Das ist alles garstiges Gewäsch, was ich da von ihr sage,
leidige Abstraktionen, die nicht einen Zug ihres Selbst
ausdrücken. Ein andermal - nein, nicht ein andermal,
jetzt gleich will ich dirs erzählen. Tu ich's jetzt nicht, so
geschäh es niemals. Denn, unter uns, seit ich angefangen
habe zu schreiben, war ich schon dreimal im Begriffe, die
Feder niederzulegen, mein Pferd satteln zu lassen und
hinauszureiten. Und doch schwur ich mir heute früh,
nicht hinauszureiten, und gehe doch alle Augenblick ans
Fenster, zu sehen, wie hoch die Sonne noch steht. - - -
Ich schrieb dir neulich, wie ich den Amtmann S.. habe
kennen lernen, und wie er mich gebeten habe, ihn bald in
seiner Einsiedelei, oder vielmehr seinem kleinen König
reiche zu besuchen. Ich vernachlässigte das, und wäre
vielleicht nie hingekommen, hätte mir der Zufall nicht den
Schatz entdeckt, der in der stillen Gegend verborgen liegt.
Unsere jungen Leute hatten einen Ball auf dem Lande
angestellt, zu dem ich mich denn auch willig finden ließ.
Ich bot einem hiesigen guten, schönen, übrigens unbedeutenden
Mädchen die Hand, und es wurde ausgemacht, daß ich eine Kutsche
nehmen, mit meiner Tänzerin und ihrer Base nach dem Orte der
Lustbarkeit hinausfahren, und auf dem Wege Charlotten S.. mitnehmen
sollte. - Sie werden ein schönes Frauenzimmer kennen lernen, sagte
meine Gesellschafterin, da wir durch den weiten ausgehauenen Wald nach
dem Jagdhause fuhren. - Nehmen Sie sich in acht, versetzte die Base, daß
Sie sich nicht verlieben! - Wieso? sagte ich. - Sie ist schon vergeben,
antwortete jene, an einen sehr braven Mann, der weggereist ist,
seine Sachen in Ordnung zu bringen, weil sein Vater gestorben ist, und
sich um eine ansehnliche Versorgung zu bewerben. - Die Nachricht war
mir ziemlich gleichgültig.
Die Sonne war noch eine Viertelstunde vom Gebirge,
als wir vor dem Hoftore anfuhren. Es war sehr schwül,
und die Frauenzimmer äußerten ihre Besorgnis wegen
eines Gewitters, das sich in weißgrauen dumpfichten
Wölkchen rings am Horizonte zusammenzuziehen schien. Ich täuschte
ihre Furcht mit anmaßlicher Wetterkunde, ob mir gleich selbst zu
ahnen anfing, unsere Lustbarkeit werde einen Stoß leiden.
Ich war ausgestiegen, und eine Magd, die ans Tor kam,
bat uns einen Augenblick zu verziehen, Mamsell Lottchen
würde gleich kommen. Ich ging durch den Hof nach dem
wohlgebauten Hause, und da ich die vorliegenden Treppen
hinaufgestiegen war und in die Tür trat, fiel mir das
reizendste Schauspiel in die Augen, das ich je gesehen
habe. In dem Vorsaale wimmelten sechs Kinder von eilf
zu zwei Jahren um ein Mädchen von schöner Gestalt,
mittlerer Größe, die ein simples weißes Kleid,
mit blaßroten Schleifen an Arm und Brust, anhatte. Sie hielt ein
schwarzes Brot und schnitt ihren Kleinen rings herum
jedem sein Stück nach Proportion ihres Alters und Appetits ab,
gabs jedem mit solcher Freundlichkeit, und jedes
rief so ungekünstelt sein: Danke! indem es mit den kleinen
Händchen lange in die Höhe gereicht hatte, ehe es noch
abgeschnitten war, und nun mit seinem Abendbrote vergnügt,
entweder wegsprang, oder nach seinem stillern
Charakter gelassen davonging nach dem Hoftore zu, um
die Fremden und die Kutsche zu sehen, darin ihre Lotte
wegfahren sollte. - Ich bitte um Vergebung, sagte sie, daß
ich Sie herein bemühe und die Frauenzimmer warten
lasse. Über dem Anziehen und allerlei Bestellungen fürs
Haus in meiner Abwesenheit habe ich vergessen, meinen
Kindern ihr Vesperbrot zu geben, und sie wollen von
niemanden Brot geschnitten haben als von mir. - Ich
machte ihr ein unbedeutendes Kompliment, meine ganze
Seele ruhte auf der Gestalt, dem Tone, dem Betragen, und
ich hatte eben Zeit, mich von der Überraschung zu erholen,
als sie in die Stube lief, ihre Handschuhe und den
Fächer zu holen. Die Kleinen sahen mich in einiger
Entfernung so von der Seite an, und ich ging auf das jüngste
los, das ein Kind von der glücklichsten Gesichtsbildung
war. Es zog sich zurück, als eben Lotte zur Türe
herauskam und sagte: Louis, gib dem Herrn Vetter eine Hand.
