Zweites Kapitel
Meine Denkkraft übte sich mit Genuss an der herben Konsequenz der calvinistischen Lehre ... aber mein Herz gehörte sonder
Vorbehalt dem Oheim.
Mit diesem Bekenntnis räumt Schadau ein, dass er keineswegs ein dogmatischer Anhänger der Prädestinationslehre ist, sondern
mehr nur ein Denkmodell in ihr sieht. Ihn als bornierten Eiferer zu verstehen, wie es einige jüngere Auslegungen tun, lässt sich schon mit dieser
Aussage nicht vereinbaren. Richtiger spricht eine Arbeit von 1972 für Schadau von einer 'Religion des Herzens', die ihn in allen entscheidenden Situationen
gerade undogmatisch handeln lässt.
Ich nährte seit Langem den Wunsch, einen wilden jungen Hengst, den ich in Biel gesehen, einen prächtigen Falben, zu besitzen ...
Schadaus Wunsch nach dem Falben wird erfüllt, wie sich anschließend herausstellt, er reitet auf diesem Pferd nach Paris. Eben dieses Pferd
sorgt dann aber auch dafür, dass er auf dem Weg nach Melun umkehren muss und dadurch die ihm 'vorbestimmte' Gasparde kennenlernen kann.
Besonders betont wird dieser Kausalzusammenhang allerdings nicht, zumal von dem Pferd nach Schadaus Eintreffen in Paris nicht mehr die Rede ist.
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Entschlossen den Übeltäter festzunehmen und der Gerechtigkeit zu überliefern, erhob ich doch unwillkürlich das
Schreiben in der Weise, dass ihm das große, rote Siegel ... sichtbar wurde ...
Durch das 'unwillkürlich' erhobene Schreiben, das dem verfolgten Böhmen die Flucht ermöglicht, wird ein erster starker Beweis für
Schadaus Idee der Vorherbestimmtheit seines Lebens - den Prädestinationsgedanken - vorbereitet: Der Böhme wird Schadau, als er in
Paris mit Gasparde in Lebensgefahr ist, als Gegenleistung ebenfalls die Flucht ermöglichen. Dabei ist entscheidend, dass Schadau nicht aus
Überzeugung, sondern unwillkürlich handelt, sich also nicht etwa überlegt, dass er dem Böhmen seine Fechtkünste verdankt und
deshalb Gnade vor Recht ergehen lassen könnte. Er wird zum Handelnden (und sein Handeln lässt den Böhmen beinahe wunderbar
auch entkommen), weil es ihm so bestimmt ist.
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Seine Flamme, ein lothringisches Fräulein, hatte er vor den Augen seiner katholischen Todfeinde, der Guisen, aus ihrer Stadt Nancy
weggeführt ... Etwas Derartiges wünschte ich mir vorbestimmt.
Dieser Wunsch geht für Schadau gleich zweifach in Erfüllung: Nicht nur wird er ebenfalls seine 'Flamme' vor den Augen seiner Feinde, der
Katholiken, aus Paris entführen, sondern es wird sogar die Tochter seines Helden Dandelot sein.