Repertorium der mittelalterlichen Autoritäten

Zü3

Zürich Zentralbibliothek, Cod. S 318
Umfang 620 Seiten; hier S. 142 (Bl. 76v) -146 (Bl. 78v)
Datierung zw. 1479 (Bl. 1r) und 1580; Autoritäten-Sammlung zw. 1479 u. 1518 (s. Marburger Repertorium der Freidank-Überlieferung) 
Schreiber Hans Vogler (Bl. 1r)
Schreibsprache Südalemannisch (südl. Bodensee; Ort: Altstätten im St. Galler Rheintal)
Inhalt Sammelhandschrift; 'Familienbuch' Hans Vogler d. Ä. u. d. J.; darin u. a. Stricker 'Pfaffe Amis, 'Cisioianus', Freidank, Hans Sproll
Anzahl und Form 23 Vierzeiler, 1 Vierzehnzeiler
Repertorien Marburger Repertorium der Freidank-Überlieferung und
Handschriftencensus
Katalog
  • Mohlberg, Leo Cunibert: Mittelalterliche Handschriften. Zürich 1952 (= Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich I), S. 87, 366 f.
  • Gagliardi, Ernst und Forrer, Ludwig: Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich II: Neuere Handschriften seit 1500. Einleitung und Register von Jean-Pierre Bodmer. Zürich 1982, Sp. 1292.
Archivbeschreibung -
Literatur
  • Häne, Johannes: Das Familienbuch zweier Rheinthalischer Amtmänner des XV. und XVI. Jahrhunderts (Hans Vogler, der Reformator des Rheinthals). In: Jahrbuch für schweizerische Geschichte 25 (1900), S. 43-80.
  • Heiser, Ines: Autorität Freidank. Studien zur Rezeption eines Spruchdichters im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Tübingen 2006 (= Hermaea N.F. 110), S. 46, 54, 61.
  • Gärtner, Kurt: Aus Konrad Bollstatters Spruchsammlung. Die Vierzeilerreihe Wer getaufft ist und in rechtem glauben statt. In: Festschrift Walter Haug und Burghart Wachinger. Hrsg von Johannes Janota u.a. Bd. 2. Tübingen 1992, S. 803-825, hier S. 809, 812.
  • Jäger, Berndt: "Durch reimen gute lere geben". Untersuchungen zu Überlieferung und Rezeption Freidanks im Spätmittelalter. Göppingen 1978 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik 238), S. 253 f., 257.
  • Renggli, Alexa (Hrsg.): Das Familienbuch Hans Voglers des Älteren und des Jüngeren aus dem St. Galler Rheintal. Ein Zeugnis häuslichen Schriftgebrauchs am Ende des 15. Jahrhunderts. Basel 2010 (Selbst-Konstruktion 3), S. 49 f., 297-303 [Edition der Autoritäten-Sammlung].
Anschrift Zentralbibliothek Zürich
Handschriftenabteilung
Zähringerplatz 6
A - 8001 Zürich
 Bearbeiter Kathrin Wenzel (28.1.2012; korr. 16.10.2012)

 

Transkription

(1) Ains mauls got sprach
wer touft ist vnd jn rechtem glouben staut
och got vnd sinen na+:chsten lieb hat
vnd hie durch got dultenklichen lidet pin
Der wirt behalte(n) vnd ewenklichen by gott sin

(2) Mangnus alberchtus spricht
wenn der mensch recht geda+echt wer er wa+er
vnd von wanne(n) er komet her
vnd was uss jm mu+oss werden
So wurd er niemer fro+elich uff erden

(3) augustinus spricht
Es ist uff erd kain erschrockner ding
denn das der mensch sich selb wigt als ring <mensch: überzähliger Schaft bei m>
vnd nit von sinem vnrechten leben laut
vnd so gar jn aine(m) vnsichere(n) wesen staut <77r>

(4) gregorius spricht
Mensch du mu+ost sterben da fu+:r hilft dich nicht
vnd waist doch nit uff welich stund das beschicht
Du waist och nit wie es diner sele wirt gon
Darum(b) so+eltest du billich jn truren ston

(5) Crisostimus spricht
Su+och des ersten das rich gottes vnd ta+eglich
vor vnd ee du sus icht vnder windest dich
Ho+ere och da by ain mess ob du macht
wilt du denn petten so tu+o es mit andaucht

(6) aristottulus spricht
Mensch lauss dir uff erd nit <nach ni ein m getilgt> so lieb sin
Das du vergessest des heren din
betracht ta+:glich sin marter vnd sin liden
So wil er dich ewenklichen niemer vermiden

(7) beda spricht
Mensch du solt got dancken fru+e vnd spaut
Das er dich geschaffen vnd nach jm gebildet haut
Danck jm och dar by mit rechter begir
aller der gu+ot ta+:t die er hat verlichen dir

