Repertorium der mittelalterlichen Autoritäten

St1

Stuttgart Landesbibliothek, Cod. Don. A III 54
Umfang 262 Bll; hier Bl. 34v-39*r
Datierung ca. 1540 bis 1550 (s. Kat. dtspr. ill. Hss., S. 307)
Schreiber Wilhelm Werner Graf von Zimmern (1485-1575)
Schreibsprache schwäbisch 
Inhalt Vergänglichkeitsbuch (sog. 'Zimmernscher Totentanz'); illustrierte Sammelhandschrift mit kurzen geistlichen Texten zur Vergänglichkeitsthematik (Vorlage von Be1 [Berlin, Kupferstichkabinett, Cod. 78 A 19, olim Hs. 123, Bl. 35r-41r] und St2 [Stuttgart, LB, Cod. Don. 123, hier Bl. 35r-40r).
 Farbabbildung (LB Stuttgart);
 SW-Abbildung mit Transkription: Kiening, Christian und Herberichs, Cornelia (Hrsg.): Das Vergänglichkeitsbuch des Wilhelm Werner von Zimmern. Eine Bilderhandschrift der Frühen Neuzeit. Univ. Zürich o.J.
Anzahl und Form 10 Zweizeiler, 42 Vierzeiler, 1 Sechszeiler, 1 Achtzeiler, 1 Zehnzeiler und Prosa
Repertorien Marburger Repertorium der Freidank-Überlieferung
und Handschriftencensus
Katalog
  • Frühmorgen-Voss, Hella; Ott, Norbert H.; Bodemann, Ulrike; Fischer-Heetfeld, Gisela: Katalog der deutschsprachigen illustrierten Handschriften des Mittelalters. Bd. 1. München 1991, S. 304-324; hier S. 310f. u. S. 310. (online
Archivbeschreibung -



Literatur
  • Holtorf, Arne; Gärtner, Kurt: 'Autoritäten' (gereimt). In: ²VL 1 (1978), Sp. 557-560, hier Sp. 557.
  • Heiser, Ines: Autorität Freidank. Studien zur Rezeption eines Spruchdichters im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Tübingen 2006 (= Hermaea N.F. 110), S. 42 f., 53, 55, 58 f., 61.
  • Holznagel, Franz-Josef: Selbstdarstellung und Montage im 'Vergänglichkeitsbuch' des Grafen Wilhelm Werner von Zimmern (ca. 1550). In: ZfdA 134 (2005), S. 143-182; hier S. 153 f.
  • Kiening, Christian und Herberichs, Cornelia (Hrsg.): Das Vergänglichkeitsbuch des Wilhelm Werner von Zimmern. Eine Bilderhandschrift der Frühen Neuzeit. [online]
Anschrift Württembergische Landesbibliothek Stuttgart
Handschriftenabteilung
Konrad-Adenauer-Str. 8
70173 Stuttgart
 Bearbeiter Kathrin Wenzel; U. Seelbach (28.6.2013) 

 

Transkription

<34v> <Das Paragraph/Absatzzeichen ¶ vor den Überschriften/Sprechernamen wurde nicht wiedergegeben>

Hie nach volgend allerlay
schöner, au+"ch nu+"tzlicher sprüch
von den hayligen lerern, zw+u
des menschen besserung (et cetera)

(1) Moyses
Mensch wiltü ewigklich wonen bey gott
So forcht in/ vnd halt die zehen gebott
Wiltü bose anfechtu+"ng v+:berwinden
So meyd todsünd vnd laß dich darin(n) nit finden

(2) Gregori(us)
Su+och am ersten das reych gotz teglich
Ee dan(n) du+" nichtz vnderwindest dich
Ho+er o+uch ain meß darbey ob du+" macht
Da+: bet mit gro+usser andacht

(3) Au+"gu+"stin(us)
Es ist vff erden kain erschrockner ding
Dan(n) das der mensch sich wigt so ring
Das er von dem vnrechten leben nit lät
Vnd so gar in ainem vnsicheren wesen stät

(4) Ambrosi(us)
Es ward der su+"nder so gro+uß nie
Het er ru+ow vnd layd vmb seine su+und all hie
Got will im die barmhertzigklich vergeben
Du+ot er es anders bey zyt/ das merck eben <35r>

(5) Jeronim(us)
Mensch su+"nd nit vff gotz barmhertzickait
Laß dier deins nechsten tru+ebsal wesen lait
Betracht disz zergengklich leben in disem ellend
Vnd spar deine gu+oten werck nit bis vff das end

