Viertes Kapitel
... auswandern über den Ozean in das von Kolumbus entdeckte Land - diesen Gedanken hat der Admiral lange Jahre in
seinem Gemüte bewegt ...
Auf Vermittlung Colignys brachen von 1555 an wiederholt Auswanderer-Schiffe nach Amerika auf und gründeten französische
Kolonien auf Haiti und in Florida. Zu einer großen Auswanderungs-Bewegung kam es allerdings erst ein ganzes Jahrhundert
später, als 1685 unter Ludwig XIV. der Protestantismus in Frankreich gewissermaßen endgültig verboten wurde.
Die Guisen suchen einen Krieg zu vereiteln, der den jungen König selbstständig und sie entbehrlich machen würde.
Karl IX., 1550 geboren, war nach dem frühen Tod seines Vaters und seines älteren Bruders bereits mit
zehn Jahren König geworden, stand aber unter dem Einfluss seiner Mutter, Katharina von Medici, und versuchte sich mit seiner Annäherung
an Coligny von ihr und der katholischen Partei gerade zu lösen.
Die Königin Mutter ist zweideutig ... selbstsüchtig nur auf das Interesse ihres Hauses bedacht.
Katharina von Medici, wie Coligny 1519 geboren, war mit 14 Jahren an den ein Jahr älteren französischen
Thronfolger Heinrich II. (1518-1559) verheiratet worden, bekam vier Söhne und drei Töchter und kümmerte sich nach dem frühen
Tod ihres Mannes hauptsächlich um deren Thronfolge.
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"War es nun Calvin nicht den Tausenden und Tausenden schuldig, die für das reine Wort litten und bluteten, diesen falschen Bruder ...
aus der evangelischen Kirche zu stoßen und dem weltlichen Richter zu überliefern?"
Die Rechtfertigung der Hinrichtung Servets im Jahre 1553, die Meyer hier dem Calvinisten Schadau in den Mund legt, geht weit über das
historisch Verbürgte hinaus. Calvin ließ Servet zweifellos aus religiöser Überzeugung und nicht nur aus taktischen Gründen
hinrichten. Der Spanier widersprach mit seinem Bibelverständnis allen christlichen Vorstellungen dieser Zeit, auch denen der Protestanten, und galt,
zumal er nicht widerrief, als ein Ketzer der schlimmsten Art. Seine Auslieferung an den 'weltlichen Richter' - die Kirche nahm wegen des Gebotes
"Du sollst nicht töten" keine Hinrichtungen vor - wurde damals auch allgemein gebilligt. Erst 1903 errichtete die Stadt Genf ihm
ein 'Sühnedenkmal'.
In seiner Parteinahme für die protestantische Seite - auch sonst nicht zu übersehen - geht Meyer hier so weit, dass er
sogar an einer historischen Tatsache beschönigend herumdeutelt. Der von ihm vermutlich benutzte Lexikon-Eintrag im "Dictionnaire universel
d'histoire et de géographie" von M.-N. Bouillet (Paris 1851) sagt zu Servet nach Aufzählung seiner Lebensstationen nur:
Er lebte als Arzt in Vienne, im Dauphiné. Er nahm Verbindung mit Calvin auf, überwarf sich aber bald mit diesem Sektierer,
weil er einige seiner Lehren kritisiert hatte. Nachdem er ein kühnes Werk, De Christianismi restitutione, hatte drucken lassen, sah er
sich 1553 der Verfolgung durch den Erzbischof von Vienne und den Kardinal von Toulon ausgesetzt. Er flüchtete nach Genf. Aber anstatt ihn
vor den Katholiken zu schützen, klagte Calvin, der nicht weniger intolerant war als diese, ihn vor dem Magistrat der Ketzerei an,
und es gelang ihm, ihn zum Tod auf dem Scheiterhaufen verurteilen zu lassen.
(Übersetzt von Ulrich Krafft)
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"Ich führe Euch an ein Fenster, das auf die Laurentiuskapelle hinüberschaut, deren Nachbarschaft wir uns hier erfreuen
und wo der berühmte Franziskaner Panigarola heute Abend predigen wird.
Der Franziskanermönch Francesco Panigarola (1548-1594) aus Mailand war ein leidenschaftlicher Verteidiger des Katholizismus und predigte
in der Zeit der Bartholomäusnacht auch vor Katharina von Medici. Über die Herkunft von Meyers Bewertung siehe unter
QUELLEN.
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"Gaspardes Vater aber", hier dämpfte er die Stimme, - "ist Dandelot, des Admirals jüngerer Bruder ..."
Die Figur der Gasparde und ihre Herkunftsgeschichte ist eine erzählerische Erfindung.
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... und sie erzählte mir schluchzend, wie dieser Elende, der zu dem Hofstaate des Herzogs von Anjou, des königlichen Bruders,
gehöre, schon seit dem Tage ihrer Ankunft sie auf der Straße verfolge ...
Der Herzog von Anjou (1551-1589) war der jüngere Bruder Karls IX. und folgte diesem 1574 als Heinrich III. auf dem
französischen Thron.