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Neuntes Kapitel
Sprung zum Absatz 15 des Romantextes
Eine Woche später war Bismarck in Varzin, und nun wußte Innstetten, daß bis Weihnachten und vielleicht noch darüber hinaus, an ruhige Tage für ihn gar nicht mehr zu denken sei.
Varzin: Nach dem Sieg über Österreich und der Gründung des Norddeutschen Bundes im Jahre 1867 hatte Bismarck für seine Verdienste um Preußen vom preußischen Landtag ein Geschenk von 400 000 Reichstalern erhalten mit der Empfehlung, sich ein Gut davon zu kaufen. Seiner Frau Johanna von Puttkamer zuliebe erwarb er das verwaiste Varzin, ein Gut mit einem riesigen Park, das sie aus ihrer Jugend kannte und auf das sie sich dann ebenso wie Bismarck oft für Wochen oder gar Monate zurückzog. Für Besuch, auch politisch-offiziellen, wurde eigens ein Gästehaus angebaut, denn natürlich musste Bismarck seine Amtsgeschäfte auch von dieser Stelle aus wahrnehmen können.
Das 1867 von Bismarck erworbene Gutshaus von Varzin.
Wenn Innstetten zu einem Besuch in Varzin eingeladen - richtiger: einbestellt - wird, entspricht das also durchaus Bismarcks Gepflogenheiten. Nicht ganz verständlich erscheint, dass er im Winter noch in spätester Nacht nach Kessin zurückkehren muss. Immer wieder wird für solche Besuche betont, dass Bismarck ein ebenso aufmerksamer wie unkomplizierter Gastgeber gewesen sei - sollte er wirklich einen Landrat mitten in der Nacht entlassen und ihm zugemutet haben, bis morgens um sechs nach Haus unterwegs zu sein? Noch dazu, wo er für diesen Landrat, wie es in Kapitel 15 heißt, ein 'liking' hat, ihn also besonders schätzt? Die nächstliegende Erklärung ist, dass Fontane die Verhältnisse in Varzin nicht kannte und sich nicht vorstellen konnte, dass ein solcher Besucher dort auch noch über Nacht blieb. Tatsächlich ist von diesen Dingen in größerem Umfang auch erst nach Bismarcks Tod berichtet worden.