
35. Herbsttagung Experimentelle Kognitionspsychologie
22. bis 24. November 2002
Alphabetische Liste der angemeldeten Vorträge
- Sven Blankenberger
- Wolfgang Bösche
- Gernot Horstmann
- Anke Huckauf
- Matthias Kaper
- Dirk Kerzel
- Elke Lange
- Holger Mitterer
- Burkhard Müller
- Jochen Müsseler
- Dieter Nattkemper
- Dirk Vorberg
- Constanze Vorwerg
- Andrea Weidenfeld
- Peter Wühr
Sven Blankenberger
Ich hab' da mal 'ne Frage
"Um den 'Prüfungscharakter' nicht zu verderben, bin
ich so dreist, das Abstract zu verweigern."
Wolfgang Bösche
Versuchspersonen-Akquisition: Zusage und Erscheinen zu einem psychologischen Experiment
Empirsch arbeitenden Psychologen stellt sich neben Ihrer
eigentlichen Forschungsfrage in vielen Fällen das Problem, in
kurzer Zeit eine größere Anzahl von Versuchspersonen zu
beschaffen. Mit welchem Erfolg kann das Problem der
Versuchspersonenbeschaffung gelöst werden, wenn noch kein
Versuchspersonenpool existiert, die Studienordnung keine
Pflichtstunden vorsieht, dem Versuchsleiter nicht persönlich
bekannte Personen benötigt werden und zwischen der Anwerbe-
Situation und dem stattfindenden Experiment eine räumliche und
zeitliche Distanz zu bewältigen ist? Grob ähnliche Probleme
ergeben sich in der Medizin: Wie kann eine Person a) dazu gebracht
werden, sich z.B. zu einer Vorsogeuntersuchung oder Blutspende
anzumelden , und b) wie kann die tatsächliche Erscheinensrate
maximiert werden? Während für die Anwerbe-Situation Theorien der
Verhaltens- und Einstellungsänderungen, Überredung,
Eindrucksbildung, sozialer Interaktion und Volition naheliegen,
ergeben sich für das tatsächliche spätere Erscheinen zusätzlich
Fragestellungen des prospektiven Gedächtnisses und der Wirksamkeit
externer Gedächtnisstützen wie Anrufe oder Termin-
Erinnerungsbriefe. Es werden sechs Pilotstudien und ihr
theoretischer Hintergrund vorgestellt, die sich mit dem Problem
der professionellen Versuchspersonen-Akquistion befassen. In allen
Experimenten wurden unter variierenden Bedingungen
Versuchspersonen an einem öffentlichen Ort der TU-Darmstadt (z.B.
Mensa) von Experimental- Praktikanten des 2. Semesters im Rahmen
ihrer Qualifikationsarbeit angeworben und die Zusage- und/oder
Erscheinensquoten erhoben. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass
ernüchternd wenig Variablen einen Einfluss auf die Zusage und das
tatsächliche Erscheinen haben. Als zunächst einfache Faustregel
ergibt sich, dass von 4 angesprochenen Personen etwa 2 zusagen,
von denen dann auch eine wirklich zum Experiment erscheint. Die
Zusagequote kann im Gegensatz zu einer neutralen Kontrollbedingung
allenfalls entscheidend gesenkt werden (Angst vor psychologischen
Experimenten wecken; Wahl der Distanz zur geworbenen Person). Die
Erscheinensquote hingegen scheint erheblich vom Zeitraum zwischen
Anwerbung und Stattfinden des Experimentes bestimmt, wobei jedoch
eine Erinnerung an den Termin (z.B. durch kommerzielle oder
externe Gedächtnisstütze) die Erscheinensquote nicht statistisch
belegbar erhöht. Es werden verschiedene mögliche Erklärungsansätze
diskutiert.
Gernot Horstmann
Überraschung und Aufmerksamkeitsveränderung
Ich bereichte über Experimente im Paradigma der visuellen Suche,
mit deren Hilfe untersucht wurde, ob und unter welchen
Bedingungen ein unerwartetes Singleton Aufmerksamkeit auf sich
zieht.
