnahmen entgegenzutreten. Der Reichstag verwies den Antrag an eine Kommission. Die Darstellung der Debatte bei Budjuhn (Fontane nannte sie Effi Briest, S. 108-113), der behauptet, der Antragsteller habe als erstes Beispiel den Ardenne-Fall angeführt, ist falsch; die betreffenden Zitate sind ebenso wie viele weitere erfunden. Vgl. Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, VI. Legislaturperiode, IV. Session. Berlin 1887, S. 173-194.
 
12) Daß Fontane die Ardenne-Geschichte erst zwei oder drei Jahre nach dem Duell erfuhr, hat er selbst erklärt. Als Schauplatz nennt er ,Bonn', während tatsächlich die Vorgeschichte in Düsseldorf spielte und das Duell in der Umgebung Berlins stattfand. Vgl. Reclams Erläuterungen, S. 108ff.
 
13) Der Fall hatte sich 1886 in Angerburg (Ostpreußen) zugetragen. Vgl. Vossische Zeitung vom 10.12.1886.
 
14) Fontane an M.Harden am 19.4.1896. In: Der Dichter über sein Werk, Bd.2, S. 461.
 
15) Seiffert, Fontanes ,Effi Briest', S. 265.
 
16) Fontane an G.Weiß am 14.8.1889.In: Th. Fontane, Briefe in zwei Bänden, hrsg.v. G.Erler. München 1981. Bd.2, S. 227.
 
17) Fontane über Ibsens "Gespenster" (13.1.1887). In: Th. Fontane, Schriften zur Literatur, hrsg.v. H.-H. Reuter. Berlin 1960, S. 187.
 
18) Fontane an C. Kühnast (siehe Anm.4).
 
19) Effi Briest, 32.Kapitel, S. 266.
 
20) Franz Servaes, Der alte Fontane und sein jüngstes Werk. In: Die Zeit 2/3, Nr. 63, Wien, 14.12.1895, S. 170-172. Wiederabgedruckt bei Christian Grawe, Th.Fontane, Effi Briest. Frankfurt a.M. 21988 (=Grundlagen und Gedanken zum Verständnis erzählender Literatur), S.116f.
 
21) Fontane an Unbekannt am 12.6.1895. In: Der Dichter über sein Werk, Bd.2, S. 747. Daß Frau von Ardenne erst 1952, im Alter von 99 Jahren gestorben ist, taucht diese Bemerkung in ein besonders ironisches Licht.
 
22) Effi Briest, 2.Kapitel, S. 18.
 
23) Effi Briest, 36.Kapitel, S. 295f.
 
24) Fontane über Ibsens "Gespenster" (siehe Anm.17, S.185).
 
25) Effi ist dem historischen Gerüst des Romans zufolge 1861 geboren, heiratet 1878 und stirbt 1890. Vgl. dazu die Datenaufstellung bei Grawe, Th Fontane, Effi Briest, S. 52. Grawe geht - bei genauester innerer Zählung - wegen der Anspielung auf den Bau des Friedrich-Mausoleums allerdings von einem Ende der Handlung im Jahre l889 aus und datiert deshalb alle Ereignisse ein Jahr früher. Mir scheint der Hinweis auf die Oberammergauer Festspiele im Jahr der Ubersiedlung nach Berlin (24. Kapitel) der deutlichere Fixpunkt zu sein. Sie fanden, wie jeder wußte, jeweils zum Wechsel des Jahrzehnts statt, was hier nur 1880 sein kann, so daß die Handlung also 1878 einsetzt. Kleine Unstimmigkeiten im Zeitgerüst gibt es bei Fontane ja oft, er mag für das Ende also einfach ein in der Zeitraffung der Schlußkapitel angenommenes Jahr übersehen haben.
 
26) Im Jahre 1874 waren in Preußen noch 12,8% der heiratenden Frauen unter zwanzig Jahre alt, 1882 nur noch 8,4% und l890 8%. Der Anteil der Ehen zwischen unter 20jährigen Frauen und 30 bis 40 Jahre alten Männern lag in Preußen im Jahre 1874 bei zwei Prozent, 1882 bei knapp über einem Prozent und 1890 schon unter einem Prozent. Die Mehrzahl der Ehen wurde schon damals unter Angehörigen des gleichen Altersjahrzehnts geschlossen (1874=55%, 1882=62%, l890=64%), vorwiegend natürlich unter den 20- bis 30jährigen (von 50% über 55% auf 57% ansteigend). Vgl. Jahrbuch für die amtliche Statistik des Preußischen Staats, Bd.IV,1 (Berlin 1876) und Preußische Statistik, Bd.74 (Berlin 1884) und Bd.117 (Berlin 1892).
 