Das tat der Knabe sehr freimütig, und ich konnte mich
nicht enthalten, ihn, ungeachtet seines kleinen Rotznäschens,
herzlich zu küssen. - Vetter? sagte ich, indem ich
ihr die Hand reichte, glauben Sie, daß ich des Glücks wert
sei, mit Ihnen verwandt zu sein? - O, sagte sie mit einem
leichtfertigen Lächeln: unsere Vetterschaft ist sehr
weitläufig, und es wäre mir leid, wenn Sie der schlimmste
drunter sein sollten. Im Gehen gab sie Sophien, der
ältesten Schwester nach ihr, einem Mädchen von ungefähr
eilf Jahren, den Auftrag, wohl auf die Kinder acht zu
haben, und den Papa zu grüßen, wenn er vom Spazierritte
nach Hause käme. Den Kleinen sagte sie, sie sollten ihrer
Schwester Sophie folgen, als wenn sies selber wäre, das
denn auch einige ausdrücklich versprachen. Eine kleine
naseweise Blondine aber, von ungefähr sechs Jahren,
sagte: Du bist's doch nicht, Lottchen, wir haben dich
doch lieber. - Die zwei ältesten Knaben waren hinten auf
die Kutsche geklettert, und auf mein Vorbitten erlaubte
sie ihnen, bis vor den Wald mitzufahren, wenn sie versprächen,
sich nicht zu necken, und sich recht fest zu halten.
Wir hatten uns kaum zurecht gesetzt, die Frauenzimmer
sich bewillkommt, wechselsweise über den Anzug,
vorzüglich über die Hüte ihre Anmerkungen gemacht,
und die Gesellschaft, die man erwartete, gehörig durchgezogen:
als Lotte den Kutscher halten und ihre Brüder
herabsteigen ließ, die noch einmal ihre Hand zu küssen
begehrten, das denn der älteste mit aller Zärtlichkeit, die
dem Alter von fünfzehn Jahren eigen sein kann, der
andere mit viel Heftigkeit und Leichtsinn tat. Sie ließ die
Kleinen noch einmal grüßen und wir fuhren weiter.
Die Base fragte, ob sie mit dem Buche fertig wäre, das
sie ihr neulich geschickt hätte? - Nein, sagte Lotte, es
gefällt mir nicht, Sie könnens wieder haben. Das vorige
war auch nicht besser. - Ich erstaunte, als ich fragte, was
es für Bücher wären? und sie mir antwortete:* - Ich fand
so viel Charakter in allem, was sie sagte, ich sah mit jedem
Wort neue Reize, neue Strahlen des Geistes aus ihren
Gesichtszügen hervorbrechen, die sich nach und nach
vergnügt zu entfalten schienen, weil sie an mir fühlte, daß
ich sie verstand.
* Man sieht sich genötigt, diese Stelle des Briefes zu unterdrücken,
um niemand Gelegenheit zu einiger Beschwerde zu geben. Obgleich
im Grunde jedem Autor wenig an dem Urteile eines
einzelnen Mädchens, und eines jungen Menschen gelegen sein
kann.
