
Damit aber nähert man sich dem Kern von Fontanes Intention. Was er behandeln
wollte, war das Schicksal einer unschuldig schuldig gewordenen jungen Frau, beinahe
eines Kindes noch und so dem Leben zugetan, dass sie die Engherzigkeit der Erwachsenen-Moral
kaum begreift. Da sie Crampas nicht liebt, soll sie der Ehebruch
nicht belasten oder jedenfalls längst wieder gutgemacht sein, als sie die Strafe
dafür dennoch erreicht. Das belegt auch die Entstehungsgeschichte.
Das für Fontane 'erregende Moment' war ja nicht das Duell oder der Ehekonflikt, sondern die
mädchenhafte Gestalt Effis selbst, also das "Else komm" bei der Verlobung, von dem
man ihm berichtet hatte, und die "kleine Methodistin" auf dem Hotelbalkon in Thale,
die ihm das äußere Erscheinungsbild für sie lieferte. Diese Gestalt hat er
sich dann gegen jede Beschädigung, die ihr aus der Handlung hätte erwachsen
können, zu bewahren gesucht, bis hin zu der Unwahrscheinlichkeit, dass Effi
am Ende, mit 29 Jahren, noch wieder ein eben solches Kittelkleid trägt wie am Anfang
mit sechzehn. Mit einer Elisabeth von Ardenne, die - mit dreißig an ihrer Ehe
zweifelnd - Anstalten macht, sich von ihrem Mann und vielleicht auch zwei Kindern zu
trennen, um einen seinerseits geschiedenen Vater von drei Kindern zu heiraten, hätte er
nichts anzufangen gewusst. Das war auch aus seiner Sicht mehr verwerflich als Mitleid erregend,
eine Gloriole von Sympathie um eine solche Frau zu weben wäre ihm nicht
eingefallen.