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Neunzehntes Kapitel
Sprung zum Absatz 01 des Romantextes
Von daher rührten auch die meisten der ringsumher hängenden Bilder: der Kornhändler und seine Frau, der Marienburger Remter und eine gute Kopie nach dem berühmten Memling'schen Altarbild in der Danziger Marienkirche. Kloster Oliva war zweimal da, einmal in Öl und einmal in Kork geschnitzt.
Die Bilder im Hause des Oberförsters gehören alle in die Danziger Umgebung und dokumentieren den Stolz der Hausfrau auf ihre Herkunft aus einem reichen Danziger Kornhändlerhaus. Der 'Marienburger Remter' ist das Bild eines Speisesaals (von lat. refectorium) in der Marienburg in Westpreußen. Die aus dem 14. Jahrhundert stammende Burg des Deutschen Ordens, nach und nach verfallen, wurde noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts als Kaserne genutzt, bevor die Rückbesinnung auf das Mittelalter zu ihrer schrittweisen Restaurierung führte. Der Sommer-Remter, im Unterschied zu dem beheizbaren Winter-Remter, war eines der Prunkstücke der frühen Restaurierungsphase, die 1856 mit dem Einsatz der u.a. von Adolf Menzel gestalteten Fenster ihren Abschluss fand. Fontane erinnert sich in einem Brief an Emilie Zöllner vom 18. August 1885 selbst an den Raum mit dem "berühmten Pfeiler, 'der alles trägt'". Der heute mehr beachtete 'Große Remter' wurde erst im 20. Jahrhundert wieder hergestellt.
Der Sommer-Remter in der Marienburg.
Die "gute Kopie nach dem berühmten Memling'schen Altarbild in der Danziger Marienkirche" bezieht sich auf das Triptychon des Malers Hans Memling (1433-1494), das das "Jüngste Gericht" mit den sich scheidenden Wegen zu Himmel und Hölle zeigt.
Das "Jüngste Gericht" von Hans Memling aus der Zeit um 1470.
Das Zisterzienserkloster Oliva unmittelbar bei Danzig, schon 1831 aufgehoben, war wegen seiner filigranen Backsteinkirche ein beliebtes Bildmotiv, deshalb hier einmal in Öl und einmal in Kork geschnitzt vorhanden.
Das Hauptportal der Klosterkirche von Oliva mit einer Backstein-Substanz teilweise noch aus dem 12. Jahrhundert. (Foto: Paul Jozwiak)
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Außerdem befand sich über dem Büfett ein sehr nachgedunkeltes Porträt des alten Nettelbeck ...
Joachim Nettelbeck (1738-1824), Bürger von Kolberg in Pommern und also aus der Umgebung des angenommenen Kessin, war ein vormaliger preußischer Volksheld, der hier aber nur aus einem schon etwas angestrengten Patriotismus heraus noch verehrt wird. Er war 30 Jahre zur See gefahren, wurde dann Branntweinbrenner und verteidigte 1807 seine Vaterstadt erfolgreich gegen Napoleon. Seine 1821 veröffentlichte "Lebensbeschreibung" war im 19. Jahrhundert weit verbreitet und machte ihn in ganz Deutschland populär.
Das Portät Nettelbecks aus seiner "Lebensbeschreibung" (2. Auflage, Leipzig 1845).
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"Eingreifen, lieber Pastor, Zucht. Das Fleisch ist schwach, gewiß, aber ..."
Jesus, der die Jünger im Garten Gethsemane schlafend vorfindet, sagt zu ihnen: "Wachet und betet, daß ihr nicht in Versuchung fallet! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach." (Markus 14,38) - In ironischem Kontrast dazu heißt es unmittelbar anschließend, dass Sidonie von dem englischen Roastbeef "ziemlich ausgiebig nahm".
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"Ring - wenn ich nicht irre, hat es drüben in Schweden oder da herum 'mal einen Sagenkönig dieses Namens gegeben."
Hring: König in der altisländischen Frithjofsaga.
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Sidonie, jedesmal bereit, irgend 'was Schreckliches zu prophezeien, wenn sie, vom Geist überkommen, die Schalen ihres Zornes ausschüttete, würde sich auch heute bis zum Kassandrablick in die Zukunft gesteigert haben ...
