Repertorium der mittelalterlichen Autoritäten

Mg

Wrocław Universitätsbibliothek, 400346
Umfang 50 Bll.; hier Bl. H7r-H8r
Datierung zwischen 1496 und 1504 (Nieländer, S. 40)
Schreiber J.N.Z. (Eintrag im VD) = Johannes Newmann aus Zittau (imm.  WS 1496 in Leipzig; lebte 1504 in Posen); in der Inkunabel Baptista de Salis: Summa casuum conscientiae. Venedig 21. 12. 1499 [Wrocław UB, 400574] (= GW 03326 = HC *14186),  nennt er sich mit vollem Namen "1504 Ego sum Johannis newmann praedicatoris almanorum posznanie" (Eintrag im HD; Nieländer, S. 39).
Schreibsprache ostmitteldeutsch (nach niederdeutscher Vorlage)
Inhalt Die niederdeutschen Propheten-Reime ("der propheten rimen") des Magdeburger Rathauses (angebracht zu Beginn des 15. Jhs.?, so Nieländer, S. 41) sind mit der Zerstörung des Gebäudes (1631) verloren gegangen. Es ist lediglich ein Zweizeiler in der niederdeutschen Fassung abschriftlich dokumentiert. Die Autoritäten-Sprüche sind aber in einer mitteldeutschen Sprachfassung dokumentiert als hsl. Eintrag auf den letzten beiden unbedruckten Blättern einer Inkunabel der Brieger Gymnasial-Bibliothek: Aenea Silvio Piccolomini (Pius II papa): De situ, ritu, moribus et conditione Teutoniae. Leipzig: Wolfgangus Stoeckel 1496. 4° (= GW 33835 = HC *249) - ältere Signatur der UB: Brzeg Ant. I, 296,7; zuvor Brieg, Gymnasialbibliothek, Sig. Ce 91.
In der Magdeburger Schöppenchronik ist ein Zweizeiler wie folgt wiedergegeben: "Dar v(m)me is dwangk nutte wor men gude pollicien vnd gud regiment holden schal in eyner stad Dat leren Iw der p(ro)pheten rymen uppe der loue(n) De sint dar to eyner dechtnisse schreuen Mangk de(n) rymen ludet eyn alsus Ik rade Iw sunder wangk Vrochtet god vnd holdet dar by dwangk'" (nach der Hs. Berlin SB, Ms. boruss. fol. 172, Bl. 167rb (vgl. Ed. Janicke, S. 313, hier  Bl. "131v"; vgl. unten, Spruch 8). Das Zitat hat Frau Anne-Beate Riecke (Berlin) für mich überprüft (26.3.2014) und bei dieser Gelegenheit auch auf die neue Foliierung der Hs. hingewiesen - bei Hoffmann, S. 321: "Jk rade jw sunder wangk vrochtet godt vnd holdet darby dwangk" (Bl. 261a der Hs. der Magdeburger Schöppenchronik der Stadtbibliothek Magdeburg [verschollen seit 1945] - Hinw.  Klaus Graf)
Anzahl und Form 15 Vierzeiler (?), ein Zweizeiler (Verteilung unsicher; da der Text fortlaufend in 62 Versen  eingetragen wurde; möglicherweise beruht die Abschrift auf einer [gedruckten?] Stadtregimentslehre, zu denen die Propheten-Sprüche des Magdeburger Rathauses umgearbeitet wurden). Die Abweichungen bei Spruch 4 sind gravierend (daher kann die abschriftliche Überlieferung allenfalls für den Inhalt stehen - eine Rekonstruktion des mnd. Wortlauts ist daraus nicht mehr zu rekonstruieren).
Repertorien  
Katalog  Katalog der ehemaligen Gymnasialbibliothek in Brieg [online]
Archivbeschreibung  
Literatur
  • Bierschwale, Heike; van Leeuwen, Jacqueline: Wie man eine Stadt regieren soll: Deutsche und niederländische Stadtregimentslehren des Mittelalters. Frankfurt/M. 2005, S. 24, 58 f., 100, 130
  • Erler, Georg (Hrsg.): Die Matrikel der Universität Leipzig. Bd. I. Leipzig 1895, S. 415
  • Heiser, Ines: Autorität Freidank. Studien zur Rezeption eines Spruchdichters im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Tübingen 2006 (= Hermaea N. F. 110), S. 48.
  • Hoffmann, Friedrich Wilhelm: Geschichte der Stadt Magdeburg, nach den Quellen bearbeitet. Bd. 1. Magdeburg 1845, S. 320 f. (Anm.) [online]
  • Janicke,Karl (Hrsg.): Die Magdeburger Schöppenchronik. Leipzig 1869 (= Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert. Die Chroniken der niedersächsischen Städt 1), S. 313. [online]
  • Nieländer, Franz: Die Propheten-Reime im alten Magdeburger Rathause. In: Niederdeutsches Jahrbuch. Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung 48 (1922), S. 39-43 (Edition). 
  • Seelbach, Ulrich: Der Meister, Propheten, Poeten und Könige Sprüche. In: ZfdPh 104 (1985), S. 368-380, hier S. 380.
  • Stegmann, Eduard: Aus dem Volks- und Brauchtum Magdeburgs und der Börde. Magdeburg 1935 (= Magdeburger Kultur- und Wirtschaftsleben 4), S. 15-17. (mit unzuverlässiger Edition als Vierzeiler und willkürlicher Zuweisung an die Propehten Jesaias, Jeremias, Ezechiel und Daniel)
Anschrift Biblioteka Uniwersytecka
Oddział Rękopisów
ul. Św. Jadwigi 3/4
50-266 Wrocław
 Bearbeiter Ulrich Seelbach (10.10.2012; korr. 27.3.2014); Kathrin Wenzel

