Sechstes Kapitel
Sein Aberglaube war verwerflich, aber seine Freundestreue hatte mir das Leben gerettet.
In offenem Widerspruch zu der Tags zuvor geäußerten Meinung, seine Todesstunde sei ihm entweder für diesen
Tag vorbestimmt oder nicht vorbestimmt, akzeptiert Schadau jetzt, dass Boccards Medaillon ihm das Leben gerettet habe - nicht
selbstverständlich wegen der Mutter Gottes von Einsiedeln, sondern wegen des Metalls.
Psychologisch argumentierend ließe sich dieser Widerspruch natürlich auflösen: Schadau hätte sich dann mit seinem Vertrauen auf
die Vorherbestimmtheit seines Todes nur beruhigt und ist nach seinem Davonkommen demütig genug, nicht einfach zu sagen,
Lebensgefahr habe nicht bestanden. So oder so zeigt auch diese Stelle, dass er mit der Prädestinationsidee recht undogmatisch umgeht.
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Die seltsamen Umstände, die mich gerettet hatten und die ich Gasparde nicht mitteilen konnte, ohne ihr calvinistisches Gefühl
schwer zu verletzen, verwirrten mein Gewissen ...
Dieser Einschätzung zufolge wäre Gasparde mehr darüber entsetzt, dass er bei dem Duell ein Marienbild getragen hat, als
dass er ohne dieses Bild tot wäre und der ihr nachstellende Graf Guiche noch lebte. Mit anderen Worten: sie würde nur schwer
darüber hinwegkommen, dass er - wie unwissentlich immer - einem Götzenbild sein Leben verdankte. Wenn irgendwo im 'Amulett' ein
dogmatischer calvinistischer Standpunkt angedeutet ist, dann hier.