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[Sechster Teil]
Die Zeichnung von Rossi ist wieder eine 'Abbildung' des Textes im traditionellen Sinn. Die Zeichnung von Gimmi hingegen zeigt die Befangenheit des Paares in der Wirtshaus-Situation, weil es sich seines nicht ganz ehrlichen Verhaltens wohl bewusst ist. Die Zeichnung von Walser nimmt demgegenüber das Geschehen mehr von seiner harmlosen Außenseite auf, lässt allerdings darin, dass die beiden allein stehen und von den anderen wie tuschelnd betrachtet werden, auch ihre Isoliertheit erkennen.
In dem Gemälde von Ada Wolpe liegt der Hauptakzent auf dem - links - einander zugewandten Paar und dem dahinter gleichsam lauernd blickenden Schwarzen Geiger. Dieselbe Konstellation wird in der Zeichnung von Wolfgang Würfel in einem späteren Zeitpunkt erfasst: hier schwebt das Paar erhaben über der Versuchung, sich dem Schwarzen Geiger anzuschließen, was von diesem mit einem säuerlichen Lächeln zur Kenntnis genommen wird. - Das Aquarell von Christiane Lesch gibt wieder, dass Sali die Braut nicht wie üblich über die Schwelle ins Haus sondern über das Wasser in den Tod trägt. Es verbildlicht und verdeutlicht somit, was Keller meint, wenn er Vrenchen von Sali in dieser Weise zum Heuschiff tragen lässt.
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Sprung zur Textstelle ... es schleuderte die alten von sich, schlüpfte in die neuen, und sie passten sehr gut. Erst jetzt erhob es sich vom Stuhl, wiegte sich in den neuen Schuhen und ging eifrig einige Mal auf und nieder.
Zeichnung von Luigi Rossi (1895)
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Sprung zur Textstelle Deshalb stellten sie ein wohlgefälliges ehrsames Pärchen vor, das irgendeinen angelegentlichen Gang tut. Sie gingen ins erste Wirtshaus des Dorfes, wo Sali ein erkleckliches Mahl bestellte ...
Zeichnung von Wilhelm Gimmi (1943)
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Sprung zur Textstelle ... und auf dem Platz vor dem Wirtshause war ein kleiner Markt aufgeschlagen, bestehend aus einigen Tischen mit Süßigkeiten und Backwerk und ein paar Buden mit Flitterstaat ...
Zeichnung von Karl Walser (1924)
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Sprung zur Textstelle Als es aber die wilde Musik hörte, welche vom Estrich ertönte, vergaß es sein Leid und verlangte endlich nichts als mit Sali zu tanzen.
Gemälde von Ada Wolpe (1970)
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Sprung zur Textstelle Sali und Vrenchen waren still und hielten sich umschlungen; auf einmal gebot der Geiger Stille und führte eine spaßhafte Zeremonie auf, welche eine Trauung vorstellen sollte.
Zeichnung von Wolfgang Würfel (1982)
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Sprung zur Textstelle Das Schiff lag einige Schritte vom Ufer entfernt im tiefern Wasser. Sali hob Vrenchen mit seinen Armen hoch empor und schritt durch das Wasser gegen das Schiff ...
Aquarell von Christiane Lesch (1981)
Die Filme
Eine zweite Art von 'Abbildern' und zugleich Wirkungszeugnissen stellen die vier Verfilmungen dar. Zu einer ersten kam es schon 1941 in der Schweiz, eine Produktion in Schweizer Mundart, die als »eindringlich« gelobt wird und auch als Video erworben werden kann. Den Bildern nach zu schließen handelt es sich aber um einen durch und durch 'poetisch' angelegten Heimatfilm.
Das Video des Filmes von 1941
Sali und Vrenchen als Kinder
Margrit Winter (1917-2001) und Erwin Kohlund (1915-1992) als Vrenchen und Sali
Vrenchens Vater entdeckt die beiden
Vrenchen mit ihrem Vater
Die neuen Schuhe
Im Wirtshaus
Vrenchen und Sali mit dem 'Schwarzen Geiger' (Emil Gerber, 1909-1982)
Das Liebespaar
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1968 verfilmte das Zweite Deutsche Fernsehen unter dem Regisseur und Drehbuchautor Willi Schmidt (1910-1994) den Stoff. Der Film hält sich eng an die Novellenhandlung, ohne darum in den Fehler vieler Literaturverfilmungen zu verfallen, auch sprachlich möglichst eng der Textvorlage zu folgen. Abgesehen von einigen erzählten Partien wird Kellers Sprache mehr nur nachgeahmt als wiedergegeben und ermöglicht so den Schauspielern durchaus natürliche Dialoge.
Wenn die Geschichte trotzdem mehr nur gespielt und aufgesagt als wirklich erlebt wirkt, so hat das mit der Wahl der Schauspieler und der im Übermaß gefälligen Ausstattung zu tun. Der 29-jährige Matthias Fuchs und die 25-jährige Loni von Friedl als Liebespaar wirken so gesund und erwachsen, dass man ihnen einen Selbstmord wegen verfeindeter Väter keinen Moment lang glaubt. Man ist sich sicher, sie kehren nach gefallenem Vorhang in den Applaus hinein auf die Bühne zurück. Seiner ganzen Machart nach ist dies kein Film über eine Liebestragödie, sondern ein Heimatfilm der 1950er Jahre.
Carl Lange (1909-1999) als Manz und Bruno Hübner (1899-1983) als Marti
Die Kinder
Vrenchens Vater, der Bauer Marti
Loni von Friedl (geb. 1943) als Vrenchen
Matthias Fuchs (geb. 1939) als Sali
Als Beispiel für die 'Gespieltheit' des Ganzen hier die Prügelszene zwischen Manz und Marti am Fluss, bei der sich Sali und Vrenchen zum ersten Mal wiedersehen.

