Repertorium der mittelalterlichen Autoritäten

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Wien Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2817
Umfang 71 Bll.(in 4 Teilen); hier Bl. 59vb-61ra (in Teil I)
Datierung 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts (Teil I)
Schreiber unbekannt; mehrere Hände
Schreibsprache ostschwäbisch
Inhalt Sammelhandschrift medizinischen Inhalts; darin Rezepte, Gebete, Segen
Anzahl und Form 36 Zweizeiler
Repertorien Marburger Repertorium der Freidank-Überlieferung und
Handschriftencensus
Katalog
  • Menhardt, Hermann: Verzeichnis der altdeutschen literarischen Handschriften der ÖsterreichiscThen Nationalbibliothek. Bd. 1. Berlin 1960 (= Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Sprache und Literatur 13), S. 327-340. (online)
Archivbeschreibung Hermann Menhardt (1933) 31 Bll. (online)
Literatur
  • Heiser, Ines: Autorität Freidank. Studien zur Rezeption eines Spruchdichters im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Tübingen 2006 (= Hermaea N.F. 110), S. 43.
  • Jäger, Berndt: "Durch reimen gute lere geben". Untersuchungen zu Überlieferung und Rezeption Freidanks im Spätmittelalter. Göppingen 1978 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik 238).  S. 26, 157 f., 196, 249.
  • Seelbach, Ulrich: Der Meister, Propheten, Poeten und Könige Sprüche. In: ZfdPh 104 (1985), S. 368-380.
  • Seelbach, Ulrich: Der Meister, Propheten, Poeten und Könige Sprüche. In: Verfasserlexikon. 2. Aufl. Bd. 6 (1987), Sp. 340-341.
Anschrift Österreichische Nationalbibliothek
Handschriftenabteilung
Josefsplatz 1
A - 1015 Wien
 Bearbeiter Kathrin Wenzel; U. Seelbach

 

Transkription

<59vb>

der haidnischen maister spru+ech vachent an

(1) Der maister socrates spricht
es ist niu+er ain got
der aelliu+e ding geschaffen hat

(2) ¶ Es spricht dionisius
in der hailigen ainikait
wesen der driualtikait

(3) ¶ Auerrois
gelaub etwas daz ist war
daz man begriffet nit vmb ain har

(4) ¶ Gregorius
Es ist diu+e gro+est weishait
der warhaften gelauben tret

(5) ¶ Aristotiles
dem alles dink daz da wirt
diu+e vor gewesen materi pirt

(6) ¶ Augustinus
Es was der alten ticht
daz von nicht wurde nicht

(7) ¶ Es spricht plato
diu+e ordnung aller ding
hant auch irn lauff gar ring <60ra>

(8) ¶ Es spricht ambrosius
got schepfer aller ding
hat geseczet den lauf aller ding

(9) ¶ Es spricht porpfirius
zu+o dem zwelfboten petro
der den gelauben p(re)digot do

(10) ¶ Es spricht jeronim(us)
dein ain sprechent red
die nit su+end sei ze aller stet

(11) ¶ Es spricht v+enser herr jesus (christ)us
der ain gewaltig richter ist
welcher lay gericht du+o tu+ost
daz selb du+o von mir haben mu+ost       [=Tr1-18]

(12) ¶ Es spricht thobyas
vermide daz v+ebel vn(d) tu+o daz gu+ot
so hast du+o immer senfte(n) mu+ot

(13) ¶ Es spricht Cesarius
kanst du+o daz gu+ot vn(d) tu+ost sin nit
so hast mit dem tiu+efel pflicht

(14) ¶ Es spricht hylarius
wir su+ellen gern dienen crist
so git er daz verdinet ist

(15) ¶ Es spricht damascus
von dem tiu+efel ist er geborn
der vnrecht geta+un hat vs erkorn     [=Tr1-15: Johannes Ev.]

