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Am 8. August.
Der erst in der zweiten Fassung eingeschobene Zusatz "Abends" wirkt etwas unorganisch, da sich ein 'Tagebuch' als eigenständige Ebene zuvor gar nicht feststellen lässt, vielmehr die meisten Dokumente eindeutig Briefe an Wilhelm sind. Den Einschub beim Wort genommen, müsste man fragen, warum aus dem offenbar erhaltenen Tagebuch so selten zitiert wird. Eine Unterscheidung dieser Art hatte Goethe jedoch gar nicht im Sinn. Es wird ihm bei der Neubearbeitung nur aufgefallen sein, wie hellsichtig Werther seine Situation immer wieder beschreibt, ohne jedoch für sein Verhalten irgendwelche Schlüsse daraus zu ziehen. Das sollte mit der eingeschobenen selbstkritischen Beobachtung einmal angesprochen und auf diese Weise wahrscheinlicher gemacht werden. - Dass solche Wahrscheinlichkeits-Erwägungen den damaligen Lesern nicht fremd waren, zeigt eine Äußerung Johann Jakob Bodmers in einem Brief an Schinz vom 10.11.1774 : "Wie kann jemand, der immer so außer sich ist, immer so über sich selbst Überlegungen machen." Das ist nichts anderes als die Umkehr der per Tagebucheintrag nachgeschobenen Frage, wie jemand immer so über sich nachdenken und zugleich so unkontrolliert bleiben kann.
Benutzte Literatur: Müller, Peter (Hrsg.)
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