Bremen, den 25. Juli 1894
|
... Heute gehe ich über die Contrescarpe, da treffe ich vor
Wagenföhr - Dr. Retberg. Er blieb gleich stehen, und ich fragte,
weshalb er denn nicht nach Florenz gekommen wäre. Da sagte er:
"Das habe ich doch alles an Rena geschrieben ..." Ich antwortete: "Rena
hat mir ... nur gesagt, Sie wären erkältet." Er war darüber
ganz erregt und sagte, das wäre von Rena sehr unrecht. Wir standen
da ca. zehn Minuten, er zeigte mir meine Fotos, die ich ihm im Winter nach
der Aufführung geschenkt hatte. Er trug sie im Portefeuille. Wieder
fühlte ich diese enorme Anziehungskraft, die von ihm ausging. Es ist
fast wie ein Zwang. Er ist zehn Jahre älter als ich und dirigiert
mich irgendwie. Jetzt tritt er in Dresden seine neue Anstellung an, und
dann fragte er: "Wann ist denn die Nachtmusik für Elly und Ihren Bruder
in Horn, dafür will ich nämlich nach Bremen kommen, und da will
ich Sie wiedersehen." Ich sagte: "Ende September", und dann trennten wir
uns. Er ging zur Stadt, und ich dachte: "Ob er jetzt wohl die Französin
besucht?" Jetzt tobt alles in mir durcheinander.
|
|