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Am 10. September.
Der Abschied Werthers von Lotte und Albert am 10. September 1771 entspricht weitgehend dem Abschied Goethes aus Wetzlar am 10. September 1772. Das lässt sich selbst noch an einem solchen Detail wie dem Mondschein erkennen: 1772 war in jener Nacht, wie im 'Werther' geschildert, tatsächlich fast Vollmond, während die Nacht des 10. September 1771 eine Neumondnacht war.
Johann Christian Kestner schreibt zu diesem Abschied in seinem Tagebuch:
10. September. Mittags aß Dr. Goethe bei mir im Garten. Ich wußte nicht, daß es das letzte Mal war ... Abends kam Dr. Goethe nach dem Deutschen Hause. Er, Lottchen und ich hatten ein merkwürdiges Gespräch von dem Zustand nach diesem Leben, vom Weggehen und Wiederkommen usw., welches nicht er, sondern Lottchen anfing. Wir machten miteinander aus, wer zuerst von uns stürbe, sollte, wenn er könnte, den Lebenden Nachricht von dem Zustande jenes Lebens geben. Goethe wurde ganz niedergeschlagen, denn er wußte, daß er am andern Morgen weggehen wollte.
11. September. Morgens um 7 Uhr ist Goethe weggereiset, ohne Abschied zu nehmen ... Nachmittags brachte ich die Billets von Goethe an Lottchen. Sie war betrübt über seine Abreise, es kamen ihr die Tränen beim Lesen in die Augen. Doch war es ihr lieb, daß er fort war, da sie ihm das nicht geben konnte, was er wünschte ... Wir sprachen nur von ihm.
Wetzlar mit den Plätzen der 'Werther'-Handlung (erstellt nach einer Karte von 1800).

Die Originalkarte von 1800. (Stadtarchiv Wetzlar)

ende