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Einundzwanzigstes Kapitel
Sprung zum Absatz 02 des Romantextes
Die Spaziergänge nach dem Strand und der Plantage, die sie, während Crampas in Stettin war, aufgegeben hatte, nahm sie nach seiner Rückkehr wieder auf und ließ sich auch durch ungünstige Witterung nicht davon abhalten.
Wenn sich Effi, wie aus dieser Andeutung zu folgern, nahezu täglich mit Crampas trifft, sollte man annehmen, dass sie doch mehr für ihn empfindet, als aus ihrer späteren Bemerkung, sie habe ihn nicht geliebt, zu entnehmen ist. Das gilt erst recht, wenn man die von Innstetten dann aufgefundenen Briefe einbezieht. Ihnen zufolge hat sie Crampas sogar um eine gemeinsame Flucht gebeten (Kap.27, Abs.16), also vorgehabt, sich für immer an ihn zu binden. Auch in dieser Hinsicht jedoch lässt Fontane ihre Erwartungen oder Absichten im Dunkeln, die ganze Affäre mit Crampas soll keiner genaueren Beurteilung unterzogen werden können.
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Sprung zum Absatz 08 des Romantextes
"Entweder," fuhr Roswitha fort, "war es eine unglückliche Liebe (die Kruse nickte wieder), oder es kann auch eine glückliche gewesen sein und der Chinese konnte es bloß nicht aushalten, daß es alles mit einemmal so wieder vorbei sein sollte. Denn die Chinesen sind doch auch Menschen, und es wird wohl alles ebenso mit ihnen sein, wie mit uns."
Diese letzte - halbe - Aufklärung der Chinesengeschichte wird bezeichnenderweise nicht mehr für Effi, sondern nur noch für den Leser gegeben. Für sie ist diese Geschichte nicht mehr wichtig. Der Chinese hat demnach wahrscheinlich ein Verhältnis mit der Braut gehabt, hat ihr vielleicht zur Flucht verholfen, weil sie den ihr vom Vater zudiktierten Mann nicht heiraten wollte, und ist dann aus Kummer um ihren Verlust gestorben. Wenn es schon zu Anfang heißt, der Chinese hätte eigentlich ein christliches Begräbnis verdient gehabt, weil er 'gerade so gut' gewesen sei wie die anderen (Kap.10, Abs.75), so deutet das ebenfalls einen solchen Hintergrund an.
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Sprung zum Absatz 78 des Romantextes
Innstetten verfärbte sich. Was war das? Etwas, was seit Wochen flüchtig, aber doch immer sich erneuernd über ihn kam, war wieder da und sprach so deutlich aus seinem Auge, daß Effi davor erschrak.
An dieser Stelle ist gut zu sehen, wie einseitig - oder parteilich - Fontane von seinem Allwissen als Erzähler Gebrauch macht. Für einen kurzen Moment wird hier - 'Was war das?' - in Erlebter Rede der Blick auf Innstettens Erschrecken gelenkt. Doch schon im nächsten Satz spricht dieses Erschrecken nur noch aus seinem Auge und es ist wiederum Effi, die erschrickt und um deren Gedanken und Sorgen es dann allein wieder geht. Gedanken und Sorgen, die man kennt, teilt man aber auch, und so werden eben immer wieder nur Effi die Sympathien des Lesers zugeführt.