
Außerdem wäre in solchen Fällen eine
Verlobungszeit von einem Jahr das allermindeste gewesen, nur drei Monate waren
für eine 17-jährige schlicht skandalös. Und in jeder Hinsicht unbegreiflich
ist die Bedenkenlosigkeit, mit der hier eine Werbung nacheinander um Mutter
und Tochter hingenommen wird. Wenn schon nicht die Mutter, hätte wenigstens der
50-jährige Briest diese ersatzweise Inanspruchnahme seiner Tochter verhindern
müssen.
Warum hat Fontane die Abnormität dieser Konstellation nicht erkannt bzw. sie
nicht deutlicher hervorgehoben? Jedes Eingehen auf sie hätte bedeutet, den Blick
von Effi abzulenken und ihre Eltern zu maßgeblich Mithandelnden zu machen. Zumal
bei Berührung der Schuldfrage hätte sich das Interesse dann unweigerlich
stärker auf sie richten müssen, und das sollte nicht sein. Eine andere Konstellation
zu finden, bei der eine 17-jährige einen so viel älteren Mann auf der Stelle
heiraten darf, wäre aber nicht leicht möglich gewesen, und so kann Fontane das
Außergewöhnliche daran nur beiseite lassen. Da in den Fürstenhäusern
(wenn auch nur dort) damals solche Fälle noch vorkamen, fiel es den meisten Lesern
als unpassend auch nicht auf.