
Solche Karten trafen nun täglich ein, aus Innsbruck, aus
Verona, aus Vicenza, aus Padua, eine jede fing an: »Wir haben
heute Vormittag die hiesige berühmte Galerie besucht,«
oder, wenn es nicht die Galerie war, so war es eine Arena oder
irgendeine Kirche »Santa Maria« mit einem Zunamen. Aus
Padua kam, zugleich mit der Karte, noch ein wirklicher Brief.
»Gestern waren wir in Vicenza. Vicenza muß man sehn
wegen des Palladio; Geert sagte mir, daß in ihm alles Moderne
wurzele. Natürlich nur in Bezug auf Baukunst. Hier in Padua
(wo wir heute früh ankamen) sprach er im Hotelwagen etliche
Male vor sich hin: 'Er liegt in Padua begraben', und war überrascht,
als er von mir vernahm, daß ich diese Worte noch nie gehört
hätte. Schließlich aber sagte er, es sei eigentlich
ganz gut und ein Vorzug, daß ich nichts davon wüßte.
Er ist überhaupt sehr gerecht. Und vor allem ist er engelsgut
gegen mich und gar nicht überheblich und auch gar nicht alt.
Ich habe noch immer das Ziehen in den Füßen, und das
Nachschlagen und das lange Stehen vor den Bildern strengt mich
an. Aber es muß ja sein. Ich freue mich sehr auf Venedig.
Da bleiben wir fünf Tage, ja, vielleicht eine ganze Woche.
Geert hat mir schon von den Tauben auf dem Markusplatz vorgeschwärmt,
und daß man sich da Tüten mit Erbsen kauft und dann
die schönen Tiere damit füttert. Es soll Bilder geben,
die das darstellen, schöne blonde Mädchen, 'ein Typus
wie Hulda,' sagte er. Wobei mir denn auch die Jahnke'schen Mädchen
einfallen. Ach, ich gäbe 'was drum, wenn ich mit ihnen auf
unserm Hof auf einer Wagendeichsel sitzen und
unsere Tauben füttern
könnte. Die Pfauentaube mit dem starken Kropf dürft
ihr aber nicht schlachten, die will ich noch wiedersehen. Ach,
es ist so schön hier. Es soll ja auch das Schönste sein.
Eure glückliche, aber etwas müde Effi.«