Angela und Shu Kai Chan
Wir sehen es als unsere Aufgabe an, wissenschaftliche Forschung zu fördern,
die Grundlagen für Reformen auf zwei wichtigen Gebieten schafft: für eine gerechte Verteilung des Wohlstandes
innerhalb der Gesellschaft und für wirksamere Formen des Regierens. Die
Gesellschaft entwickelt sich zu immer komplexeren Formen; dies schafft neue
Probleme, weil die herkömmlichen Methoden des Wirtschaftens und des Regierens
nicht länger mit den Anforderungen der Wirklichkeit übereinstimmen. Deshalb
müssen immer wieder neue Methoden entwickelt werden. Dieser Reformprozeß darf
nicht Stückwerk sein; die Größe der Herausforderung erfordert vielmehr eine
umfassende Reform von Wirtschaft und politischem System.
Das Problem des Kapitalismus
liegt nicht in seiner Betonung des freien Unternehmertums und der
Marktwirtschaft. Insoweit garantiert er die
wirksamste Organisation der Produktion. Problematisch ist
vielmehr, daß sich Kapital und Gewinn auf wenige Gruppen der Gesellschaft
konzentriert. Den Arbeitnehmern werden lediglich Löhne bezahlt! Die massenhafte
Produktion findet daher keine volle Entsprechung in der Massenkaufkraft. Die
Folge ist Deflation. 1929 löste die Depression in den Vereinigten Staaten eine
Abwärtsspirale der Güterpreise aus – ohne dadurch mehr Käufer zu gewinnen! Der Sozialismus wirft andere Probleme auf.
Hier greift die Regierung in die Verteilung des Wohlstandes ein, begünstigt die
Arbeitnehmer durch Lohnerhöhungen und Sozialleistungen. Auf lange Sicht führt
diese Umverteilung ohne die entsprechende Steigerung von Produktion oder
Produktivität nicht zu mehr Wohlstand, sondern zu höheren Produktionskosten, steigenden
Preisen der Lebenshaltung und schließlich zur Inflation! Jetzt ist in den USA
die Nachfrage nach Gütern groß, doch sind sie so teuer, daß es nicht genügend
Käufer gibt, die sie sich leisten können! Umso besser verkaufen sich billige
Importgüter, während der Marktanteil der heimischen Produktion schrumpft. Die
US-Wirtschaft und die Industrien anderer kapitalistischer Länder sehen daher
eine düstere Zukunft vor sich. Die Situation erinnert an den Niedergang
früherer Großreiche! In den 1930er
Jahren sprach sich der britische Ökonom Lord Keynes für eine staatliche Arbeitsbeschaffungspolitik
aus, wenn die Wirtschaft nicht selbst zum Wachstum fähig war. Später führte diese Politik zur Überschuldung
der öffentlichen Haushalte und zur Inflation, so daß sie aus der Mode kam. Die
Sozialisten praktizierten eine ähnliche Politik, wenn auch in anderen
Erscheinungsformen, und litten unter denselben negativen Folgen. Gleichwohl ist
sie populär, weil sie Wählerstimmen anzieht!
Heutzutage ist die
Wirtschaft die Grundlage der Gesellschaft. Der wirtschaftliche Entwicklungsstand
gilt als Maßstab für die Prosperität einer Gesellschaft. Die Regierung sollte
sich dabei aber nicht auf die passive Umverteilung von Sozialleistungen an
Arbeitnehmer stützen, sondern eine aktive Politik der wirtschaftlichen
Entwicklung treiben. Jede einseitig orientierte Umverteilung schafft Konflikte.
Die neue Produktionsweise hat alle früheren Maßstäbe gesprengt und zur
zahlenmäßigen Dominanz der Arbeitnehmer geführt. Dieser Wandel hat das alte
System der Verteilung obsolet werden lassen. Weil die Wirtschaft auf dem
Einsatz von Kapital begründet ist, sollte die Regierung ihre finanziellen
Ressourcen nutzen, um den Bürgern den Zugang zu Kapital zu erleichtern. Sie
wären dann in größerer Zahl in der Lage, sich direkt in der Produktion zu
engagieren. Durch Gesetz sollten alle Unternehmen verpflichtet werden, ihren
Arbeitnehmern einen Anteil am Gewinn zu geben, der ihrem Beitrag am Ertrag entspricht.
Dazu müßten sie ihre Arbeit in entsprechende Leistungskategorien einteilen,
nach denen sich der Gewinnanteil bemisst. Auch die öffentlichen Haushalte
könnten von der Reform profitieren. Etwa indem sie weniger Sozialausgaben
verkraften müssen und Einnahmen aus der Nationalisierung des Bodens verbuchen. Privateigentum
an Produktivvermögen ist für die meisten Menschen ein Anreiz, hart zu arbeiten
und Innovationen hervorzubringen. Heutzutage wird viel mit Grundbesitz
spekuliert. Das treibt die Preise nach oben, was nicht im öffentlichen
Interesse liegt. Die Regierung sollte kultiviertes Land auf eine gewisse Zeit
verpachten, unkultiviertes Land und unwirtschaftlich große Farmen aber mit
hohen Steuern belegen, um die Besitzer zu zwingen, sie an die Regierung
zurückzugeben. Diese kann sie dann an Bauern verpachten, die sie kultivieren
wollen. Diese Reform mobilisiert und verbreitet die produktiven Ressourcen, die
dazu dienen, den Wohlstand zu mehren und Arbeitsplätze zu schaffen – bei
gerechter Wohlstandsverteilung. Einkommen muß aus Arbeit möglich und nicht auf
Wohltätigkeit angewiesen sein.