Anke Huckauf
Vom Strich zum Zeichen: Lerneffekte bei der Buchstabenverarbeitung
Es wird über Untersuchungen berichtet, die sich der Frage widmen,
wie sich einerseits Buchstaben hinsichtlich ihrer
Wahrnehmbarkeit gegenseitig beeinträchtigen (crowding-Effekt), es
andererseits aber zu dem Phänomen der Wortüberlegenheit kommt,
demzufolge einzelne Buchstaben in einem sinnvollen Wort besser
identifiziert werden können. Wie in früheren Untersuchungen
gezeigt werden konnte, werden durch Lernen von Zeichenketten
crowding-Effekte reduziert. In neuen Experimenten wird der Frage
nachgegangen, wie spezifisch das Wissen ist, das die Interferenzen
zwischen Zeichen modulieren kann.
Matthias Kaper
Beschleunigung einer Gehirn-Computer Schnittstelle
Gehirn-Computer Schnittstellen sollen es ermöglichen, Computer
mittels "Gedankenkraft" zu steuern. Farwell & Donchin haben eine
EEG-basierte Möglichkeit der Steuerung durch Ausnutzung der P300-
Komponente entwickelt. In eigenen Versuchen konnte die
Kommunikationsgeschwindigkeit dieser Schnittstelle erheblich
beschleunigt werden.
Dirk Kerzel
"Representational Momentum" bei implizierter Bewegung
Urteile über die letzte Position eines Zielreizes, dessen Bewegung
durch eine Reihe statischer Bilder impliziert wurde, sind unter
bestimmten Bedingungen in die Bewegungsrichtung verschoben. Wenn
keine Augenbewegungen ausgeführt werden, kann diese Verschiebung
auf Extrapolationsprozesse zurückgeführt werden. Die Rolle der
Aufmerksamkeit bei der Extrapolation ist unklar: Visuelle
Aufmerksamkeit könnte benötigt werden, die Extrapolation zu
generieren oder die Extrapolation zu stoppen. In einem Experiment
wurde die Aufmerksamkeit von der letzten Zielreizposition durch
irrelevante Distraktoren, die während des Retentionsintervalls
präsentiert wurden, abgelenkt. Die Vorwärtsverschiebung
verschwand, so dass geschlossen wurde, dass Aufmerksamkeit die
Extrapolation teilweise generiert. In einem weiteren Experiment
wurde die Aufmerksamkeitsverteilung durch eine
Identifikationsaufgabe gemessen. Es zeigte sich, dass der Fokus
der Aufmerksamkeit in dieselbe Richtung wandert wie die erinnerte
Zielreizposition. Insgesamt sprechen die Resultate für die
Auffassung, dass die Vorwärtsverschiebung durch perzeptuelle
Prozesse, nicht so sehr durch höhere kognitive Prozesse bedingt
wird. Unterschiede zwischen implizierter und glatter (realer)
Reizbewegung werden diskutiert.
Elke Lange
Die Wirkung nicht beachteter auditiver Stimuli auf das Kurzzeitgedächtnis
Kann die Änderung eines habituierten, unbeachteten Reizes zu einer
Leistungseinbuße bei einer Kurzzeitgedächtnisaufgabe führen?
Anhand verschiedener Gedächtnismodelle lassen sich Vorhersagen zu
dieser Fragestellung machen (Baddeley, 1986, Jones & Macken, 1993,
Cowan, 1995). Als experimentelles Paradigma wurden verbale und
räumliche Gedächtnisaufgaben gewählt, bei denen die zu lernenden
Stimuli sukzessiv visuell dargeboten wurden und anschließend in
der richtigen Reihenfolge wiedergegeben werden mußten. Der zu
ignorierende auditive Stimulus wurde synchronisiert - und zwar
quasi gleichzeitig - mit jedem Item dargeboten und wiederholt, bis
er durch einen anderen Stimulus ersetzt wurde. Als Stimuli wurden
12 Instrumentalklänge auf 12 unterschiedlichen Tonhöhen
verwendet. Es zeigte sich, daß die Leistung in den Trials, in
denen ein Wechsel auftrat gegenüber den Repetitionstrials
vermindert war. Eine Leistungsminderung durch den Wechsel war
sowohl bei der Item-Position nachweisbar, bei der der Wechsel
stattfand, als auch bei der dem Wechsel vorangehenden seriellen
Position, jedoch nicht bei der dem Wechsel folgenden Position. Der
Wechsel führte nur bei den verbalen Aufgaben zu einer
Leistungseinbuße, nicht bei den visuell-räumlichen.
