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Sprung zur Textstelle Allsonntäglich saß der Bahnwärter Thiel in der Kirche zu Neu-Zittau ...
Da es nur ein Neu-Zittau gibt, wird die Handlung bereits mit dem ersten Satz eng lokalisiert: Neu-Zittau ist ein von Friedrich dem Großen gegründetes Weber-Dorf südöstlich von Berlin, das seit 1767 auch eine Kirche hat. Die erklärungslose Bestimmtheit, mit der die Ortsangabe gesetzt wird, soll den Anschein erwecken, dass hier von einem tatsächlichen Vorkommnis erzählt wird - ganz nach der Devise der damals jungen Generation, dass für die Literatur die Zeit eines 'konsequenten Realismus' - später Naturalismus genannt - angebrochen sei.
Die Kirche von Neu-Zittau in Brandenburg
Zur Zeit der Handlung hatte die Kirche allerdings noch keinen Turm - er wurde erst 1907 errichtet -, sondern auf dem Dach des Eingangs stand nur eine Laterne mit der Glocke.
Die Kirche von Neu-Zittau vor 1907
Auch das Innere der Kirche ist - schon wegen der Lampen - nicht mehr dasselbe, aber das Gestühl samt der Seitenemporen gab es schon, sodass der für eine brandenburgische Dorfkirche typische Eindruck von damals noch heute gegeben ist.
Das Innere der Kirche von Neu-Zittau.
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Sprung zur Textstelle Die ersten fünf Jahre hatte er den Weg von Schön-Schornstein, einer Kolonie an der Spree, herüber nach Neu-Zittau allein machen müssen.
Die Kolonie Schön-Schornstein - nur wenige Häuser zwei Kilometer nördlich von Neu-Zittau - ist ebenfalls authentisch und liegt wie angegeben auf dem anderen Spreeufer, sodass man von dort über eine Straßenbrücke zur Kirche 'herüber' kommt.
Weg zu den Häusern von Schönschornstein
Das Spreeufer bei Schönschornstein
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Später werden diese genauen Angaben jedoch verdunkelt. Auch auf dem Weg zu seinem Bahnwärterhäuschen muss Thiel die Spree überqueren und gelangt dann auf dem anderen Ufer sofort in einen Kiefernwald (siehe ABSCHNITT II), was weder nach der einen noch der anderen Richtung der Fall ist und ihn auch zu einer Bahnstrecke nicht brächte. Die Lage von Schön-Schornstein lässt sich so aus den Textangaben nicht mehr genau erschließen, auch wenn angedeutet wird, dass Thiels Bahnübergang eine dreiviertel Stunde entfernt an der Strecke Berlin-Breslau liegt:
Sprung zur Textstelle Nach allen vier Windrichtungen mindestens durch einen dreiviertelstündigen Weg von jeder menschlichen Wohnung entfernt, lag die Bude inmitten des Forstes dicht neben einem Bahnübergang ... Vor vier Jahren war der kaiserliche Extrazug, der den Kaiser nach Breslau gebracht hatte, vorübergejagt.
Die Bündelung der Angaben lässt aber erkennen, dass Thiels Bahnübergang zwischen den Stationen Erkner und Fangschleuse zu denken ist, so wenig damals wie später ein beschrankter Bahnübergang dort existiert hat. Die Unnötigkeit eines solchen Überganges wird im Grunde auch eingestanden, wenn es heißt:
Sprung zur Textstelle Im Sommer vergingen Tage, im Winter Wochen, ohne dass ein menschlicher Fuß, außer denen des Wärters und seines Kollegen, die Strecke passierte.
An eine Konstellation wie bei Kafka, dass jemand an einem Bahnübergang Dienst tut, an dem so gut wie nie jemand vorbeikommt, hat Hauptmann aber nicht gedacht. Die Verkehrsarmut soll hier nur die reale Bedingung der Einsamkeit von Thiels Tätigkeit sein, so wenig sich das durch ab und zu vorbeikommende Fuhrwerke anders hätte darstellen müssen.
Der Handlungsraum um 1900
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Sprung zur Textstelle ... als sich Thiel nach Verlauf eines Jahres zum zweiten Male, und zwar mit einem dicken und starken Frauenzimmer, einer Kuhmagd aus Alte-Grund, verheiratete.
Alte-Grund = Kolonie in der Gemeinde Rüdersdorf, nördlich des Forstes Erkner gelegen.