Wie ich jünger war, sagte sie, liebte ich nichts so sehr als
Romane. Weiß Gott wie wohl mir's war, wenn ich mich
sonntags so in ein Eckchen setzen, und mit ganzem Herzen an
dem Glück und Unstern einer Miß Jenny teilnehmen konnte.
Ich leugne auch nicht, daß die Art noch
einige Reize für mich hat. Doch da ich so selten an ein
Buch komme, so muß es auch recht nach meinem
Geschmack sein. Und der Autor ist mir der liebste, in dem
ich meine Welt wieder finde, bei dem es zugeht wie um
mich, und dessen Geschichte mir doch so interessant und
herzlich wird, als mein eigen häuslich Leben, das freilich
kein Paradies, aber doch im ganzen eine Quelle unsäglicher Glückseligkeit ist.
Ich bemühte mich, meine Bewegungen über diese
Worte zu verbergen. Das ging freilich nicht weit: denn da
ich sie mit solcher Wahrheit im Vorbeigehen vom Landpriester
von Wakefield, vom * reden hörte, kam ich ganz
außer mich, sagte ihr alles, was ich mußte, und bemerkte
erst nach einiger Zeit, da Lotte das Gespräch an die anderen
wendete, daß diese die Zeit über mit offenen Augen,
als säßen sie nicht da, dagesessen hatten. Die Base sah
mich mehr als einmal mit einem spöttischen Näschen an,
daran mir aber nichts gelegen war.
* Man hat auch hier die Namen einiger vaterländischer Autoren
ausgelassen. Wer Teil an Lottens Beifalle hat, wird es gewiß an
seinem Herzen fühlen, wenn er diese Stelle lesen sollte, und sonst
braucht es ja niemand zu wissen.
Wie ich mich unter dem Gespräche in den schwarzen
Augen weidete! wie die lebendigen Lippen und die frischen
muntern Wangen meine ganze Seele anzogen! wie
ich, in den herrlichen Sinn ihrer Rede ganz versunken, oft
gar die Worte nicht hörte, mit denen sie sich ausdrückte!
davon hast du eine Vorstellung, weil du mich kennst.
Kurz, ich stieg aus dem Wagen wie ein Träumender, als
wir vor dem Lusthause stille hielten, und war so in Träumen
rings in der dämmernden Welt verloren, daß ich auf
die Musik kaum achtete, die uns von dem erleuchteten
Saal herunter entgegen schallte.
Wir schlangen uns in Menuetts um einander herum; ich
forderte ein Frauenzimmer nach dem andern auf, und just
die unleidlichsten konnten nicht dazu kommen, einem die
Hand zu reichen und ein Ende zu machen. Lotte und ihr
Tänzer fingen einen Englischen an, und wie wohl mir's
war, als sie auch in der Reihe die Figur mit uns anfing,
magst du fühlen. Tanzen muß man sie sehen! Siehst du, sie
ist so mit ganzem Herzen und mit ganzer Seele dabei, ihr
ganzer Körper eine Harmonie, so sorglos, so unbefangen,
als wenn das eigentlich alles wäre, als wenn sie sonst nichts
dächte, nichts empfände; und in dem Augenblicke gewiß
schwindet alles andere vor ihr.
Ich bat sie um den zweiten Contretanz; sie sagte mir
den dritten zu und mit der liebenswürdigsten Freimütigkeit
von der Welt versicherte sie mir, daß sie herzlich gern
deutsch tanze. - Es ist hier so Mode, fuhr sie fort, daß
jedes Paar, das zusammen gehört, beim Deutschen zusammen
bleibt, und mein Chapeau walzt schlecht, und
dankt mir's, wenn ich ihm die Arbeit erlasse. Ihr Frauenzimmer
kanns auch nicht und mag nicht, und ich habe im
Englischen gesehn, daß Sie gut walzen; wenn Sie nun mein
sein wollen fürs Deutsche, so gehn Sie und bitten sich's
von meinem Herrn aus, und ich will zu Ihrer Dame gehen.
Ich gab ihr die Hand darauf und wir machten aus, daß
ihr Tänzer inzwischen meine Tänzerin unterhalten sollte.