Holger Mitterer
Verarbeitung assimilierter Wortformen: Der Fall der Ungarischen Liquid-Assimilation
Phonologische Assimilationen erschweren die Spracherkennung. So
kann im Ungarischen das Wort ' bal ' [links] in der
Zusammensetzung 'balro:l' [von links] mit einem /r/ (folglich
'barro:l') ausgesprochen werden. Wie kann das Wort jetzt noch als
ein Token des Konzeptes {links} erkannt werden? Eine Reihe von
Untersuchungen hat gezeigt, dass Hörer solche Abweichungen
kontext-sensitiv verarbeiten: Eine assimilierte Form ('bar') wird
trotz des veränderten letzten Phonems als 'bal' erkannt, wenn der
Kontext die Assimilation erlaubt (z.B. in 'balro:l' ->'barrol ').
Erlaubt der Kontext die Assimilation nicht (z.B. * 'barnal' von
'balnal', dt. nach links), dann wird der Input nicht als 'bal'
erkannt. Die Grundlagen für dieses Phänomen sind noch nicht
geklärt. Erstens: Wird diese Kompensation für phonologische
Assimilation durch das Lexikon beeinflusst, d.h. werden stärkere
Abweichungen akzeptiert, wenn dadurch der Input als Wort erkannt
wird? Zum zweiten ist strittig, ob das Wahrnehmungssystem mit
einer bestimmten Assimilationsregel trainiert werden muss, um zu
einer kontextabhängigen Wahrnehmung zu gelangen. Um diesen Fragen
nachzugehen, gaben wir drei VP-Gruppen ein Kontinuum an
Sprachlauten von 'bal' bis 'bar' in den Kontexten '...ro:l'
(Assimilation möglich) und '...nal' (Assimilation nicht möglich)
vor. Die erste Gruppe ungarischer VPn hörte die Stimuli in der
ursprünglichen Form, die zweite Gruppe ungarischer VPn hörte die
Stimuli mit einem veränderten Onset ('zal'). Weder 'zal' noch
'zar' sind Wörter im Ungarischen. Eine dritte Gruppe
niederländische VPn kannte aus ihrer Muttersprache keine ähnliche
Assimilationsregel. Der Vergleich der beiden ungarischen VP-
Gruppen kann zeigen, ob das Lexikon einen Einfluss auf die
Verarbeitung hat. Der Vergleich der beiden ungarischen Gruppen mit
der niederländischen Gruppe zeigt, inwieweit Erfahrung mit einer
Assimilationsregel wichtig ist, um assimilierte Formen zu
erkennen. Als Aufgaben wurden eine Klassifizierungsaufgabe (/l/
oder /r/) sowie eine Unterscheidungsaufgabe (4IFC) gebraucht. Die
Resultate zeigen, dass die Fähigkeit zur Unterscheidung der
Stimuli durch den Kontext beeinflusst wird. Erlaubt der Kontext
die Assimilation /l/ -> /r/, können die VPn 'bal' und 'bar'
schlechter unterscheiden als in Kontexten, die die Assimilation
nicht erlauben. Dieser Effekt war gleich stark in allen VP-
Gruppen. Auch in der Klassifizierungsaufgabe zeigt sich ein
deutlicher Kontexteffekt. Nur im Kontext, der die Assimilation
nicht erlaubt, werden die Stimuli kategorisch wahrgenommen. Im
Kontext, der die Assimilation erlaubt, ist die
Identifikationsfunktion deutlich flacher. Allerdings zeigt sich
hier ein Unterschied zwischen ungarischen, muttersprachlichen VPn
und niederländischen VPn. Ungarische VPn haben im 'erlaubenden'
Kontext einen deutlichen Bias zur ursprünglichen Form, während
niederländische VPn die Stimuli eher als mehrdeutig
klassifizieren. Diese Resultate zeigen, dass erstens das Lexikon
bei der Verarbeitung assimilierter Wortformen keine Rolle spielt,
und zweitens dass Erfahrung mit einer Assimilationsregel zwar die
Klassifikation assimilierter Wordformen beeinflusst, hier aber auf
erfahrungsunabhängigen Kontextabhängigkeiten in der Wahrnehmung
aufbaut. Die Kontexteffekte bei niederländischen VPn können nun
auf zwei Weisen gedeutet werden. Es kann sich um ein Indiz für
eine 'sprachspezifische' Anlage im Sinne Chomskys handeln, oder um
einen Effekt der in der allgemeinen auditiven Verarbeitung seinen
Ursprung findet. Ist ersteres der Fall, so dürften Kontexteffekte
nur durch sprachliche Kontexte ausgelöst werden. Allerdings zeigt
sich, dass nicht-sprachliche Kontexte dieselben Effekte
herbeiführen können, was gegen die Annahme eines
sprachspezifischen Prozesses spricht.
