Mit der Erklärung, dass "jemand" hier "mit Fleiß
gesammelt" habe, was er von der Geschichte Werthers habe
auffinden können, haben wir es mit einer der für das 18.
Jahrhundert typischen Herausgeber-Konstruktionen zu tun. Meistens wird
von Herausgeber-'Fiktion' gesprochen. Dies ist jedoch nur in dem Sinne
richtig, dass sich der Text aus späterer Kenntnis als Fiktion
herausgestellt hat. Keineswegs war er deshalb für die ersten Leser
auch schon zweifelsfrei als Fiktion erkennbar. Es ist vielmehr umgekehrt
mit eine der Ursachen für die starke öffentliche Wirkung dieses
Romans, dass man die Briefe für authentisch und den "Fall Werther"
für wahr halten konnte - auch und gerade, wenn man an den Selbstmord
von Karl Wilhelm Jerusalem in Wetzlar dachte.