[Abschnitt 3]
Er sah nicht um; aber er ging auch nicht schneller und kam erst spät nach
Hause; doch niemals soll er seinem Vater oder einem andern davon erzählt haben.
Der Schulmeister, der die Geschichte erzählt, tritt hier in die Rolle eines 'allwissenden Erzählers' ein und wird sie
auch im weiteren beibehalten. Er kennt mitunter die Gedanken und Empfindungen Hauke Haiens und kann sogar Erlebnisse mitteilen,
von denen dieser selbst 'niemals' zu jemandem gesprochen haben soll. Storm benutzt den gewissermaßen privaten
Blick auf seinen Helden jedoch nicht dazu, ihn dem Leser menschlich näher zu bringen, sondern es werden im Gegenteil nur die
unheimlichen Züge an ihm dadurch hervorgehoben. Insofern beteiligt sich der Schulmeister als Erzähler an der
Dämonisierung der Gestalt, die er vorgeblich gegen den Aberglauben in Schutz nehmen will.
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"Ihr braucht Euch nicht zu fürchten, Deichgraf!", erwiderte der kleine
Erzähler, "ich habe ihn nicht geschmäht und hab auch dessen keine Ursach"; und er sah mit seinen kleinen,
klugen Augen zu ihm auf.
Auch hier lässt sich der Schulmeister auf den Aberglauben (oder eben auch Glauben) seiner Umgebung ein, dass
Hauke Haien als 'Schimmelreiter' in solchen Sturmnächten wiederkehrt. Eine 'aufgeklärte' Reaktion wäre es,
wenn er zu den Wahrnehmungen oder Befürchtungen der anderen nur den Kopf schüttelte.
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Ihr einer etwas hagerer Arm hing schlaff herab, die andere Hand schien im Rücken nach dem Eisenring zu greifen, von denen
je einer zu beiden Seiten der Tür in der Mauer war ... Die Dirne schien von dort ihre Augen über den Deich hinaus
nach dem Meer zu haben, wo an dem stillen Abend die Sonne eben in das Wasser hinabsank ...
In der für Storm typischen Form werden hier die Empfindungen der Beteiligten nur in Andeutungen wiedergegeben. Elke Volkerts
bemerkt die Annäherung Hauke Haiens und sucht nach einem Halt, der ihr für die zu erwartende Begegnung die
richtige Fassung gibt. Gleichzeitig tut sie so, als interessiere sie sich für ihn nicht. Er aber durchschaut das und stellt
für sich fest, dass sie 'nicht dösig' sei, wie es vielleicht ihres Vaters wegen von ihr heißt, sondern dass sie wach
auf alles und zumal auf ihn reagiert. Seine Bemerkung, wohin sie denn mit ihren großen Augen gucke, ist ihr allerdings doch
ein bißchen zu kess, und so gibt sie ihm nicht nur eine würdig-belehrende Antwort, sondern taxiert ihn anschließend
auch noch als 'so was schlanterig', womit sie den Abstand zu ihm als dem Jüngeren wieder herstellt. Der gegenseitigen
Sympathie tut das aber keinen Abbruch.