"... die paarmal wo ich mich bis an den Strand hinauswagte, die roten
Fahnen sah, sagt' ich mir: da liegt Vineta, da muß es liegen."
Vineta: sagenhafte, angeblich in der Ostsee versunkene Stadt Vineta
(gedeutet als urbs Venetorum = Wendenstadt), die historisch mit
dem Handelszentrum Julin auf der Insel Wollin (östlich Usedom, heute
Polen) gleichgesetzt wird. Wenn
Effi die Stadt vor Kessin vermutet, so zeigt sie sich also nicht ganz im Bilde bzw.
es deutet sich darin eine Reminiszenz Fontanes aus seiner Swinemünder
Zeit an. Noch im 19. Jahrhundert gab es ernsthafte Versuche, die Stadt vor Usedom
zu entdecken, ein scheinbar regelmäßig angeordnetes Steinriff auf
dem Meeresboden vor Koserow gab immer wieder Anlass zu entsprechenden Theorien.
Taucher, die die Steine untersuchten, konnten jedoch keinen Anhaltspunkt für eine
versunkene Stadt finden.
rote Fahnen: Bezeichnung seichter Stellen, wo Schwimmer sich
ausruhen können. Theodor Fontane dazu in "Meine Kinderjahre" (Kap. 15):
Wer die Ostseebäder kennt, kennt auch die sogenannten "Reffs".
Es werden darunter die hundert oder zweihundert Schritt in See hinein
parallel mit dem Ufer laufenden und oft nur von wenig Wasser
überspülten Sandstreifen verstanden, auf denen die Badenden,
wenn sie die zwischenliegenden tiefen Stellen passiert haben, wieder
ausruhen können. Und damit sie genau wissen, wo diese Stellen sind,
sind rote Fähnchen auf diesen Sandriffen angebracht. Hier lag nun
für mich die tägliche Verführung. War es still und alles
normal, so reichten meine Schwimmkünste gerade aus, glücklich
über die tiefen Stellen wegzukommen und das zunächst gelegene
Reff zu erreichen, lag es aber minder günstig oder ließ ich
mich wohl gar aus Zufall zu früh nieder, so daß ich keinen
festen Grund unter den Füßen hatte, so war auch der Schreck
und mitunter die Todesangst da.