(8) bona ventura spricht
wenn du uff staust oder nider gaust
wenn du gessen wilt oder gessen haust
So sag danck gott dem heren
vermacht <gestr. s> denn so gib din almu+osen geren

(9) Paulus spricht
Mensch wilt du ewenklichen wone(n) by gott
So fürcht jn vnd halt sin gepott
wilt du denn bo+:s anfechtunge(n) u+:berwinde(n)
So mid todsünd vnd lauss dich selten mu+:ssig vinde(n) <77v>

(10) Jeronimus spricht
wilt du got dienen so mu+ost du die welt lon
wen niema(n) zwaigen heren wol dienen kan
Dienest du der welt so vndienest gott
Dienest aber gott so kumpst du nit jn ewig not

(11) Ambrosius spricht
Mensch su+:nd nit uff gocz barmherczikait
Lauss dir dines na+:chsten tru+ebsa+el wesen laid
betracht das zerga+:ncklich leben jn diesem ellend
vns spar dine gu+ote werck nit bis an das end

(12) boetius spricht
Es ward der su+:nder so gross nie
Hett er rüw vnd laid vm(b) sin su+:nd hie
gott wil jm die barmherczenklich vergeben
Tu+ot er das by zit das merck gar eben

(13) bernhardus spricht
boecius hat geschriben vnd gesprochen
Ich sprich es belibt kain übel on gerochen
so belibt och kain gu+otta+:t on gelonet
sa+:lig ist der der got jn allen dingen schonet

(14) Jsiderus spricht
Woran dir nit vast sig gelegen
Das verwig dich vnd lauss es vnder wege(n)
vnd wart dem zu+o das no+:tlicher ist
vnd das du von not vnd eren wegen gebunde(n) bist

(15) fridanckus spricht
Wilt du sin mit ru+ob vnd mit gemach
So red lüczel vnd verantwurt nit allsach
Schwig übersich gib dine(n) obre(n) obsar <?> [sâr, 'sogleich']
vnd wo bo+:se geschla+:cht sind da hu+:t dich vor <78r>

(16) Ipocras spricht
Mit dine(n) dingen solt du nit vil wunder triben
Tu+o hu+:pschlich vnd lauss es alles by aine(m) gliche(n) blibe(n)
Spar das din vnd wird nu+:nt zu+o vnnucz on
won wer fast güdet der mag nit lang beston

(17) blato spricht
Er ist werd wer gewalt vnd gu+ot haut
wenn jm aber sin gewalt vnd gu+ot engaut
So ist er vnwerd vnd man sicht jn kum an
Das bedenck eben du sigest ain wise frow oder man

(18) kato spricht
Hab jederman nach dem er ist
vnd red niema(n) übel zu+o kainer frist
vnd nim dich nit frömbder onmu+oss an
besorgest du das din so bist ain wise frow ode(r) ma(n)

(19) dauit spricht
Was dir schad oder schand sig das flu+:ch
vnrechtes gu+ots dich nit vnder zu+:ch
vnd nere dich diner henden arbait
verschwig och was dir werd haimlich gesait

(20) Salamo(n) spricht
Was du tu+on wilt das fach wislich an
betracht das end vnd merck was dar nach werde gon
bis jnhaimsch sorgsam vnd halt dich schlecht
so wirdest du sa+:lig haltest du die lere recht

(21) Hugo spricht
O mensch du Edle creatur
To+:de din bo+:sen natur
wilt du mit got verainet sin
So sich an den adel der sele din <78v>

(22) seneca spricht
Ich han gu+ot das ist nit min
Ach got wes mag es sin
Es staut nit mer jn mine(m) gepott
dDann als vil ich verzer vnd gib durch gott

(23) Salamon spricht
Aller wisshait <gestr. amefang> fundament
jst das man gott eret vnd erkent
vnd anbetten ainen gott
vnd dar zu+o halten sin gepott

(24) Der wis man spricht
wiltu ain gerechter richter sin
So nim baider tail red gareben jn
bist dann der sach nit wis zu+o frischer taut
So bedenck dich wol vnd hab der wisen raut
vnd vrtaile denn nach diner vernunft
vnd gedenck an gottes zu+o kunft
Tu+o das niemant zu+o lieb noch zu+o laide
sich nit an fru+:ntschaft gunst noch gabe
got richtet nach dem rechten
Hie lit der her by den knechten
Alle her nach vnd merck jetlich mensch dar by
welher her oder knecht sy
Her gib jnen die ewigen ru+ow
vnd das ewig leben lu+:cht jnen da(r)zu+o       ama(n)

 

<Initales rundes s wechselt mit Schaft-s: der Unterschied wird in der Transkription übergangen.>