[Vierter Teil]
... Branntwein und Kaffee in Überfluss, alle Gäste von Schweiß triefend; kurz, es war ein köstliches Fest.
Der ironische Abstand der Erzählerin zu dieser Volksbelustigung ist unverkennbar. Er erklärt sich zum einen mit Annette von Droste-Hülshoffs
Zugehörigkeit zum Adel, zum anderen und mehr noch aber daraus, dass sie an solchen Festen (auch ihrer Kreise) wegen ihrer schwachen Gesundheit
selten richtig teilnehmen konnte.
~~~~~~~~~~~~
Er kehrte niedergeschlagen zurück; seine Würde war verletzt, das allgemeine Gelächter schnitt ihm durch die Seele ...
Die Kränkung seines Hochmutes, der als Erbteil seiner Mutter der bedenklichste Zug seines Wesens ist, trifft ihn schon in dieser Situation
schwer. Um so mehr muss es ihn mit Hass erfüllen, dass auch Aaron ihn noch bloßstellt.
~~~~~~~~~~~~
Eine große, unerträgliche Schmach hatte ihn getroffen, da der Jude Aaron ... ihn laut vor allen Leuten um den Betrag
von zehn Talern für eine schon um Ostern gelieferte Uhr gemahnt hatte.
Nachdem er sich mit dem Vorzeigen der Uhr Respekt hatte verschaffen wollen, ist Friedrich durch die Geldforderung des Juden auf eine nicht wieder
gutzumachende Weise blamiert. Zehn Taler sind keine kleine Summe, man kann sie mit mehreren hundert Euro gleichsetzen.
~~~~~~~~~~~~
Drei Tage später tobte ein furchtbarer Sturm. Es war Mitternacht, aber alles im Schlosse außer dem Bett.
Die schaurigen Umstände, unter denen der Tote aufgefunden wird - nach Ablauf von drei Tagen, bei Sturm und Gewitter und um die Mitternachtsstunde -
lassen das Mordgeschehen noch unheimlicher wirken, als wenn es selbst erzählt worden wäre.
~~~~~~~~~~~~
Der Anklage bedurfte es nicht, da Herr von S. selbst Zeuge eines Auftritts gewesen war, der den dringendsten Verdacht auf ihn werfen
musste; zudem die Gespenstergeschichte von jenem Abende, das Aneinanderschlagen der Stäbe im Brederholz, der Schrei aus der
Höhe.
Auch hier muss im Nachhinein erschlossen werden, was sich zugetragen hat: Friedrich Mergel ist nach dem Auftritt im Hochzeitshaus dem Juden
nachgegangen und hat ihn im Brederholz angegriffen. Aaron hat sich mit einem Stock verteidigt und Friedrich ihn mit einem Stock erschlagen. Damit der
Tote nicht gleich entdeckt werden konnte, hat er ihn in ein Gebüsch gezogen. So sind drei Tage vergangen, bis die Leiche gefunden wurde.
~~~~~~~~~~~~
"Und wo hielten wir? Dicht an der Heerser Tiefe und den Turm von Heerse gerade unter uns. Wären wir noch zwanzig Schritt weiter
gefahren, wir wären alle Kinder des Todes gewesen.«
Die Ausführlichkeit, mit der diese anscheinend nebensächliche Situation erzählt wird, lässt auf eine Bedeutung für die
Hauptgeschichte schließen. Wie sich im fünften Teil - 28 Jahre später - herausstellt, folgt aus ihr aber weiter nichts, als dass Friedrich
Mergel und Johannes sich unterhalb dieser Stelle versteckt hatten und die Geräusche über sich als Spuk deuteten. Es handelt sich also wiederum
bloß um ein Schauer-Element.
~~~~~~~~~~~~
Am nächsten Morgen stand an der Buche mit dem Beil eingehauen ...
Das Mysteriöse der Inschrift, deren Inhalt bewusst erst am Schluss aufgedeckt wird, lässt an einen geheimnisvollen Zauber denken - auch
wiederum ein darstellerisches Mittel, eine Atmosphäre der Unheimlichkeit zu erzeugen.
~~~~~~~~~~~~
"Wissen Sie wohl, dass Ihr lieber Getreuer, Friedrich Mergel, den Juden mag ebenso wenig erschlagen haben als ich oder Sie? Leider fehlen die
Beweise, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß."
Mit dieser scheinbaren Aufklärung führt die Erzählerin den Leser ein weiteres Mal in die Irre. Sie weiß natürlich, dass dies
eine Fehlspur ist, gibt es aber mit keinem Wort zu erkennen.