(6) Dau+"it
Was dier schad vnd scha(n)nd ist das flu+uch
Vnrechtz gu+otz dü dich nit vndertzu+uch
Vnd ner dich deiner hand arbait
Verschweyg o+uch was man dier in gehaim sayt

(7) Salomon
Was du+" thu+ost fach weyslich an
Bedenck das end, merck was darnach werd gon
Bis anhaimsch, sorgsam, halt dich schlecht
Die lere nym von mier armen knecht

(8) Crisostim(us)
Mensch laß dier vff erden nichtz so lieb sein
Das dü vergessest got des scho+epfers dein
Betracht teglich sein marter vnd sein leyden
So will er dich ewig ny(m)mer vermeyden

(9) Pau+"lu+"s
Wiltü got dienen, so mu+ostu+" die welt lan
Dan niemand zwayen herren recht dienen kan
Dienestü der welt, so verlu+"rst du+" gott
Dienestü got, so ku+"mpstü nit in ewige no+ut <35v>

(10) Ysidor(us)
Waran dier nit vast gro+uß ist gelegen
Das verwig dich, laß es vnderwegen
Vnd wart dem zw+o das dier no+etter ist
Das du+" von no+ut vnd eren gebu+"nden bist

(11) Bernhard(us)
Mensch dü mu+ost sterben darfu+"r hylft nicht
Du+" waist aber nit/ wan(n) das selb geschicht
So waistü o+uch nit, wie es deiner armen sele do+:rt wu+"rt [gon]
Daru+"mb soltü allezyt in ru+uwen ston

(12) Beda
Wan(n) du+" vff stäst oder wan(n) du+" nider gäst
So du+" essen willt/ oder so du+" geessen hast
So sag lob vnd danck gott deinem herren
Vermagstü es/ so gyb dein armu+osen gern

(13) Bonau+"entu+"ra
Wer getho+ufft wu+urt/ vnd in Cristem glo+uben stät
Vnd gott vnd sein nechsten <menschen gestr.> lieb hät
Du+"rch got gedu+:ltegklich leydet anfechtu+"ng vnd pein
Der wu+"rt behalten bey got ewig sein

(14) Magnu+"s Albert(us)
Wan(n) der mensch recht bedecht wer er wer
Oder von wannen er wer küm(m)en her
Vnd was vß im wider wu+"rd werden
So wu+"rd er ny(m)mer fro+u vff erden

(15) Boecius <36r>
Man fint bezaychnet vnd geschriben
Das nie kain su+"nd vngestraffet belyben
So beleyb o+uch kain gu+othait on belonet
Wol dem der gotz in allen dingen schonet

(16) Aristotiles
Mensch du+" solt got dancken fru+e vnd spat
Das er dich beschaffen/ vnd nach im gebyldet hat
Danck im darbey in rechter begier
Alles gu+oten/ so er hat verlyhen dier

(17) Seneca
Wem sein sy(n)n nach der welt wolnu+"st/ vnd ere stat
Vnd im in seinen su+onden glu+"cklich vnd wol gat
Der ist on allen zweifel gewu+uß
Das er ku+"mpt in ewige verdamnu+"s

(18) Catho
Hab jederman darfu+"r er ist
Vnd red niemand v+ubel/ zw+o kainer frist
Nym dich nit frembder vnmu+oß an
Besorgest dü dich/ thu+or <sic> das/ so bist ain recht man

(19) Ypocras
Mit deinen dingen soltü nit wu+"nder treyben
Thu+ur <sic> gemach/ laß es bey aim gleychen beleyben
Spar/ vnd wu+"rd nichtz zw+o vnu+"tz on
Dan wer vast geu+udet mag die lenge nit beston <36v>

(20) Plato
Der ist wert der gewalt vnd gu+ot hät
Wan im aber der gewalt/ vnd das gu+ot entgat
So ist er vnwert/ vnd sicht man in nit mer an
Das bedenck eben bistü ain weyß man

(21) Abacu+"c
Wiltü ain gerechter richter sein
So nym bayder thail red gar eben ein
Bistü der sach nit weyß genu+ug zw+u verston die tha+:t
So bedenck dich wol/ vnd hab der weysen ra+:t

(22) Silu+"ester
Vrthail nach vernu+"nft vnd gewissenhait
Niemand zw+" lieb/ vnd niemand zw+" layd
Ain partej gleych als die ander lieb hab
Sich nit an gu+"nst/ mu+et/ oder ga+:b

(23) Die gerechtickait
Richter wiltü gnad vmb got erwerben
Vnd an deyner sele nit ersterben
So richt dem reychen als dem armen
Laß fru+untschaft/ mu+et/ gu+"nst/ neyd/ haß/ bey dier nit erwar(m)men