 

Transkription

<H7r>

(1)
Dy do szytczen(n) ynn gotis acht
Forchtet got yn(n) ewer(er) macht
Von gote habet yr(e) dy gewalt
Eyn(n) yar jst schyre hyn geczalt

(2)
haldet nw yn(n) ewer Stadt
Eyntrechtigkeyt das jst mey(n) Rath
Szehett den gemeynen notcz ahn <dahinter: ann>
Szo magk eyne stadt yn(n) eren bestann

(3)
Der stadt gut szallet er bewaren
Ir szallet geben vn(n)d auch sparen(n)
Gebet dem der es verdynen(n) kan(n) <a.l.R.: j / s >
Sparet es deme der euch vorgan

(4)
Speldigkeyt vn(n)d vngleych teyl
brenget offte <geb. aus vffte> manch vnheyl
Das rat jch euch su+ender wangk
haldet recht vn(n)d dobey getwang <geb. aus dorbey getwangk>

(5)
Dy boszen szal man(n) strapfen(n)
Dy gutten(n) yn(n) erenn losszn
Dorch libe dorch leyt noch do+vrch gebe
Nicht tretet dem rechte abe

(6a)
Eynn <Nasalstrich über nn> weysze man(n) der spricht <nicht> vil
Eyn tore claffet ane czyl

(7)
Geyerheyt unkewscheyt un(n)d czor(e)n
haben manche gutte stadt vorlor(e)n
Eyn(n) czornigk man(n) der hebet streyt
der geyrige der hot grosszen neytt

(6b)
Richtet vn(n)d bedengket alle szache
noch frede, vnde noch gemache <H7v>

(8)
Wer ehm <in (?)> szeyne hende fallen lehet
vilofte em das misse reth
bey alle eweren wergken
Szallet er das ende mergken

(9)
Eynis rede habet jr gehort
Nw horet auch eynis ander(e)n wort
Vnde weget dy szachen gleyche
Dem armen alszo dem reychen

(10)
Wer wyl recht begeren <danach gestr. d>
der szal nicht vnrecht szweren(n)
Wer mit listenn vmmegat
vil ofte her meyneydig wart

(11a)
her vorbusse. zo thet er Recht
her szey herre ader knecht

(11b)
Man halde wilkore vnd gebot
Do bey szal man forchten got

(12)
Vnd wer den rat begunde czu melden
Der jst yo wyrdigk czu schelden(n)
Wer szolches hatt yn orden
Meyneyder jst her worden

(13)
Sichistu+v auge. sprichstu+u mu+undt
Lys. schreyb. sprich vn(n)d sweyg zcu hant
Der das tut der tut recht
das mergkit jr dyner vnd knecht

(14)
Dy gewaldigen herren(n) yn der(e) Stadt
nicht rechen szallen oren alden hat
Wer wyl vor dy herren gan
der szal swert messzer nicht mit jm traynn <H8r>

(15)
Alhye was nicht euch gehit an
das losszet nebyn hen gan
Jst es aber das es euch antrift
bedengket das ende leszet dy schrift.

Wer czu Meydeburg jst geweszenn
Jm Rathawsze hat her dise dyng wol gelesenn