(16) ¶ Es spricht Rabanus
dem<60rb> gu+oten volget gu+ot taut
der v+ebel billich schaden hat

der weiszagen spru+ech

(17) Ez spricht Micheas
su+endest du+o vn(de) fu+erchtest nit
gotes zorn in kainer pflicht                 [=Kö1-12; Tr1-8]

(18) ¶ Job der weiszag sagt
von dem gericht gross klag             

(19) ¶ ysayas
we dem der diu+e gu+oten recht
verbirget vmb die ga+ub vnschlecht   [=Kö1-3; Tr1-17]

(20) Jn josepfat spricht ainer gelich
verderbet got gewalticlich                     [=Tr1-11: Johel]

(21) ¶ Moyses spricht
ainem weisen blinden knecht
machet die ga+ub vermiden recht      [=Kö1-2; Tr1-13]

der poeten spru+eche

(22) Lucanus spricht
der gewaltig ru+ochet vmb diu+e recht
kraft die recht wiszent schlecht           [=Kö1-16; Tr1-1]

(23) ¶ Es spricht auianus
der yrdin haffen vil wol frumt
so er verr von den eren chumt            [=Kö1-15; Tr1-2]

(24) ¶ Odacius spricht
schaft aelliu+e ding gerecht da by
als lieb dir daz ze <60va> iungst sei  [=Kö1-14; Tr1-4]

(25) ¶ Alexander
daz got gestiftet hat aelliu+e ding gerecht vn(d) auch ain riche
daz endet sich nit ewicliche                [=Kö1-8; Tr1-7]

(26) ¶ Es spricht alanus
die burger werdent v+eber ain
ob si ze recht sint gemain                 

(27) ¶ katho spricht
daz fleisch wil sterben ·e·
daz es verlaugen der welt ere       [=Kö1-7; Tr1-6]  [verlaugen, 'verleugnen']

(28) ¶ Fridank spricht
wer sinem vnrechten vnrecht tu+ot    [~ Freidank 106,20-21] [vnrechten, eigentl.: rechten]
dem wirt daz end selten gu+ot

(29) ¶ Es spricht seneca
ains mannes red ist ain helbiu+e red
man sol si verho+eren baid

(30) ¶ Es spricht job
Mensch richt nach den fu+enf sinnen din
ob du+o gern by got wellest sin

der ku+enig spru+ech

(31) Der ku+enig ezechias sprichet
vmb den rechten dienst eben ·
jst gelengt mir min leben                  [=Tr1-15]

(32) ¶ Es spricht dauid
barmung ist ho+echer sicherlich
denn aelliu+e werk in himelrich     [=Kö1-18]

(33) ¶ Salomon sprichet
daz <60vb> gerecht werd enpfachet        [werd, eigentl.: wort]
da von iu+e hail der sel nachet

(34) ¶ Es spricht karl
swer daz volk schirmen sol
der sei gitig daz stet wol                           [=Kö1-19; Tr1-14] [gitig, eigentl.: güetig]

(35) ¶ Es spricht rabam
jch ward beraupt der ku+enig hort
jch gab den schlechten scharpfiu+e wort   [=Kö1-20]

(36) ¶ Er <sic> spricht saul                    [Er, eigentl.: Es]
Gotes wort versmecht jch
dar vmb brent die helle mich                 [=Kö1-21]

¶ Spru+ech von troy

Jst zer helle gar vnrecht                [vnrecht eigentl.: gerecht]
Ain haiden des tiu+efels knecht            [=Kö1-22: Trajan]
Diu+e gaistlich weishait ze aller frist
ymmer vnto+etlich ist

Ain ieglich weishait weltlich
wirt geachtet v+eppeclich

Du+o solt lieb haben crist
Mit vorcht v+eber alles daz er ist     [daz er ist, eigentl.: daz dar ist, 'das da ist']

Minn got in dinem mu+ot
vn(d) bis vor su+enden wol behu+ot

Versmech die welt all tag
Die himel frau+ed in herczen trag

Alliu+e ding versten solt <61ra> du+o
vn(d) solt si haben als si sint nun
Der weis wu+enschet v+eber sich
die waren frau+ed inhimelrich <sic>
Er nidet die su+end mit gu+otem mu+ot     [nidet, eigentl.: midet, 'meidet']
Er versmecht die welt vn(d) ir gu+ot
Die aller besten er erwelt
Von bo+esen dingen er sich schelt             [~ Kö1-20: Judas]