(24) Freydanck
Wiltü sein mit ru+"w vnd gemach
Red lu+utzel verantwu+"rt nit all sach
Vbersich deim obern/ vnd gyb im beüor
Wa bose geselschafft sey da hu+et dich vor <37r>

(25) Sibilla
Schweygen ist ain gro+usse ku+"nst
Wer zw+o vil ret/ macht im vngu+"nst
Vor argem ist kain besserer list   
Dan wer seiner zu+"ngen maister ist          [= Freidank 165,9-10]

(26) Jhesu+"s
Wer da volget meyner ler
Der da demu+etig vnd gedu+"ltig wer
Vnd selber wol bekante sich
Der mensch wu+"rd selig sicherlich

(27) Salomon
Aller welt fu+"ndament
Jst/ das man got lieb hat/ vnd in erkent
Vnd an betten ainen got
Vnd darbey halten seine gebot

(28) Bernhard(us)
Mensch hab got lieb vor allen dingen
So mag dier ny(m)mer myßlingen
Vnd die vil werden mu+uter sein
Die vns wo+ell behu+eten vor ewiger pein

(29) Jhesu+"s
O alle menschen habend sorg vnd besynnend u+uch gar eben <eben u.d.Z.>
Dan vmb all v+:wer vnu+utze wort ier mu+:send rechnu+"ng gebe(n) <rechnu+"ng gebe(n) u.d.Z.>
Daru+"mb sind in v+uwern worten behu+ot/
Das ier nit ku+"mend in der helle glu+ot/ <37v>

(30) Freydanck
Jch hab gu+ot das ist nit mein
Ach got wes mag es dan(n) sein
Jch wond es wer mein mit recht
So bin ich sein doch alle zyt ain knecht

(31) Dau+"it
Was soll reychtu+ong in bo+eser zw+o u+"ersicht
Als der tod aim jetlichen menschen sein hertz hie pricht
Dan hie ist nichtz anders/ dan sterben von ere vnd gu+ot
O wie wee das der sele vnd dem leyb thu+ot

(32) Ambrosi(us)
Wiltü mit gott veraynet sein
So soltü sein allerliepster diener sein
Vnd die gelüst der sünden dürch seynen willen fliehe[n]
So wu+:rt sich dan(n) als dein leben zw+o got dem herren ziehe[n]

(33) Bernhardin(us)
Wien diser welt ku+"rtze wolnu+"st fro+uwt
Fu+"r die ewigen selickait
Der mensch hat sich selber betrogen
Vnd ha+:t gebu+owen vff ain regenbogen     [~ Freidank 1,7-10]

(34) Job
Du+" solt gern sein allain
Vnd halt dein gebet rayn
Vnd halt o+uch wol die ·x· gebott
Vor allen dingen so hab lieb den almechtigen got <38r>

(35) Enoch
Seyder nu+"n recht vnd beschaydenhait
Der tu+"gend ain kron vff trayt
So hab ich nie bessers gelesen
Dan recht thu+on vnd fro+elich wesen

(36) Abraham
Ob aller welt wayszhait leg an ains mensche(n) synn
Denocht so mu+est er nu+"n dahin
Hieru+"mb soltend wier nach gottes hu+"ld hie streben
Das wier do+ert y(m)mer vnd ewig mo+echtend leben

(37) Johannes
Wer der welt gu+ot vnd ere hat vsserkoren
Dardürch er got sein scho+epfer hat verloren
O was thorechten wechsels hat der mensch gheton
Wa(n)n nach seim to+ud, mu+oß er got/ vnd das gu+ut lon

(38) Au+"gu+"stin(us)
Die gehorsamkait ist ain grossze tu+"gend
Bayde in dem alter vnd in der ju+"gend
Wer die in gottes dienst begat
Vnd allwegen den su+"nden damit widerstat
O edle sele mein
Hab lieb gott den scho+:pfer dein

(39)  Catho
Wer den su+"nden well widerston
Der mu+oß got von gantzem hertzen lieb hon
Steg vnd weg zw+o den su+"nden fliehen
Dan will sich all dein leben zw+o got ziehen <38v>

(40) Jeremias
Der mensch der sein leben bringt zw+o gu+otem end
Den will got nemen gar behend
Jn sein gnad vnd barmhertzickait
Den bo+esen ist alle zyt die helle berayt

(41) Ezechiel
O mensch zw+o got richt dein leben zw+o aller stünd
Die weil dü hie im zyt bist frisch vnd gesünd
Am todbet wo+eltest du+: hettest die sünd gelon
Du+" wo+:ltest o+uch dü hetest kain vbels nie gethon

