Biochemie der Proteine

Von proteos, das Erste, leitet sich der Name Proteine (J. J. Berzelius, 1838) für alle Eiweißstoffe ab, ohne die Leben nicht möglich wäre. Proteine machen neben Wasser den Hauptbestandteil des menschlichen Organismus aus, sie bilden Stützfasern, molekulare Transportsysteme, Enzyme, Wachstumsfaktoren, Membranrezeptoren, Hormone und vieles andere mehr.

Insbesondere eiweißspaltende Enzyme oder Proteasen und ihre Inhibitoren sind wesentlicher Bestandteil einer großen Zahl von Steuerungssystemen in der Zelle und im gesamten Organismus. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei vielen Lebensvorgängen zum Beispiel bei Gewebeumbau und Immunantwort, bei der Blutgerinnung und Fibrinolyse, bei Stoffwechselprozessen und Wachstumsvorgängen oder bei der Blutdruckregulation. Auch bei vielen Krankheitserscheinungen sind Proteasen, besonders solche aus Leukozyten, am pathologischen Geschehen beteiligt, wie bei Entzündungen oder emphysematischen und rheumatischen Erkrankungen. Das Studium dieser Prozesse, vor allem der beteiligten Enzyme, ihrer Strukturen, Aktivierungs- und Wirkungsmechanismen und ihr diagnostischer Nachweis, ist Gegenstand von Lehre und Forschung, insbesondere in experimentellen Diplom- und Doktorarbeiten. Hierfür werden vielfältige Isolierungs- und hochempfindliche Nachweisverfahren in modern ausgestatteten Labors eingesetzt und Apparaturen sowie analytische Verfahren entwickelt. Auch die zeitgemäßen gentechnologischen Verfahren werden angewendet, um seltene humane Proteine in Mikroorganismen herzustellen und genetische oder strukturelle Informationen über sie zu gewinnen. Hier erfolgt auch eine internationale Zusammenarbeit mit Laboratorien in der ganzen Welt. Die folgende Stereoabbildung zeigt zum Beispiel eine Proteinstruktur die in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern am Max-Planck-lnstitut in Martinsried aufgeklärt werden konnte.

Stereoabbildung

Es handelt sich um die katalytische Domäne der Typ l -Kollagenase aus menschlichen Leukozyten mit ihren drei a-Helices und einem aus fünf Strängen bestehenden verdrillten b-Faltblatt. Weiterhin werden die laufenden Forschungsarbeiten bestimmt von der Suche nach effektiven und spezifischen Protease-Hemmstoffen, die sich als Therapeutika gegen die oben erwähnten Erkrankungen eignen könnten. Damit ergeben sich insgesamt folgende Forschungsschwerpunkte:

1. Menschliche Gewebe- und Leukozyten-Proteasen

a) Isolierung und Charakterisierung
b) Entwicklung von ELISA-Verfahren für die klinische Diagnostik
c) Klonierung der Gene zur Aufklärung von DNA- und Protein-Strukturen
d) Mechanismen der Proenzym-Aktivierung
e) Pathologische Effekte durch Störung von Enzym/Inhibitor-Gleichgewichten

2. Protease- Hemmstoffe

a) Isolierung und Charakterisierung natürlich vorkommender Inhibitoren
b) Semisynthese zur gezielten Änderung der Hemmspezifität
c) Gewinnung von maßgeschneiderten rekombinanten Protease-Inhibitoren
d) Totalsynthese kleiner peptidomimetischer Hemmstoffe

3. Zellbiochemie humaner Leukozyten

a) Untersuchung der chemotaktischen Bewegung
b) Stimulierung und Inhibierung der Enzymausschüttung
c) Untersuchung der Signaltransduktionswege bei Inhibierung der Enzymausschüttung
d) Aufklärung der reaktiven Zentren inhibierend wirkender Proteine
e) Klonierung inhibierender Proteine
f) Nachweis, Chrakterisierung und Klonierung der entsprechenden zellulären Rezeptoren