Die Lebenswelt /Erster Teil Zur Übersicht Zur Synopse Zur Einzelebene Druck
Viertes Kapitel
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Die Bleiglasur der Töpferwaren, der Grünspan kupferner Gefäße hatte ihr schon manche Sorge gemacht. Sie ließ sich hierüber belehren ...
Bleiglasur: Von den mit Blei hergestellten durchsichtigen Glasuren von Tongefäßen wusste man schon zur Goethezeit, dass sie bei säurehaltigen Speisen gesundheitsschädliches Blei abgeben können. Es wurde deshalb ein erstes Auskochen der Gefäße mit Essigwasser empfohlen oder von ihrer Benutzung für säurehaltige Speisen überhaupt abgeraten.
Grünspan: Zwar war es der Ehrgeiz jeder guten Haushaltung, das Kupfergeschirr blank zu halten, aber ein Anlaufen der Teile ließ sich oft schwer vermeiden. Eine solche "Patina" ist aber ungefährlich. Der giftige echte Grünspan entsteht auch wiederum durch den Kontakt mit Säuren, vor allem Essigsäure, weshalb Kupfergeschirr für säurehaltige Speisen nicht benutzt werden sollte. Dies wird Charlotte von dem sachkundigen Hauptmann offenbar erklärt, ist aber als Wissen schon so verbreitet, dass Goethe darauf verzichtet, hier ins Detail zu gehen.
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»Und schon als Kinder spielen wir erstaunt mit dem Quecksilber, indem wir es in Kügelchen trennen und es wieder zusammenlaufen lassen.«
Dass Quecksilber Kindern zum Spielen überlassen wurde, ist verwunderlich. Vergiftungen hat es aber anscheinend nur selten gegeben. Da nur die Dämpfe giftig sind, ist beim Spielen im Freien nichts passiert. Nicht einmal das Verschlucken von Quecksilber ist schädlich, denn das Schwermetall wird unverändert und unvermindert wieder ausgeschieden.
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»Zum Beispiel was wir Kalkstein nennen, ist eine mehr oder weniger reine Kalkerde, innig mit einer zarten Säure verbunden, die uns in Luftform bekannt geworden ist. Bringt man ein Stück solchen Steines in verdünnte Schwefelsäure, so ergreift diese den Kalk und erscheint mit ihm als Gips; jene zarte, luftige Säure hingegen entflieht.«
Das Interesse an chemischen Experimenten war eine verbreitete Zeiterscheinung, in deren Folge sich die ganze chemische Wissenschaft nach und nach entwickelt hat. Nicht zufällig nennt man das 19. Jahrhundert auch das "Jahrhundert der Chemie". Besonders die Romantiker haben in Anlehnung an Friedrich Schelling (1775-1854) und seine Naturphilosophie (ab 1801) in allen chemischen Prozessen geistig-seelische Vorgänge gesehen, also Vorlieben und Abneigungen, begehrendes, feindseliges oder auch gleichgültiges Verhalten der Elemente, so als sei die unbelebte Natur nur eine andere Erscheinungsform der belebten. Insofern sind die Erörterungen in dieser Gesprächsrunde ganz und gar romantisch. Wissenschaftlich formuliert wird hier ausgesagt, dass Calciumcarbonat plus Salzsäure Calciumsulfat (oder Gips) plus Kohlendioxyd ergeben.