[Zweiter Teil]
... und wie Friedrich so langsam seinem Führer nachtrat, ... erinnerte er unwillkürlich an jemand, der in einem Zauberspiegel das Bild
seiner Zukunft mit verstörter Aufmerksamkeit betrachtet.
Die symbolisch angelegte Szene - Friedrich 'in den Fußstapfen' seines Onkels - deutet auf eine schicksalhafte Bestimmung hin; es scheint für
Friedrich gar keine andere Möglichkeit zu geben, als sich zu einem so gottlosen Menschen zu entwickeln, wie es sein Onkel ist.
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Es war jetzt ganz finster; das erste Mondviertel stand am Himmel, aber seine schwachen Schimmer dienten nur dazu, den Gegenständen,
die sie zuweilen durch eine Lücke der Zweige berührten, ein fremdartiges Ansehen zu geben.
Da Friedrich immer wieder gehört hat, dass der Geist seines Vaters im Brederholz umgeht, packt ihn in der Nähe von dessen Sterbeort die Angst.
Der Onkel scheint sie auch noch absichtlich zu schüren, wenn er ihm die Stelle sogar zeigt und ihn daran erinnert, dass der Vater
"... in der Betrunkenheit ohne Buße und Ölung zum Teufel gefahren war."
Die Anspannung Friedrichs wird jedoch ganz banal aufgelöst mit der Bemerkung des Onkels, Hermann Mergel sei eine "gute Seele"
gewesen und Gott werde es "nicht so genau mit ihm nehmen". Mit anderen Worten: auch hier wird eine schaurige Situation
erzeugt, ohne dass etwas Bedrohliches dann eintritt.
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Als sie wieder in die dunkle Küche trat, stand Friedrich am Herde; er hatte sich vornüber gebeugt und wärmte die Hände
an den Kohlen.
Da es sich nicht um Friedrich, sondern um Johannes handelt, liegt hier eine bewusste Irreführung des Lesers vor, er soll wie Margreth erst
allmählich erkennen, dass er sich getäuscht hat. Die Erzählerin geht mit ihrer 'Unzuverlässigkeit' hier selbst über das noch
hinaus, was E.T.A.Hoffmann dem Leser an spielerischen Irritierungen zugemutet hat. Bei diesem wird einem gelegentlich 'die Welt' unverständlich,
Annette von Droste-Hülshoff riskiert, dass einem ihr Text unverständlich wird.
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Ganz anders als in den Verwirr- und Schauer-Situationen scheint die Erzählerin hier über den Zusammenhang des Geschehens sogar mehr noch zu
wissen, als sie mitteilt; denn von Friedrich Mergels 'meisten Handlungen' ist im Weiteren gar nicht die Rede. Nur noch in drei, vier Szenen tritt er
überhaupt auf, und er feiert darin gerade keine Triumphe, sondern erleidet Niederlagen.
Die Kritik am Verhalten der Mutter, nämlich dass sie es an der gebotenen Strenge Friedrich gegenüber fehlen lässt, schlägt hier um
in offene Ironie. Ihre nur scheinbar frommen Ratschläge haben die Bezeichnung 'kostbares Förderungsmittel' nicht verdient.