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Erstes Kapitel
Sprung zur Textstelle Da ich indessen ... Geldes benötigt war, um meinem Sohn, der im Dienste der Generalstaaten steht und mit einer blonden runden Holländerin verlobt ist, die erste Einrichtung seines Hausstandes zu erleichtern ...
Generalstaaten = ein aus dem Holländischen abgeleiteter Name für die Niederlande. Sie wurden damals noch durch Abgeordnete der einzelnen niederländischen Provinzen vertreten, deren Hauptversammlung (Staten-Generaal) die Provinzen nach außen vertrat. Als die Niederlande 1815 Königreich wurden, übertrug sich der Name Staten-Generaal auf das Parlament.
Dass Schadaus Sohn 1611 im Dienste der Niederlande steht, weist ihn zugleich als leidenschaftlichen Protestanten, also Anhänger des evangelischen Glaubens aus. Die Niederlande rangen zu dieser Zeit noch um ihre Unabhängigkeit vom katholischen Spanien und hatten sich 1609 einen zwölfjährigen Waffenstillstand erkämpft. Endgültig unabhängig wurden sie erst 1648.
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Sprung zur Textstelle ... ein großes rundes Medaillon von Silber mit dem Bilde der Mutter Gottes von Einsiedeln ...
Die Marienfigur in der Benediktinerabtei von Einsiedeln (30 Kilometer südlich von Zürich) wird seit dem späten Mittelalter als wundertätig verehrt und zieht bis heute Wallfahrer an. Nachbildungen von ihr sind deshalb in vielerlei Form in Umlauf gekommen. Die Holzfigur war ursprünglich nicht schwarz, sondern hat erst durch den Ruß der Kerzen diese Farbe angenommen. Da die Schwärze aber schon früh zu ihrem Erscheinungsbild gehört hat, wurde sie nicht mehr entfernt, sondern bei Reinigungen erneuert.
Die Mutter Gottes von Einsiedeln
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Sprung zur Textstelle "... aber seit die Ketzerei in die Welt gekommen ist und auch unsre Schweiz verwüstet hat, ist die Macht der guten Dame erloschen, selbst für die Rechtgläubigen!"
Aus der Sicht des alten Boccard ist der seit der Reformation sich ausbreitende Protestantismus Ketzerei, also Gotteslästerung, und entzieht sogar den 'Rechtgläubigen' (Katholiken) den Beistand der wundertätigen Madonna. Die Formulierung 'gute Dame' ist von ihm als Katholiken natürlich nicht ironisch gemeint, sondern bedeutet 'hohe Frau'.
In der Schweiz hat sich der Protestantismus im 16. Jahrhundert rasch und kämpferisch ausgebreitet, weil er zugleich die Unabhängigkeit von den mächtigen katholischen Nachbarn Österreich und Frankreich fördern konnte. Das hatte allerdings auch anhaltende Fehden unter den Schweizer Kantonen zur Folge, die immer wieder das Auseinanderbrechen der Eidgenossenschaft befürchten ließen.