27) Für Walter Müller-Seidel (Th Fontane. Soziale Romankunst in Deutschland. Stuttgart 1975, S. 360 f.) steht der Altersunterschied zwischen Innstetten und Effi für den Gegensatz zwischen alten und jungen gesellschaftlichen Kräften und soll auf die Notwendigkeit eines sozialen Wandels hinweisen. Abgesehen davon, daß Effi nichts gesellschaftlich Neues verkörpert, muß man auch wohl bezweifeln, daß sich Fontane für den Gegensatz von Alt und Neu - man denke an den "Stechlin" - einer so schlichten Konstruktion bedient hätte.
 
28) Es war das Buch von Ellen Key, Das Jahrhundert des Kindes (Berlin 1902), das die reformpädagogische Bewegung einleitete.
 
29) Christian David Friedrich Palmer, Evangelische Pädagogik. Tübingen 1852; zit. nach Erich Dauzenroth, Kleine Geschichte der Mädchenbildung. Ratingen, Wuppertal 1971, S.145.
 
30) Während im Jahre 1874 in Preußen immerhin noch 2% der Ehen zwischen einer Frau unter 20 und einem Mann über 30 geschlossen wurden (siehe Anm.26), waren es 1913 nur noch 0,8% und 1929 sogar nur mehr 0,4%. Der Anteil der im gleichen Altersjahrzehnt geschlossenen Ehen lag demgegenüber 1874 noch bei nur erst 55%, 1913 bei 66% und 1929 bei 67%. Innerhalb der Gruppe der 20- bis 30jährigen heirateten 1874 50%, 1913 59% und 1929 60%. Angaben nach: Preußische Statistik, Bd.245 (Berlin 1914) und Bd.301 (Berlin 1930) Der Anteil der vor dem 20. Lebensjahr heiratenden Frauen nahm übrigens nach 1920 wieder zu (1962 erreichte er 15%), hier nun aber nicht mehr wegen der Abhängigkeit, sondern wegen der Unabhängigkeit von den Eltern, d. h. wegen der Zunahme von Frühehen unter Gleichaltrigen.
 
31) Else von Plotho, wie Effi frei und ungebunden aufgewachsen, hat sich der Werbung des fünf Jahre älteren und ihr zunächst nicht besonders sympathischen Ardenne keineswegs sofort gefügt, sondern die Verlobung kam erst zustande, nachdem sich dieser - von ihrer Mutter ermutigt - längere Zeit um sie bemüht hatte. Ein anderes aufschlußreiches Beispiel dieser Art findet sich bei Marga Berck, Sommer in Lesmona, Reinbek 1964, den Briefen einer Neunzehnjährigen (geboren 1875) an ihre Freundin.
 
32) Effi Briest, 3.Kapitel, S.20.
 
33) Effi Briest, 4.Kapitel, S.34.
 
34) Effi Briest, 5.Kapitel, S.39.
 
35) Effi Briest, 5.Kapitel, S.40.
 
36) Effi Briest, 4., 10. und 13.Kapitel, S.34, 82 und 102.
 
37) Effi Briest, 3.Kapitel, S.20.
 
38) Effi Briest, 9.Kapitel, S.69.
 
39) Effi Briest, 36.Kapitel, S.294.
 
40) Fontane an F.Spielhagen am 15.2. und am 24 11 1896. In: Der Dichter über sein Werk, Bd.2, S.456 und 467.
 
41) Wie Wayne C.Booth (Die Rhetorik in der Erzählkunst. Heidelberg 1974) dargelegt hat, ist es im Gefolge der perspektivischen Erzählweise, also wenn der Erzähler sich hinter die Wahrnehmungen seiner Figuren gänzlich zurückzieht, ja sogar dazu gekommen, daß man als Leser Bosheit, Gehässigkeit, Mordlust usw. als verständliche, ja sympathische Einstellungen erfahren kann. Bei dieser Form allerdings ist man sich im allgemeinen der Tatsache bewußt, daß es sich um eine Perspektive handelt, die den üblichen moralischen Grundsätzen widerspricht, während in der auktorialen Erzählung die ,unrechte' Sicht der Dinge oft unbemerkt bleibt.
 
42) Fontane an E. Heilborn am 24.11.1895. In: Der Dichter über sein Werk, Bd.2, S.454f.
 
43) Fontane an H.Hertz am 2.3.1895 In: ebd., S.448.
 
44) Fontane an C.Kühnast (siehe Anm.4).
 
45) Fontane an H.Hertz (siehe Anm.43).
 
