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Am 13. Mai.
Wenn Werther sich nicht mehr auf Bücher einlassen will, durch die er "geleitet, ermuntert, angefeuert" wird, sondern nur noch auf den "Wiegengesang" der Verse Homers, so ist das auch eine Absage an die Zweckbestimmung des Lesens im Sinne der Aufklärung. Dass ausgerechnet die Leidensgeschichte des Odysseus (Werther nennt im weiteren nur die Odyssee) eine solche beschwichtigende Wirkung auf ihn hat, ist allerdings nicht ohne weiteres nachzuvollziehen. Es scheint, als fasse er mehr nur einzelne Szenen als den Sinn des ganzen ins Auge, und auch der fremde Klang und Rhythmus dürften zur Vernachlässigung der Zusammenhänge beitragen. Ein wichtiges Moment ist aber auch der fatalistische Gleichmut, mit dem das Schicksal des 'herrlichen Dulders' erzählt wird. Im Unterschied zu den später für Werther in den Vordergrund tretenden Gesängen Ossians, die ganz auf Klage und Trauer gestimmt sind, werden in der Odyssee alle Unglücksfälle als unabwendbare schlicht hingenommen, erschüttern aber nicht die Gewissheit, dass die Welt in Ordnung ist und das Ende gut sein wird .
ende