
Ja es wird mir gewiß, Lieber! gewiß und immer gewisser,
daß an dem Dasein eines Geschöpfes wenig gelegen ist,
ganz wenig. Es kam eine Freundin zu Lotten, und ich ging
herein ins Nebenzimmer, ein Buch zu nehmen, und
konnte nicht lesen, und dann nahm ich eine Feder zu
schreiben. Ich hörte sie leise reden; sie erzählten einander
unbedeutende Sachen, Stadtneuigkeiten: wie diese heiratet,
wie jene krank, sehr krank ist; - sie hat einen trocknen
Husten, die Knochen stehn ihr zum Gesichte heraus, und
kriegt Ohnmachten; ich gebe keinen Kreuzer für ihr
Leben, sagte die eine. - Der N. N. ist auch so übel dran,
sagte Lotte. - Er ist schon geschwollen, sagte die andere.
Und meine lebhafte Einbildungskraft versetzte mich ans
Bett dieser Armen; ich sah sie, mit welchem Widerwillen
sie dem Leben den Rücken wandten, wie sie - Wilhelm!
und meine Weibchen redeten davon, wie man eben davon
redet - daß ein Fremder stirbt. - Und wenn ich mich
umsehe, und sehe das Zimmer an, und rings um mich
Lottens Kleider und Alberts Skripturen und diese
Möbeln, denen ich nun so befreundet bin, sogar diesem
Dintenfasse, und denke: Siehe, was du nun diesem Hause
bist! Alles in allem. Deine Freunde ehren dich! Du machst
oft ihre Freude, und deinem Herzen scheint es, als wenn
es ohne sie nicht sein könnte; und doch - wenn du nun
gingst, wenn du aus diesem Kreise schiedest? würden sie,
wie lange würden sie die Lücke fühlen, die dein Verlust in
ihr Schicksal reißt? wie lange? - O so vergänglich ist der
Mensch, daß er auch da, wo er seines Daseins eigentliche
Gewißheit hat, da, wo er den einzigen wahren Eindruck
seiner Gegenwart macht, in dem Andenken, in der Seele
seiner Lieben, daß er auch da verlöschen, verschwinden
muß, und das so bald!