Erlebnisse Goethes /Erster Teil Zur Übersicht Zur Synopse Zur Einzelebene Druck
Achtes Kapitel
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... eine Art von lebendigem Ganzen entsprang, das sich zwar nicht taktgemäß bewegte, aber doch höchst angenehm und gefällig lautete. Der Komponist selbst hätte seine Freude daran gehabt, sein Werk auf eine so liebevolle Weise entstellt zu sehen.
Mit Vorkommnissen dieser Art hatte Goethe als Weimarer Theaterdirektor zu tun. Karoline Jagemann (1777-1848) war am Weimarer Hoftheater eine gefeierte Sängerin und Schauspielerin und überdies die Geliebte und Nebenfrau des Herzogs. Als im März 1801 Mozarts Don Giovanni mit ihr als Donna Anna einstudiert wurde, kam es zu einem Streit mit dem Kapellmeister. Sie verlangte von ihm, dass sich das Orchester ohne Rücksicht auf den Rhythmus ihrem Gesangstempo anpassen sollte. Der Mann lehnte das ab und dirigierte so, wie es das Taktmaß vorgab. Bei der Premiere führte das zu solchen Dissonanzen, dass im Publikum Gelächter aufkam. Goethe gebot daraufhin aus seiner Loge heraus Ruhe und maßregelte anschließend den Kapellmeister wegen seines Eigensinns. Als der auf seinem Standpunkt beharrte, wurde er bei Aufführungen mit der Jagemann nicht mehr eingesetzt.
Benutzte Literatur: Bode, Wilhelm
Bei den Ersatzdirigenten wird vermutlich eben das eingetreten sein, was hier zwischen Eduard und Ottilie geschieht: ein Gleichklang, der auf den Rhythmus nicht achtet. Weil es auf diese Weise 'stimmte', dürfte Goethe damit auch zufrieden gewesen sein. Später allerdings kam er mit den Kapricen seiner Primadonna selbst nicht mehr zurecht und legte ihretwegen sein Direktorenamt 1817 schließlich nieder.