(42) Salomon
Gu+ote vernu+"nft ist ain kron
Sollichs zaigt an her Salomon
Sy maisteret des menschen natu+"r
Es werd im su+eß oder su+"r
Wider das sind etlich maister mit dem freyen wille[n]
Das der des menschen vernu+"nft mu+ug gestyllen
So sprechend die lerer, die liebe gotz, sey v+uber die bay[den]
Das ist dan gu+ote vernu+"nft maisteret Cristen vnd hay[den]

(43) Merck
Deine werck volgend dier nach
Gedenck daran fu+"rcht gottes rach
Dan die aller gro+essest no+ut
Jst der selen ewiger to+udt
Kain hertz mag das besynnen
Wiltü dem entrinnen <39r>
So wu+urck bu+oß im zyt das ist meint ra+:t
Hu+et dich vor der sünden that
O ain schwere rechnu+"ng mu+ostu+: geben
Dem gerechten richter vmb dein leben

(44) Seneca
Het su+"nd nit der su+"nden nam(m)en
Denocht solt ich mich billich der sünden scham(m)en

(45) Aristotiles
Fu+"rwar ich dier verkünde
was schand ist/ ist o+uch sünde

(46) Oseas
Wer da stellet nach der gerechtikait
Der hat dem vnrechten gar ser widersait

(47) Amos
Gerechtikait ist hie ain hort
Vnd bringt vns ewige fro+:de dort

(48) Moyses
Het jederman die gerechtikait gern
So würd man sünden vil enbern

(49) Zacharias
Es kan vnd mag nit anders gesein
Wer hie sündet/ der leyt do+ert ewige pein

(50) Jeremias
Menger waist des rechten vil
Der doch das vnrecht nit lassen wil <39v>

(51) Abacu+"ck
Der ainen lobte nach dem er thet
Menger belyb an eren stet

(52) Daniel
Fu+or reychtu+"ng vnd fu+"r alles gu+ot
Jst wer im hie recht thu+ot

(53) Aaron
Wer gu+otes waist vnd arges thu+ot
Der sündet mit verdachtem mu+ot

S(anctus) Au+"gu+"stin(us) spricht
So+elt ain mensch nit lenger da(n)n ain <geb. aus aim> stu+"nd
des tags sein in dem ewigen leben/ daru+"mb
so+elt er sich verzeyhen aller fro+:den/ die in vil/ hu+"n-
dert jaren/ hie vff erden mo+echtend gesein/

S(anctus) Jeronimu+"s spricht
Wer es das dier dein mu+oter zaigen wer/ die/
bru+ust damit sy dich geso+"get het vnd dein schwe-
ster dier vmb dein halsz fiele/ vnd dein vatter
sich vff die Erdt <Erdt a.R.> fu+"r dich niderlegte/ in maynu+"ng
das sy dich wo+:ltend hinderen got mit fleyß/
zw+o dienen, kere dich nit daran, sich an das
cru+utz (christ)j/ Das ist ain besündere gu+othait an
dier, so dü in dem gotzdienst streng vnd hert
bist/ o+uch dari(n)n verharrest

S(anctus) Au+"gu+"stein
O lieber mensch hettest du+" ain tropfen/
blu+otz/ vß dem zarten leyb (christ)j geflossen, ver-
borgen in ainem glaß/ wie gar mit gro+us- <39*r>
sem fleyß/ du+" das wu+"rdest hehu+:ten/ als och billich
wer/ nu+"n ist die sele des menschen erko+ufft wor-
den/ mit dem gantzen blu+otuergiessen (christ)j vnd
ist also die sele/ ho+eher geschetzet worden/ dan al-
les blu+ot (christ)j, darmit sy erlo+eset ist, Daru+"mb so be-
halt dein sele in gro+usser hu+ut das dü sy mo+egest
antwu+"rten got an dem ju+"ngsten tag, lu+"ter vnd
rain on alle mackel, als sie gewesen ist nach/
dem hayligen to+uff so hastü hie im zyt deiner
sele wol gelept.

(54) Der weyß man
Die wu+"nd ny(m)mer hayle wu+urt
Die weyl das eysen darin(n) schwyrt
Die weyl der mensch treget sünden last
So ist er rechter fro+eden ain gast     [= Freidank 37,4-7]

(55) Au+"gu+"stin(us)
Man leydet gro+:ssere arbait
Vmb der helle willen/ vnd gro+:sser laid
Dan(n) du+"rch das hymelreych
Vnd lonend doch gar vngeleych      [= Freidank 66,1-4]