46) Erinnert sei nur an den Eindruck, den sie - außer auf Innstetten - auf Gieshübler, Crampas und sogar ihre Dienstmädchen macht, ebenso an die ihr immer wieder zuteil werdenden Komplimente, aber auch an die mokanten Bemerkungen älterer Damen über sie u.a.
 
47) Effi Briest, 13.Kapitel, S.103.
 
48) V.Widmann am 17.11.1895 im Berner "Bund"; zit. nach Reclams Erläuterungen, S.119f.
 
49) F.Spielhagen in seiner Studie "Einst und jetzt. ,Die Wahlverwandtschaften' und ,Effi Briest"'(1896); zit. nach Reclams Erläuterungen S.125.
 
50) E. von Bodenhausen in einem Brief von 1896; zit. nach Reclams Erläuterungen, S.129.
 
51) M.Harden in "Ceremonienmeister". In: Die Zukunft 5 (1896), S.97 (18.4 1896).
 
52) Th. Mann, Anzeige eines Fontane-Buches (1919). In: ders., Das essayistische Werk, hrsg. v. H.Bürgin. Frankfurt a.M. 1968, Bd.1, S.105.
 
53) H.Mann, Theodor Fontane, gestorben vor 50 Jahren (1948). In: ders., Briefe an K.Lemke und K.Pinkus. Hamburg 1964, S.175.
 
54) Lukacs (siehe Anm.1).
 
55) S.Beckett, Das letzte Band (1958). Frankfurt a.M. 1974, S.40.
 
56) Fontane an C.Kühnast (siehe Anm.4).
 
57) Hanni Mittelmann, Die Utopie des weiblichen Glücks in den Romanen Theodor Fontanes. Bern, Frankfurt a.M. 1980, S.50.
 
58) Ebd., S.47-50.
 
59) Außer bei Mittelmann auch bei Hanna Geffcken, Effi Briest und Madame Bovari. In: Das literarische Echo 23 (1921),Sp.524-528. Ebenso bei Mary Enole Gilbert, Fontanes ‘Effi Briest'. In: Der Deutschunterricht 11(1959), Heft 4, S.63-75.
 
60) Effi Briest, 4.Kapitel, S.30.
 
61) Effi Briest, 13.Kapitel, S.103.
 
62) Als ,Kindfrau' wird Effi in der Fontane-Literatur verschiedentlich charakterisiert, ohne daß allerdings daraus etwas gefolgert wird. Am Auffälligsten ist dies bei Peter Klaus Schuster (Th. Fontane: Effi Briest - Ein Leben nach christlichen Bildern. Tübingen 1978, S.84 f.), der sogar die historische Bedeutung des Kindfrau-Musters anzeigt, dies aber bei seiner gesellschaftskritischen Interpretation des Romans nirgendwo berücksichtigt.
 
63) Vgl.dazu Brigitte Reng, Reinhard Redhardt, Prostitution bei männlichen und weiblichen Jugendlichen. Stuttgart 1968, S. 52f. Beim Tatbestand der ,Verführung Minderjähriger' spielt der Lolita-Typus allerdings eine gewisse Rolle, wenn auch mehr im vorpubertären Alter. Vgl. Thea Schönfelder, Die Initiative des Opfers. In: Das sexuell gefährdete Kind, hrsg. v. F.G. von Stockert. Stuttgart 1965, S.109-115.
 
64) Theodor Hermann Pantenius, Theodor Fontane. In: Daheim. Ein deutsches Familienblatt, Jg.35 (1899), Nr.4, S.56-59.
 
65) F.Poppenberg in "Die Nation" vom 16.11.1895; zit. nach Reclams Erläuterungen, S.116.
 
66) Als Arbeiten zu diesem Thema seien genannt Ariane Thomalla, Die ,femme fragile'. Ein literarischer Frauentypus der Jahrhundertwende. Düsseldorf 1972. Regina Schaps, Hysterie und Weiblichkeit. Frankfurt, New York 1982. Nicht zugänglich war mir Brigitte Nowak, Femme ange und femme fatale im französischen Roman des 19. Jahrhunderts. Diss. Wien 1981.
 
67) Vgl. dazu Gert Wolffram, Der Sex-Appeal. München 1958.
 
68) Auf den Zusammenhang zwischen dem Ideal der Kindfrau und der beginnenden Emanzipation weist auch schon Thomalla (Die ,femme fragile', S.75) hin.
 
69) Vgl. Heinz G. Schmidt, Der neue Sklavenmarkt. Geschäfte mit Frauen aus Übersee. Basel 1985; Die verkauften Lolitas. In: Der Spiegel 22/1977. S. 174-183.
 
 
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©Bernd W. Seiler, Januar 1999