Burkhard Müller
Welche Bedeutung hat der Zeitpfeil für Erwerb und Nutzung mentaler Operatoren?
In zwei Experimenten wurde untersucht, ob es für die Nutzung
neu erworbenen Wissens über Operatoren wichtiger ist, dass der
Testkontext mit dem Erwerbskontext übereinstimmt oder den
zeitlichen Verhältnissen der referenzierten Operationen in der
realen Welt entspricht. In Experiment 1 wurde die Anwendung von
alphabet-arithmetischen Operatoren sowie von LISP-Funktionen in
zwei verschiedenen Richtungen (prognostisch: A +2 = ? versus
retrognostisch: ? +2 = A) geübt. Im Unterschied zu alphabet-
arithmetischen Operationen zeigte sich für LISP-Funktionen eine
generelle Präferenz für prognostische Aufgaben. In Experiment 2
mussten arithmetische Beziehungen zwischen Zahlenpaaren
herausgefunden werden. In einer Bedingung (kausaler Kontext)
wurden die Zahlenpaare als Angaben über Eigenschaften von
Schaltkreisen eingeführt, die durch verschiedene Operatoren
unterschiedlich transformiert werden, in der anderen Bedingung
(neutraler Kontext) wurden die Beziehungen als arithmetische
Relationen bezeichnet. In der neutralen Kontextbedingung zeigte
sich kein Unterschied für die Aufgabenrichtung, während in der
kausalen Kontextbedingung erneut die Präferenz für die
prognostische Aufgabe zu beobachten war.
Jochen Müsseler
Hemisphärenunterschiede bei visuellen Enkodierungsprozessen?
Neuere PRP-Studien belegen, dass visuelle Enkodierungsprozesse
durch motorische Aktivitäten modulierbar sind. Hier knüpfen die
vorliegenden Experimente an. Dabei gehen wir der Frage nach, ob
die Identfikation lateralisierter Reize durch eine motorisch
ausgelöste Aktivität derselben Hemisphäre beeinflussbar ist oder
nicht.
Dieter Nattkemper
Kognitive Grundlagen der Handlungssteuerung: Mechanismen des Handlungs-Effekt-Lernens
Jede Körperbewegung bewirkt eine Vielzahl bewegungsbegleitender
und der Bewegung folgender Effekte in der Umwelt. Befunde
unterschiedlichster Experimente zeigen, daß die Zusammenhänge
zwischen Bewegungen und ihren distalen Effekten gelernt werden.
Weitgehend unklar ist allerdings, wie die Mechanismen zu
konzipieren sind, die für den Erwerb von Wissen über
Handlungs-Effekt-Wissen verantwortlich sind. Eine Auffassung unterstellt,
daß der Erwerb von Handlungs-Effekt-Wissen das Ergebnis
automatisch operierender, assoziativer Mechanismen ist. Eine
anderen Auffassung versteht die Akkumulation von
Handlungs-Effekt-Wissen als
das Ergebnis intentional gerichteter, selektiver
Lernprozesse. Evidenz zugunsten der letzteren Auffassung ergibt
sich aus Experimenten, in denen wir (i) zeigen, daß der Erwerb von
Handlungs-Effekt-Wissen instruktionsabhängig zu sein scheint und
die (ii) zeigen, daß die beteiligten Lernprozesse hochgradig
selektiv zu operieren scheinen.
Dirk Vorberg
Kann man den Effekt von Ablenkreizen durch nicht bewusste Primes bahnen oder hemmen?
Unbewusstes Priming ist bedingt automatisch, d.h., es setzt
Handlungsplanung voraus. Nur wenn der Prime-Reiz im Handlungsplan
spezifizierte Reizmerkmale besitzt, bahnt er die zugeordnete
Antwort, was zu Erleichterung oder Hemmung der Antwort auf den
Zielreiz führt. Ich zeige, dass auch ein gleichzeitig mit dem
Zielreiz erscheinender Ablenkreiz gebahnt oder gehemmt werden
kann, was verblüffende Effekte hat, je nachdem, ob er mit
derselben ('konsistenten') oder der zum Zielreiz komplementären
('inkonsistenten') Antwort verbunden ist: Bei inkonsistentem
Ablenker führt Bahnung durch den Prime zu verlangsamten, Hemmung
zu beschleunigten Reaktionen auf den Zielreiz, bei konistentem
Ablenker ist es entgegengesetzt.