Die Prügelei der Väter in dem Fernsehfilm des ZDF von 1968.
Irmgard Först (geb. 1915) als Wirtin Manz
Das Liebespaar mit Werner Dahms (1920-1999) als Schwarzem Geiger
Vrenchen und Sali mit dem verletzten Marti
In Verzweiflung über die hoffnungslose Lage
Beim Sonntagsausflug am Mittagstisch
Der 'schwarze Geiger' fordert sie auf, sich ihm anzuschließen
Die 'Trauung' im Paradiesgärtlein
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Den dritten Film drehte 1984 die DEFA mit dem Regisseur und Drehbuchautor Fritz Kühn (geb. 1935). Er nimmt es mit dem Milieu und der Logik der Geschehens sehr viel genauer, was bereits in der Wahl der Darsteller zum Ausdruck kommt. Mit der Schauspiel-Schülerin Grit Stephan und dem jungen Schlosser Thomas Wetzel sind die Hauptrollen einigermaßen altersgerecht besetzt, wenn auch dieser Sali - hier Fabian geheißen - neben seiner Veronika ein bisschen unbeholfen aussieht. Die beiden Bauern hingegen - Horst Rehberg und Hilmar Baumann - sind genau die dickschädeligen, groben Kerle, die die Handlung verlangt, und nicht bloß Volksstück-Mimen wie in dem Film des ZDF.
Problematisch ist, dass der Film in etlichen Szenen übertreibt. Die Handgreiflichkeit der Bauern am Fluss artet hier in eine brutale Schlammschlacht aus, die beiden Streithähne sielen sich wie die Schweine im Dreck. Veronika muss neben ihrem durch Fabians Schuld verunglückten Vater ein Zetergeschrei anstimmen wie eine Orientalin, und am Ende wird das lose Treiben der Heimatlosen dadurch sinnfällig gemacht, dass sich einer der Herumtreiber minutenlang an einer Ziege vergeht. Vollends unpassend ist schließlich, dass das Paar trotz ersichtlicher Kälte nackt auf das Heuschiff steigen muss. Die in dieser Szene zur Schau gestellte Sexualität ist verfehlt in jeder Hinsicht. Auch die historischen Verhältnisse und erst recht die jugendliche Befangenheit der beiden erlauben sie in dieser Offenheit nicht.
Ein wirklicher Regiefehler aber liegt vor, wenn man das Paar bei seinem ersten heimlichen Treffen im Fluss baden und schwimmen sieht. Beim Tauchen, Kraulen, Springen zeigen die beiden eine so moderne Vertrautheit mit dem Wasser, dass ihr Vorhaben, darin den Tod zu suchen, jede Plausibilität verliert. Um dieses Ende überhaupt wahrscheinlich zu machen, müssen sie sich grausam vorher fesseln - eine Deutlichkeit in der Art ihres Sterbens, die Keller bewusst vermieden hat. - Trotzdem setzt dieser Film die Novelle bei weitem besser und angemessener um als der von 1968, nicht zuletzt, weil es sich immerhin lohnt, über seine Schwächen von Fall zu Fall nachzudenken.
Horst Rehberg (geb. 1937) als Bauer Melcher, Veronikas (Vrenchens) Vater
Hilmar Baumann (geb. 1939) Bauer Grimm, Fabians (Salis) Vater
Die Kinder (Matthias Saalschmidt und Annette Friedrich)
Grit Stephan (geboren 1966) als Veronika (Vrenchen)
Thomas Wetzel (geboren 1965) als Fabian (Sali)
Das Paar beim Schwimmen
Klaus Bieligk als 'Schwarzer Geiger'
Von Veronikas Vater überrascht

Die Verletzung von Veronikas Vater in dem DEFA-Film von 1984.
Veronika bei ihrem Vater in der Irrenanstalt
Das Paar beschließt zu sterben.
Der 'Schwarze Geiger'
Auf dem Heuschiff
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Die jüngste Verfilmung ist ein deutsch-österreichischer Fernsehfilm mit dem Titel "Ich gehöre Dir" aus dem Jahre 2003. Der Inhalt wird in den Ankündigungen des Filmes so wiedergegeben:
Die Bauerntochter Vreni liebt den Nachbarsjungen Sali, der auch sie von ganzem Herzen liebt. Nichts scheint ihrem Glück im Wege zu stehen, bis ihre Väter Jakob und Martin sich über einem Stück Land zerstreiten, das eigentlich einem anderen gehört. Der kann sich vor Gericht nicht durchsetzen, und so machen sich Jakob und Martin nicht nur das Grundstück streitig, sondern teilen es willkürlich jeweils zu ihren eigenen Gunsten. Das führt zu einem handgreiflichen Streit, von dem sich Martin nie wieder erholt. Offener Krieg bricht zwischen den Familien aus, die die Liebe zwischen Vreni und Sali verbieten. Aber diese Liebe ist stärker denn je und wächst weiter, während die Familien sich gegenseitig in den Ruin treiben. Der Bund zwischen Vreni und Sali scheint aussichtslos. Sie wählen den Freitod.
Vreni Miller: Franziska Weiß
Sali Manz: Achim Schelhas
Jakob Manz: Armin Rohde
Lina Manz: Isabel Karajan
Martin Miller: Wolfram Berger
Rosa Miller: Claudia Messner
Regie: Holger Barthel
Buch: Gabriele Kister
Kamera: Peter von Galler
Musik: Peter Janda
Achim Schelhas und Franziska Weiß in der Fernsehverfilmung von 2003