Die Wendungen "vom Geist überkommen" und die "Schalen des Zornes ausschütten" deuten Bibelstellen an, so etwa Offenbarung 16,1: "Gehet hin und gießet aus die Schalen des Zorns Gottes auf die Erde."
Kassandrablick: Kassandra, Tochter des trojanischen Königs Priamos, prophezeit den Untergang Trojas, doch wird ihr nicht geglaubt.
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"... es giebt sogar eine Geschichte, die wir alle kennen, die die Geschichte von den 'drei Ringen' heißt, eine Judengeschichte ..."
Anspielung auf die "Ringparabel" in Gotthold Ephraim Lessings Drama "Nathan der Weise" (1779). Die darin enthaltene Idee von der Gleichwertigkeit der Religionen wird hier mit deutlich antisemitischer Tendenz als Angriff auf die christlich-nationalen Werte verstanden.
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"... alles, was noch mit Gott für König und Vaterland einsteht ..."
Motto im preußischen Landwehrkreuz, das die Landwehr als Abzeichen an der Kopfbedeckung trug. Darüber hinaus allgemeine Losung der Konservativen. Auch die Kreuzzeitung führte das Motto im Titel: "Vorwärts mit Gott für König und Vaterland" (siehe unter ZITATE zu Kapitel 35).
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... der Hauslehrer aber stürzte von seinem Platz am unteren Ende der Tafel an das Klavier und schlug die ersten Takte des Preußenliedes an, worauf alles stehend und feierlich einfiel ...
Das "Preußenlied" schrieb 1830 Bernhard Heinrich Thiersch (1793-1855) aus Anlass des 60. Geburtstages von König Friedrich Wilhelm III., die Melodie lieferte ein Marsch des Berliner Militärkapellmeisters Heinrich August Neithardt (1793-1861). Es wurde in Preußen auch nach 1871 noch oft statt der nationalen Hymne "Heil dir im Siegerkranz" gesungen.

Die Melodie des Preußenliedes von Neithardt, gespielt von Dietmar Kuck.
Preußenlied
Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben?
Die Fahne schwebt mir weiß und schwarz voran;
Daß für die Freiheit meine Väter starben,
Das deuten, merkt es, meine Farben an.
Nie werd ich bang verzagen,
Wie jene will ich's wagen
|: Sei's trüber Tag, sei's heitrer Sonnenschein,
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein. :|
Mit Lieb und Treue nah ich mich dem Throne,
Von welchem mild zu mir ein Vater spricht;
Und wie der Vater treu mit seinem Sohne,
So steh ich treu mit ihm und wanke nicht.
Fest sind der Liebe Bande,
Heil meinem Vaterlande!
|: Des Königs Ruf dring in das Herz mir ein:
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein. :|
Nicht jeder Tag kann glühn im Sonnenlichte;
Ein Wölkchen und ein Schauer kommt zur Zeit.
Drum lese keiner mir es im Gesichte,
Daß nicht der Wünsche jeder mir gedeiht.
Wohl tauschten nah und ferne
Mit mir gar viele gerne;
|: Ihr Glück ist Trug und ihre Freiheit Schein:
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein. :|
Und wenn der böse Sturm mich wild umsauset,
Die Nacht entbrennet in des Blitzes Glut,
Hat's doch schon ärger in der Welt gebrauset,
Und was nicht bebte, war des Preußen Mut.
Mag Fels und Eiche splittern,
Ich werde nicht erzittern;
|: Es stürm, es krach, es blitze wild darein:
Ich bin ein Preuße, will ein Preuße sein. :|
Wo Lieb und Treu sich um den König reihen,
Wo Fürst und Volk sich reichen so die Hand,
Da muß des Volkes wahres Glück gedeihen,
Da blüht und wächst das schöne Vaterland.
So schwören wir aufs neue
Dem König Lieb und Treue!
|: Fest sei der Bund! ja schlaget mutig ein:
Wir sind ja Preußen, laßt uns Preußen sein. :|

Eine Strophe mit Gesang