Constanze Vorwerg
Perzeptive und sprachliche Faktoren der Verwendung und Interpretation von Richtungsausdrücken
Die Wahl und das Verstehen von Richtungsausdrücken beruhen zum
einen auf der Verwendung eines räumlichen Bezugssystems, zum
anderen auf der Kategorisierung wahrgenommener Positionen anhand
dieses räumlichen Bezugssystems, welches damit zugleich als
kategoriales Bezugssystem dient. Die Ergebnisse einer Reihe von
Experimenten zeigen, dass sowohl die Wahl des Bezugssystems als
auch die Kategorisierung (auch) von perzeptiven Faktoren
beeinflusst werden. Beispiele sind der gefundene visuelle
Neigungseffekt beim sprachlichen Lokalisieren sowie die
Abhängigkeit der initialen Bezugssystemwahl von der
Prototypikalität der benannten Position in den konkurrierenden
Bezugssystemen. In weiteren Experimenten zeigte sich, dass die
Bezugssystemwahl bei der Interpretation von Richtungsausdrücken
auch vom sprachlichen Kontext (dem verwendeten Verb) abhängt.
Andrea Weidenfeld
Schlußfolgern mit kausalen Konditionalen
Im Alltag werden kausale Zusammenhänge häufig durch Konditionale
ausgedrückt, z.B. "Wenn es regnet ist die Strasse
nass". Wir haben ein integratives Modell entwickelt für die
Bereitschaft, gültige Schlüsse aus kausalen Konditionalaussagen zu
akzeptieren: Demnach beeinflußt die kognitive Verfügbarkeit von
"exceptional conditions" (Faktoren, die den Kausalzusammenhang
unterminieren können, z.B. "die Straße ist überdacht") direkt die
Bereitschaft, aus der Konditionalaussage Schlüsse zu ziehen.
Zusätzlich beeinflußt die Verfügbarkeit der "exceptional
conditions" den Grad der Überzeugtheit von der Wahrheit der
Konditionalaussage und die Schätzung der subjektiven bedingten
Wahrscheinlichkeit des Konsequenten gegeben den Antezendenten.
Dies wiederum beeinflußt schließlich die Bereitschaft, aus der
Konditionalaussage Schlüsse zu ziehen. Unser Modell integriert
semantische und probabilistische Ansätze zum kausalen Schließen
und Ansätze, die auf mentalen Modellen basieren. Bisherige Daten
aus einer Versuchsreihe im Internet stützen das Modell.
Peter Wühr
Die Rolle räumlicher Reaktionsmerkmale für den Simon-Effekt
Versuchspersonen (Vpn) haben Schwierigkeiten in
Wahlreaktionsaufgaben, in denen die relativen Positionen von
Reiz und Reaktion nicht korrespondieren. Derartige Effekte der
räumlichen Reiz-Reaktions-Kompatibilität treten auch dann auf,
wenn die relative Reizposition für die aktuelle Aufgabe irrelevant
ist, weil die Vpn auf eine nicht-räumliche Reizeigenschaft (z.B.
Farbe) reagieren müssen. Den Einfluß der irrelevanten räumlichen
Reizposition auf die Leistung in Wahlreaktionsaufgaben nennt man
Simon-Effekt. Offensichtlich können Vpn die irrelevante
Reizposition nicht ohne weiteres ignorieren. Wir haben uns die
Frage gestellt, welche räumlichen Merkmale die jeweiligen
Reaktions-Alternativen besitzen müssen, damit irrelevante
räumliche Reizmerkmale einen Simon-Effekt hervorrufen. Die
Ergebnisse einer Reihe von Experimenten deuten darauf hin, dass
der Simon-Effekt nicht im Hinblick auf jede räumliche Dimension
auftritt, die zur Ausführung einer Reaktion berücksichtigt werden
muss. Stattdessen scheint der Simon-Effekt in erster Linie im
Hinblick auf diejenigen räumlichen Reaktionsmerkmale zu enstehen,
die zur Diskrimination der jeweiligen Reaktionsalternativen
benutzt werden (müssen).
Stand: 11. Oktober 2002.
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