Regierungen sind heutzutage
mit allen Insignien der politischen Macht ausgestattet, die sie seit Tausenden
von Jahren aus primitiven gesellschaftlichen Zusammenhängen geerbt haben. Sie
mußten Invasionen abwehren und Recht und Ordnung gewährleisten. In der
agrarischen Gesellschaft lebten die Menschen auf kleinen Bauernhöfen oder
betrieben kleine Werkstätten. Die industrielle Revolution fing ganz klein an
und beschränkte sich zu zunächst auf wenige Branchen mit nur geringem Einsatz
von Maschinen. Die Wirtschaft stand noch nicht im Mittelpunkt des Interesses und
die Regierung mußte für den Schutz ihrer wirtschaftlichen Interessen noch kein
großes militärisches Potential bereitstellen. Dies war erst in der Epoche des
Kolonialismus und Imperialismus der Fall. Mit wachsenden Ansprüchen an die
Gesellschaft kamen dann viele und sehr unterschiedliche Aktivitäten hinzu. Auch
die Lebensweise veränderte sich dramatisch. Immer mehr Menschen arbeiteten in
großen Fabriken und lebten in Städten. Dies blieb nicht ohne Folgen für ihre
Bedürfnisse. Gegenwärtig treten wir in ein neues Stadium der Weltgesellschaft
ein. Die Industrie muß sich dem Wettbewerb des Weltmarktes stellen. Während
sich die Natur der Gesellschaft entsprechen gewandelt hat, bleibt das
politische System immer noch dasselbe. Im 20. Jahrhundert gab es zahlreiche kommunistische Revolutionen. Dies macht die Unzulänglichkeit des alten Systems unübersehbar. Der
Kommunismus stützt sich freilich auf eine falsche Ideologie und mußte deshalb
scheitern. Sein Untergang beweist die Unzulänglichkeit seiner theoretischen
Grundlagen und sein soziales System war zu einfach, um in komplexen
Gesellschaften der Gegenwart zu funktionieren. Daraus ist zu schließen, daß wir
die Regierungsmacht aus den Händen eines Einzelnen oder einer Staatspartei
nehmen müssen, um Diktatur und politische Unbeweglichkeit zu vermeiden. Dies
ist gleichwohl in vielen Ländern noch immer der Fall. Haben wir wirklich – mit
Blick auf die Mehrheit der Länder weltweit – ein System gerechter
Wohlstandsverteilung? Oder eine Politik, die so viele Arbeitsplätze schafft wie
möglich? Politiker orientieren sich stärker an anderen politischen Interessen,
nicht zuletzt an der Maximierung von Wählerstimmen, Eingriffsmöglichkeiten und
Macht. Deshalb brauchen wir eine Reform des politischen Systems.
Entsprechend den regionalen Gegebenheiten ist Regierungsmacht nunmehr in
zentrale und lokale Macht aufzuteilen. Beispielsweise sollten für die
Politikfelder Wirtschaft, Kultur, Bildung und Erziehung einschließlich Umwelt
entsprechende Körperschaften für Wahlen und Regierungsausübung gebildet werden.
Die Wähler dieser Körperschaften sind nahe an der Sache, um die es bei diesen
Wahlen geht; Kandidaten müssen deshalb kompetente Programme vorlegen und ihre Pflichten
kennen. In allgemeinen öffentlichen
Wahlen dagegen sind das Volk und die Kandidaten kurzsichtig an
Gefälligkeitspolitik orientiert, ohne die Folgen zu bedenken. Im reformierten System ist das Parlament
verantwortlich für die Verfassung und legt 3 Regierungsbereiche fest. Die Teilung der Regierungsmacht soll nicht
die Regierung aufblähen, sondern unterschiedliche gesellschaftliche Aufgaben den
zuständigen Regierungsbereichen zuordnen. Wir müssen eine übergroße Regierung
vermeiden, die eine große Bürokratie und noch mehr Regularien mit sich bringt
und die wirtschaftliche Entwicklung behindert. Gegenwärtig verhält sich die
Regierung wie eine eigene Klasse, die vergessen hat, dass sie bezahlt ist vom
Volk für das Volk. Die Bevölkerung denkt, dass das gegenwärtige Regierungssystem
unveränderlicher Natur ist und nicht verändert werden kann. Im 15. Jahrhundert befreite
sich das Volk vom Papst, und Wissenschaften, Erfindergeist und Kunst blühten
auf. Im 18. Jahrhundert wurde die
Ständeordnung durch die demokratische Revolution überwunden und die Industrie
entwickelte sich mit aller Kraft. Die Befreiung von der Herrschaft des
jeweiligen politischen Systems hat dabei Bedingungen geschaffen, unter denen
sich Wirtschaft und Kultur zum Wohle aller besser entwickelten! In diesem Sinne
muß über radikale Reformen nachgedacht werden.
Das Mission Statement will nur eine Anregung geben und
soll keine starre Formel sein, der zu folgen ist. Die von mir angeführten Punkte sind nur als
Beispiele zu verstehen und ich insistiere nicht auf meinen spezifischen Reformideen.
Wirklich wichtig sind eine gerechte Verteilung des Wohlstands und eine
Wirtschaft, die möglichst viele Arbeitsplätze für die Bevölkerung schafft,
sowie eine rationale Administration für die verschiedenen zentralen
öffentlichen Aufgaben, die nicht von einer Person oder Partei gelenkt werden
sollte. Ich möchte klar machen, wie viele Probleme durch das alte System
hervorgerufen sind, und Menschen dazu ermutigen, neue Lösungen für diese
Probleme zu untersuchen und zu finden. Neue Ideen, die allen zu gute kommen,
und nicht einer privilegierten Gruppe oder Klasse.