![]() Fakultät für Geschichtswissenschaft, Philosophie und Theologie Prof. Dr. Gisela Diewald-Kerkmann |
![]() ![]() |
Home Curriculum Vitae Forschungsschwerpunkte Publikationen aktuelle Lehrveranstaltungen frühere Lehrveranstaltungen Universität Bielefeld Abteilung Geschichte |
Wintersemester 2018/19 BA-Modul: Hauptmodul ModerneHistorische Orientierung:„NS-Volksgemeinschaft“:
Mythos versus soziale Praxis? Neue Forschungen zur NS-Gesellschaft Dass
seit einigen Jahren in der Geschichtswissenschaft eine intensive Debatte um den
Begriff der „Volksgemeinschaft“ im NS-Regime stattfindet hat, ist unbestritten.
Während bis in die 1980er Jahre die NS-Volksgemeinschaft vor allem als Propaganda-Begriff
respektive als Mythos interpretiert wurde, wird jetzt verstärkt ihr Wirkmechanismus
(Inklusion der „Volksgenossen“, Exklusion der „Gemeinschaftsfremden“) reflektiert.
In der Lehrveranstaltung soll „Volksgemeinschaft“ nicht nur als
zeitgenössischer Begriff und analytische Kategorie zum tieferen Verständnis der
NS-Gesellschaft, ihrer Praktiken und Wandlungen herangezogen, sondern auch
individuelle Handlungsmuster vielfach von „ganz normalen Deutschen“ transparent
werden. Weder die „Selbstermächtigungen der Volksgenossen“ noch die partiell
schwer greifbare Mobilisierungskraft des Nationalsozialismus dürfen hierbei
ausgeklammert werden. Einführende Literatur: Detlef Schmiechen-Ackermann
(Hg.), „Volksgemeinschaft“; Mythos der NS-Propaganda, wirkungsmächtige soziale
Verheißung oder soziale Realität im „Dritten Reich“?, Paderborn 2012. Seminar:
Selbstzeugnisse von Tätern und Opfern in der NS-Zeit (Beleg-Nr. 220021) Kommentar: Gerade
seit den 1990er Jahren existiert eine kaum zu überblickende Flut an
Selbstzeugnissen aus der Zeit des Nationalsozialismus. Unbestritten stoßen
diese Quellen nicht nur innerhalb der historischen Forschung, sondern auch in
der breiten Öffentlichkeit auf große Resonanz. In der Lehrveranstaltung sollen
aber Selbstzeugnisse nicht nur ergänzend, sondern als Hauptquelle behandelt werden.
Mit dieser Intention geht es darum, Tagebücher als Selbstreflexionen und
Weltdeutungen, aber auch als Medium der Selbstkonstitution und Welterzeugung ihrer
AutorInnen zu verstehen. Das setzt Abgrenzungen voraus: Tagebücher als eine
Form zeitgenössischer Selbstzeugnisse müssen von retrospektiven
Selbstzeugnissen wie Autobiographien oder Erinnerungsberichten unterschieden
werden. Im Seminar werden ausgewählte Selbstzeugnisse, die zum einen die Opfer-Perspektive
und zum anderen die Täter-Perspektive beleuchten, unter Berücksichtigung der
notwendigen Kontextualisierung analysiert. Einführende
Literatur: Frank Bajohr/Sibylle Steinbacher
(Hg.), „… Zeugnis ablegen bis zum letzten“. Tagebücher und persönliche
Zeugnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus und des Holocaust, Göttingen
2015 Ego-Dokumente in der
Geschichtswissenschaft des 19./20. Jahrhunderts Kommentar: Der
Psychoanalytiker und Mitbegründer der Jugendforschung Siegfried Bernfeld
formulierte bereits 1931: „Die Historiker haben zwar eine große Anzahl von
Tagebüchern ediert und als Quellen benützt, aber der Geschichte des Tagebuchs
und seiner Form wenig Aufmerksamkeit geschenkt“. Tatsächlich werden
Selbstzeugnisse bis heute primär als Quellen gelesen oder lediglich zur
Illustration herangezogen, kaum aber
selbst zum Gegenstand wissenschaftlicher Studien gemacht. Vor
diesem Hintergrund verfolgt das Grundseminar das Ziel, die historische
Entwicklung und Ausdifferenzierung von Ego-Dokumenten im 19. und 20.
Jahrhundert zu verdeutlichen. Mit Hilfe von ausgewählten Beispielen aus
unterschiedlichen Kontexten soll der Frage nachgegangen werden, in welchem Maße
politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklungen die Verbreitung
von solchen Quellen forcierten. Aber auch die Auffassung von Philippe Lejeune,
konkret die „Tragik des Tagebuchs“ muss diskutiert werden, wonach das Tagebuch
in „Unkenntnis des Endes“ geführt, aber immer „in Kenntnis des Endes“ gelesen
wird. Einführende
Literatur: Janosch
Steuwer/Rüdiger Graf (Hg.), Selbstreflexionen und Weltdeutungen. Tagebücher in
der Geschichte und der Geschichtsschreibung des 20. Jahrhunderts, Göttingen
2015. |