Nun gings an! und wir ergetzten uns eine Weile an
mannigfaltigen Schlingungen der Arme. Mit welchem
Reize, mit welcher Flüchtigkeit bewegte sie sich! und da
wir nun gar ans Walzen kamen und wie die Sphären um
einander herumrollten, gings freilich anfangs, weils die
wenigsten können, ein bißchen bunt durcheinander. Wir
waren klug und ließen sie austoben, und als die
Ungeschicktesten den Plan geräumt hatten, fielen wir ein, und
hielten mit noch einem Paare, mit Audran und seiner Tänzerin,
wacker aus. Nie ist mir's so leicht vom Flecke
gegangen. Ich war kein Mensch mehr. Das liebenswürdigste
Geschöpf in den Armen zu haben und mit ihr herumzufliegen
wie Wetter, daß alles rings umher verging, und
Wilhelm, um ehrlich zu sein, tat ich aber doch den
Schwur, daß ein Mädchen, das ich liebte, auf das ich
Ansprüche hätte, mir nie mit einem andern walzen sollte
als mit mir, und wenn ich drüber zugrunde gehen müßte.
Du verstehst mich!
Wir machten einige Touren gehend im Saale, um zu
verschnaufen. Dann setzte sie sich, und die Orangen, die
ich beiseite gebracht hatte, die nun die einzigen noch übrigen
waren, taten vortreffliche Wirkung, nur daß mir mit
jedem Schnittchen, das sie einer unbescheidenen Nachbarin
ehrenhalben zuteilte, ein Stich durchs Herz ging.
Beim dritten englischen Tanz waren wir das zweite
Paar. Wie wir die Reihe durchtanzten, und ich, weiß Gott
mit wie viel Wonne, an ihrem Arm und Auge hing, das
voll vom wahrsten Ausdruck des offensten reinsten
Vergnügens war, kommen wir an eine Frau, die mir wegen
ihrer liebenswürdigen Miene auf einem nicht mehr ganz
jungen Gesichte merkwürdig gewesen war. Sie sieht Lotten
lächelnd an, hebt einen drohenden Finger auf, und
nennt den Namen Albert zweimal im Vorbeifliegen mit
viel Bedeutung.
Wer ist Albert? sagte ich zu Lotten, wenn's nicht Vermessenheit
ist zu fragen. - Sie war im Begriff zu antworten, als wir
uns scheiden mußten, um die große Achte zu
machen, und mich dünkte einiges Nachdenken auf ihrer
Stirn zu sehen, als wir so vor einander vorbeikreuzten.
Was soll ich's Ihnen leugnen, sagte sie, indem sie mir die
Hand zur Promenade bot. Albert ist ein braver Mensch,
dem ich so gut als verlobt bin. - Nun war mir das nichts
Neues (denn die Mädchen hatten mir's auf dem Wege
gesagt) und war mir doch so ganz neu, weil ich es noch
nicht im Verhältnis auf sie, die mir in so wenig
Augenblikken so wert geworden war, gedacht hatte. Genug, ich
verwirrte mich, vergaß mich, und kam zwischen das
unrechte Paar hinein, daß alles drunter und drüber ging,
und Lottens ganze Gegenwart und Zerren und Ziehen
nötig war, um es schnell wieder in Ordnung zu bringen.
Der Tanz war noch nicht zu Ende, als die Blitze, die
wir schon lange am Horizonte leuchten gesehn, und die
ich immer für Wetterkühlen ausgegeben hatte, viel stärker
zu werden anfingen, und der Donner die Musik überstimmte.
