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Spinell hieß der Schriftsteller ...
Spinell = ein natürlich vorkommendes Mineral aus Magnesium und Aluminium (Mehrzahl: Spinelle), das verschiedenfarbig ist
und wie Glas glänzt. Größere Stücke werden wie Diamanten zu Schmuck verarbeitet.
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Spinell-Kristalle in Marmor
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... mit einer vollkommen verwirrenden Umschlagzeichnung versehen und gedruckt auf einer Art von Kaffeesiebpapier
mit Buchstaben, von denen ein jeder aussah wie eine gotische Kathedrale ...
Ironische Kennzeichnung der Buchgestaltung des Jugendstils. Das Buch wurde zu dieser Zeit zwar ein billiges Massenprodukt,
sollte sich aber als Gefäß für Dichtung davon unterscheiden. So wurde immer mehr Wert auf die Ausstattung gelegt,
bis dass die Bücher eher Konfektschachteln glichen, bei denen man vor lauter Kostbarkeit nach dem Inhalt nicht mehr fragte.
Es gab nicht nur bis zur Unlesbarkeit verfremdete Schriften, sondern auch neue Buchformate und ungewohnte Papierstrukturen. Die
Ausgaben der Gedichte von Stefan George (1868-1933) - in einer eigens für ihn geschaffenen Schrift gesetzt - sind ein Beispiel
für diese Zeiterscheinung.
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Der Umschlag eines George-Gedichtbandes von 1900.
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Es spielte in mondänen Salons, in üppigen Frauengemächern, die voller erlesener Gegenstände waren, voll von
Gobelins, uralten Meubles, köstlichem Porzellan, unbezahlbaren Stoffen und künstlerischen Kleinodien aller Art.
Auch diese Inhaltsangabe kennzeichnet ironisch die Literaturentwicklung der Jahrhundertwende. Unter Begriffen wie Impressionismus,
Neuromantik, Decadence, Symbolismus, Stilkunst und anderen kam eine Literatur auf, die nichts als 'Stimmung'
vermitteln wollte und die gerade nicht das war, was Thomas Mann selbst unter Literatur verstand. Die Autoren und Werke
dieser Strömungen sind auch bald wieder in Vergessenheit geraten.