Dreizehntes Kapitel
Und wird er es nicht immerfort an sein Herz drücken, obgleich entstellt durch die Unterschrift eines Dritten?
Die bei Eduard verbleibende Abschrift des Kaufvertrages über das Vorwerk brauchte eigentlich nur die Unterschrift des Käufers zu tragen - wieso ist er ein Dritter?
Gemeint ist wohl "eines anderen", wenn in dem Schriftstück sowohl Ottilies wie seine eigene Hand (oder auch seine Unterschrift) zu erkennen sind. Ottilie hat den Vertrag
jedenfalls nicht mit unterschrieben. Sonderbar bleibt, dass er die von ihr kopierten Passagen so ansieht, als stammten sie von ihm selbst.
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»... dass er nicht ganz redlich gegen Sie ist. Ich hörte ihn einmal zu
Charlotten sagen: wenn uns nur Eduard mit seiner Flötendudelei verschonte! ...«
Eine für den Hauptmann wie auch für Ottilie unerwartet abträgliche Kennzeichnung. Weder hat man vermuten können, dass der Hauptmann Charlotte
gegenüber so grob von ihrem Mann (und seinem Freund) spricht, noch würde man Ottilie diese vergiftete Mitteilung zugetraut haben. Beides passt das zu der
sonstigen Feinheit dieser Menschen nicht.
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Sie war sich ihres ernsten Vorsatzes bewusst, auf eine so schöne, edle Neigung Verzicht zu tun.
Es ist nicht ganz nachzuvollziehen, dass Charlotte auf Eduard (oder seine Liebe zu ihr) plötzlich verzichten will. Kurz zuvor sucht sie sich noch in ihrem "Wahn" zu bestärken, sie könnte in das alte Verhältnis zu ihm "
zurückkehren". Sogar "
zu Hilfe kommen" will sie dem Liebespaar jetzt, meint aber nur eine Aussprache mit Ottilie, die ja wohl keinen anderen Zweck haben kann, als diese von ihrer Hoffnung auf Eduard abzubringen. Man hat den Eindruck, dass Goethe den ihr nachgesagten Edelmut selbst nicht beim Wort nehmen will.