Drei Frauenzimmer liefen aus der Reihe, denen
ihre Herren folgten; die Unordnung wurde allgemein und
die Musik hörte auf. Es ist natürlich, wenn uns ein
Unglück, oder etwas Schreckliches im Vergnügen
überrascht, daß es stärkere Eindrücke auf uns macht als sonst,
teils wegen des Gegensatzes, der sich so lebhaft empfinden
läßt, teils und noch mehr, weil unsere Sinne einmal
der Fühlbarkeit geöffnet sind und also desto schneller
einen Eindruck annehmen. Diesen Ursachen muß ich die
wunderbaren Grimassen zuschreiben, in die ich mehrere
Frauenzimmer ausbrechen sah. Die klügste setzte sich in
eine Ecke, mit dem Rücken gegen das Fenster, und hielt
die Ohren zu. Eine andere kniete vor ihr nieder, und verbarg
den Kopf in der ersten Schoß. Eine dritte schob sich
zwischen beide hinein, und umfaßte ihre Schwesterchen
mit tausend Tränen. Einige wollten nach Hause; andere,
die noch weniger wußten, was sie taten, hatten nicht so
viel Besinnungskraft, den Keckheiten unserer jungen
Schlucker zu steuern, die sehr beschäftigt zu sein schienen,
alle die ängstlichen Gebete, die dem Himmel
bestimmt waren, von den Lippen der schönen Bedrängten
wegzufangen. Einige unserer Herren hatten sich hinab
begeben, um ein Pfeifchen in Ruhe zu rauchen; und die
übrige Gesellschaft schlug es nicht aus, als die Wirtin auf
den klugen Einfall kam, uns ein Zimmer anzuweisen, das
Läden und Vorhänge hätte. Kaum waren wir da
angelangt, als Lotte beschäftigt war, einen Kreis von Stühlen
zu stellen, und als sich die Gesellschaft auf ihre Bitte
gesetzt hatte, den Vortrag zu einem Spiele zu tun.
Ich sah manchen, der in Hoffnung auf ein saftiges Pfand
sein Mäulchen spitzte, und seine Glieder reckte. - Wir
spielen Zählens, sagte sie. Nun gebt acht! Ich geh im
Kreise herum von der Rechten zur Linken, und so zählt
ihr auch rings herum, jeder die Zahl, die an ihn kommt,
und das muß gehen wie ein Lauffeuer, und wer stockt,
oder sich irrt, kriegt eine Ohrfeige, und so bis tausend.
Nun war das lustig anzusehen. Sie ging mit ausgestrecktem
Arm im Kreis herum. Eins, fing der erste an, der
Nachbar zwei, drei der folgende und so fort. Dann fing sie
an, geschwinder zu gehn, immer geschwinder; da versahs
einer, patsch! eine Ohrfeige, und über das Gelächter der
folgende auch patsch! Und immer geschwinder. Ich selbst
kriegte zwei Maulschellen, und glaubte mit innigem Vergnügen
zu bemerken, daß sie stärker seien, als sie sie den
übrigen zuzumessen pflegte. Ein allgemeines Gelächter
und Geschwärm endigte das Spiel, ehe noch das Tausend
ausgezählt war. Die Vertrautesten zogen einander bei
seite, das Gewitter war vorüber, und ich folgte Lotten in
den Saal. Unterwegs sagte sie: über die Ohrfeigen haben
sie Wetter und alles vergessen! - Ich konnte ihr nichts
antworten. - Ich war, fuhr sie fort, eine der Furchtsamsten,
und indem ich mich herzhaft stellte, um den andern
Mut zu geben, bin ich mutig geworden. - Wir traten ans
Fenster. Es donnerte abseitwärts, und der herrliche Regen
säuselte auf das Land, und der erquickendste Wohlgeruch
stieg in aller Fülle einer warmen Luft zu uns auf. Sie stand,
auf ihren Ellenbogen gestützt, ihr Blick durchdrang die
Gegend, sie sah gen Himmel und auf mich, ich sah ihr
Auge tränenvoll, sie legte ihre Hand auf die meinige, und
sagte - Klopstock! - Ich erinnerte mich sogleich der herrlichen
Ode, die ihr in Gedanken lag, und versank in dem
Strome von Empfindungen, den sie in dieser Losung über
mich ausgoß. Ich ertrugs nicht, neigte mich auf ihre Hand
und küßte sie unter den wonnevollsten Tränen. Und sah
nach ihrem Auge wieder - Edler! hättest du deine
Vergötterung in diesem Blicke gesehn, und möcht ich
nun deinen so oft entweihten Namen nie wieder nennen hören!
